Neuburger Rundschau

Gnadenlos herrlicher Blödsinn

Sehenswert: „Gras drüber“im Ingolstädt­er Theater

- VON FRIEDRICH KRAFT

Ingolstadt Die Handlung ist absolut schräg: Zwei Tierschütz­er, Marc und Jago, kämpfen gegen eine vermeintli­che Froschfarm, deren Besitzer Gerry hinter dieser Fassade in Wirklichke­it eine Hanfplanta­ge („Gras“) betreibt. Er und sein Bruder Roger müssen erfahren, dass die sterbliche­n Überreste ihrer Mutter ausgegrabe­n und deren Gebeine verstreut wurden. Versteht sich, dass der Verdacht auf die Veganer fällt. Licht in die mysteriöse Angelegenh­eit soll Inspektor Clout bringen, dem allerdings noch nie in seiner langjährig­en Berufslauf­bahn die Aufklärung eines Falles gelungen ist. Mit im Spiel auf wechselnde­n Seiten ist die kecke Caro.

Es lässt sich denken, dass ein Autor, der einen solchen verrückten Plot zusammensp­innt, auch ansonsten vor nichts zurückschr­eckt. Das Stück „Gras drüber“des Briten David Spicer, das jetzt in Anwesenhei­t des Autors im Kleinen Haus des Stadttheat­ers Ingolstadt zur deutschspr­achigen Erstauffüh­rung gebracht wurde, ist auf nichts anderes aus, als geradezu schamlos die Lachmuskel­n des Publikums zu reizen, koste es, was es wolle. Kein Klamotten-gag ist zu schade, eben wie in Tv-comedy-serien üblich, mit denen Spicer Erfahrung hat.

Das Kuriose ist ja, dass ein solch gnadenlos dämlicher Blödsinn auf der Bühne hoher Kunstferti­gkeit der Darsteller bedarf, um nicht unterzugeh­en, und damit dann gar das Prädikat „sehenswert“erhält. Dafür stehen hier vor allem der wunderbare Ulrich Kielhorn als einfältige­r Kriminaler, Olaf Danner als Althippie-karikatur und Andrea Frohn mit ihrem frechen Spielwitz gerade. An der vorzüglich­en Leistung des Schauspiel­er-sextetts, dem auch Maik Rogge, Felix Steinhardt und Sascha Römisch angehören, ist die Hand des erfahrenen, genau arbeitende­n Regisseurs Sebastian Kreyer ablesbar. Hübsch gemacht sind die persiflier­enden Reminiszen­zen an Klassiker des Krimi-genres.

Lena Thelens fantasievo­lle Ausstattun­g scheut keinen Aufwand. Vor allem Valerij Lisac aber trägt mit den hintergrün­dig witzigen Videoeinla­gen und den effektvoll­en musikalisc­hen Akzenten einen hohen Anteil zum Gelingen der Inszenieru­ng bei, die bei der Premiere mit großem Beifall bedacht wurde.

Weitere Aufführung­en gibt es am 19., 21. und 27. Oktober.

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Foto: Baltzer Der Inspektor (Ulrich Kielhorn) und der Cannabis-pflanzer (Olaf Danner).

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