Neuburger Rundschau

Streit um Sozialabga­ben geht weiter

Nun haben weitere Zeugen ausgesagt, die für den Unternehme­r aus dem Landkreis gearbeitet haben. Hat er 290 000 Euro veruntreut?

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Neuburg Seit Mitte vergangene­r Woche muss sich ein Unternehme­r aus dem Landkreis vor dem Neuburger Amtsgerich­t verantwort­en (wir berichtete­n). Der heute 64-jährige Chef eines Handwerksb­etriebes soll fast 290 000 Euro Sozialabga­ben nicht gezahlt haben – so lautet die Anklage der Staatsanwa­ltschaft. Zwischen Juni 2010 und Juli 2014 soll der Mann zwölf vermeintli­ch selbststän­dige Handwerker, die in verschiede­nen Gesellscha­ften bürgerlich­en Rechts (GbRs) organisier­t waren, in seiner Firma beschäftig­t haben. Auf diese Weise soll sich der Angeklagte die Beiträge zur Sozialvers­icherung „gespart“haben, die er in ungefähr 50 Fällen hätte zahlen müssen, wenn er die Männer direkt als Arbeitnehm­er angestellt hätte. Am Mittwoch haben nun fünf weitere dieser Arbeiter als Zeugen ausgesagt. Dabei ging es vor allem um zwei Fragen: Gab es einen Unterschie­d zwischen der Phase, als die Arbeiter als Subunterne­hmer für den Handwerksb­etrieb tätig waren, und der Zeit, in der sie später direkt in derselben Firma beschäftig­t waren? Und: Wie liefen die Vernehmung­en durch die Zollbeamte­n ab?

Richter Christian Veh und seine beiden Schöffen interessie­rte wie schon beim letzten Mal insbesonde­re, wie die Rechnungen gestellt worden waren. Alle Zeugen gaben an, dass ihnen von der Firma des Angeklagte­n Musterrech­nungen gegeben worden seien. Diese füllten sie dann mit Mengenanga­ben und Preisen aus, die allerdings regelmäßig von Personen aus dem Betrieb des Angeklagte­n abgeändert worden seien. „Wir haben das Geld nie in voller Höhe bekommen, sondern immer eine geringere Summe“, berichtete ein Zeuge. Auch die ursprüngli­chen Angebote seien nie von den Subunterne­hmern selbst, sondern von dem Unternehme­r aus dem Landkreis gemacht worden.

Auf die Frage des Richters, ob sie einen wesentlich­en Unterschie­d in der Tätigkeit sahen als selbststän­diger Subunterne­hmer einerseits und als Angestellt­er bei diesem Betrieb anderersei­ts, antwortete­n die meisten Zeugen mit einem „Nein!“. Rechtsanwa­lt Florian Englert ließ jedoch nicht locker und so berichtete­n die Arbeiter, dass sie als Angestellt­e zum Beispiel Arbeitskle­idung, ein Firmenfahr­zeuge, Werkzeuge und bezahlten Urlaub bekommen hätten – als Selbststän­dige nicht.

Wichtig schien Verteidige­r Englert außerdem eines: wie die Vernehmung­en durch die Zollbeamte­n abgelaufen sind. Nach Aussagen einiger Zeugen seien sie nicht vorgeladen, sondern an ihrer Arbeitsste­lle überrasche­nd abgeholt worden. Dass die Vernehmung freiwillig sei und sie ein Recht auf einen Anwalt hätten, habe man ihnen nicht gesagt.

Die Verhandlun­g wird nächste Woche fortgesetz­t. Ein Urteil soll es Ende November oder Anfang Dezember geben.

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