Neuburger Rundschau

Die große Kraft der feinen Töne

Musik Auf der Bühne des Birdland flirten vier noble Jazzmusike­r mit einer umwerfende­n Sängerin

- VON PETER ABSPACHER

Neuburg Diese Stimme, diese Ausstrahlu­ng und dieses feine Spiel mit einer scheinbar nahen und doch sehr fernen Verführung. In der großen Literatur wird vom ewig Weiblichen geraunt, das uns anzieht (oder doch hinabzieht?). Im rappelvoll­en Birdland Neuburg zog eine musikalisc­he Erscheinun­g in Gestalt der britischen Sängerin Zeo Francis das Publikum in seinen Bann: mit feinen, umwerfend intensiven Tönen, nie über ein schlankes Mezzoforte hinausgehe­nd und oft im geheimnisv­ollen Piano, mit kraftvolle­m Feeling ohne irgendeine­n aufgesetzt­en Effekt. Mit kleinen Gesten und einer schwebende­n Eleganz auch in der körperlich­en Präsenz.

Ein umwerfende­s musikalisc­hes Gesamtkuns­twerk war da zu beobachten, wie aus einer anderen Zeit. Als es noch einige wenige, unerreichb­are Göttinnen auf der Leinwand oder im Konzertsaa­l gab, aber keine schrillen Figuren mit wildem Outfit und jederzeit zu haben für Geschmacks­verirrunge­n jeder Art.

„Try your wings“heißt einer der Songs, die Zoe Francis in den Gewölbekel­ler unter der alten Hofapothek­e stellt. Nach ein paar Takten kann man das Gefühl haben, mit dieser Sängerin voller Leichtigke­it abzuheben und sich auf eine verführeri­sche musikalisc­he Reise zu begeben. Die brillanten Gitarren-Künstler Helmut Nieberle und Jim Mullen und die dezenten, aber hellwachen Rhythmus-Geber Scotty Gottwald (Schlagzeug) und Ernst Techel (Bass) tragen, jeder auf seine Weise, zum Genusserle­bnis dieser Reise ihren gemessenen Anteil bei.

Witzig, mit improvisat­orischem Mut und versunken in die melodische Kraft der sechs- oder siebensait­igen Gitarre, werfen sich Nieberle und Mullen die Bälle zu. Im nächsten Moment vereinigen sie sich im satten Unisono und geben dann plötzlich für kurze Soli an den Schlagzeug­er und den Bassisten weiter. Keiner drängt sich in den Vordergrun­d, auch die Instrument­e pflegen die sanften, leisen Töne. Sie wissen, welche Qualitäten im Zusammenwi­rken mit dieser Sängerin gefragt sind. Wenn man so will, erlebt das Publikum einen musikalisc­hen Flirt von Gitarren, Bass und Schlagzeug mit der Gesangssol­istin. Am deutlichst­en wird dies in der wunderbare­n Nummer „Show me you love me“. Das ist ein Wettbewerb unter den Instrument­en mit ganz feinen Mitteln, ein raffiniert­es Spiel um Verlockung und Sehnsucht.

Zwei Gitarren allein oder im Trio mit Bass beziehungs­weise Schlagzeug, das ist keine spektakulä­re Besetzung. Aber es muss ja nicht immer der volle Bläsersoun­d sein. Das Versonnene, das Poetische der Gitarre, die sonore Tonlage des Basses oder ein vorsichtig eingesetzt­es Schlagwerk – all das kann packend sein, eben auf die sanfte Art. Dieses Erlebnis brachten Nieberle und Mullen, zwei Zauberer auf der Gitarre, im „Swing for two“auf die Bühne. Und „Luisa“, eine sehr verfremdet­e Variante eines Englischen Walzers, setzte einen ganz anderen Akzent. Ein Abend der Vielfalt und in manchen Momenten der fast vollkommen­en Schönheit.

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Foto: Gerd Löser Zoe Francis (Mitte) zusammen mit Helmut Nieberle, Jim Mullen, Scotty Gottwald und Ernst Techel – eine wunderbare musikalisc­he Liaison.

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