Neuburger Rundschau

Von der Krankenpfl­ege zur Sozialbera­tung

Die ursprüngli­chen Aufgaben des Ambulanten Krankenpfl­egevereins Sinning haben sich längst überholt. Deshalb ist eine Neuausrich­tung nötig, von der etwa Senioren, Alleinsteh­ende oder Familien ohne Großeltern profitiere­n

- VON CLAUDIA STEGMANN UND PETER MAIER

Oberhausen Für den 100 Jahre alten Ambulanten Krankenpfl­egeverein Sinning brechen neue Zeiten an. Nicht nur, dass er einen neuen Namen bekommen wird. Auch die Ausrichtun­g wird eine andere sein. Das ist zwingend notwendig, denn in seiner jetzigen Form hat der Verein seine Daseinsber­echtigung verloren.

Um zu verstehen, weshalb der Krankenpfl­egeverein einer Frischzell­enkur bedarf, muss man den ursprüngli­chen Zweck der Einrichtun­g erklären. 1917 in den Wirren des Ersten Weltkriegs gegründet, bildete der Verein eine erste organisier­te Form der Krankenpfl­ege, um „die ungünstige Lage der Kranken auf dem Lande“zu lindern. Ordensschw­estern wurden nach Sinning berufen, die sich in Oberhausen, Burgheim und darüber hinaus um Kranke und Versehrte kümmerten.

Das ging so bis 1985. In diesem Jahr wurden die Schwestern – unter größten Widerständ­en der Bürger – vom Orden abgezogen. Während die Pflegearbe­it auf die Sozialstat­ion überging, verfiel der Verein zunehmend in einen Dornrösche­nschlaf. Zwar blieb er weiterhin fördernd tätig, doch die Mitglieder­zahl schrumpfte von einst über 500 auf ungefähr 120, von denen die meisten schon im betagten Alter sind. Ginge es so weiter, würde der Verein über kurz oder lang sterben.

Dem soll allerdings nicht so sein. Die Vereinsarb­eit soll wieder aktiviert werden – und zwar in Richtung Nachbarsch­aftshilfe und Sozialbera­tung. Dafür soll eine Teilzeitkr­aft eingestell­t werden, die ihr Büro in den Wohnräumen Jung & Alt in Oberhausen haben wird. „Wir setzen bei der Nachbarsch­aftshilfe dort an, wo das Ehrenamt an seine Grenzen stößt“, erklärt Roman Schiele die Idee. Er ist der neue Vorsitzend­e des Vereins, der den Posten von Pfarrer Werner Dippel übernimmt. Denn wer sich bei der Nachbarsch­aftshilfe engagiert, will sich in aller Regel nicht verpflicht­en lassen: Mal den Rasen mähen, mal einen Einkauf erledigen – doch regelmäßig wolle sich niemand einbinden lassen. An diesem Punkt will der Verein ansetzen und entspreche­nde Hilfe vermitteln, erklärt Schiele. Die Rede ist etwa von einer Garten- oder Haushaltsh­ilfe, einem „Opa-Oma-Dienst“für die Kinderbetr­euung oder einer Unterstütz­ung bei der Grabpflege. „Das Nachbarsch­aftsnetz in Oberhausen und Burgheim wird dadurch gestärkt“, sagt Schiele. Darüber hinaus will der Verein künftig auch Sozialbera­tungen anbieten, beispielsw­eise wenn es um die Themen Wohnen im Alter oder Pflege in den eigenen vier Wänden geht.

Wer diese Leistungen in Anspruch nehmen möchte, muss Mitglied im Verein sein. Der Jahresbeit­rag pro Person liegt derzeit bei zehn Euro. Die Stelle für die Teilzeitkr­aft soll Anfang nächsten Jahres ausgeschri­eben werden.

Mit der Neuausrich­tung soll auch ein neuer, passender Name für den Verein gefunden werden. Eine zündende Idee dafür fehlt allerdings bislang noch.

Bei der Mitglieder­versammlun­g, in der das neue Konzept vorgestell­t wurde, bestärkte Landrat Roland weigert die Vereinsfüh­rung in ihrer Entscheidu­ng, den Verein fortzuführ­en und in die Zukunft zu bringen. Die demografis­che Entwicklun­g im Landkreis spreche eine eindeutige Sprache. Von 1996 bis 2016 sei der Anteil der über 75-Jährigen um 70 Prozent gestiegen und werde bis 2036 nochmal um 40 Prozent steigen. Als Antwort darauf will der Landkreis die Altersmedi­zin im Kreiskrank­enhaus in Schrobenha­usen ausbauen, indem dort deutlich mehr Gewicht auf Geriatrie sowie stationäre und ambulante Pflege gelegt werde.

Anschließe­nd verabschie­dete Dekan Werner Dippel Resi Starringer nach 33 Jahren sowie Annemarie Stemmer (27), Xaver Schiele (7) und Inge Heinrich aus dem Vereinsvor­stand. Er selbst gab sein Amt als Vorsitzend­er auf Wunsch der Diözese Augsburg ab. Einstimmig wählten die Mitglieder Roman Schiele zum neuen Vorsitzend­en des Vereins, Stellvertr­eter ist Werner Dippel. Kassier bleibt August Hugl und Schriftfüh­rerin wurde Elisabeth Löffler. Beisitzer sind künftig Martina Hauber, Traudl Jester, Maria Lang, Mini Forster-Hüttlinger und Thomas Wehrmann. Die Kasse prüfen Ludwig Ried und Ernst Stegmeier.

 ?? Foto: Peter Maier ?? Der neue Vorstand des Ambulanten Krankenpfl­egedienste­s führt den Verein mit einem neuen Konzept in eine neue Zeit: Mini Forster-Hüttlinger, Martina Hauber, Traudl Jester, Elisabeth Löffler, Maria Lang, Thomas Wehrmann, Roman Schiele, Werner Dippel und August Hugl zusammen mit (Noch-)Landrat Roland Weigert und den Bürgermeis­tern Fridolin Gößl und Michael Böhm.
Foto: Peter Maier Der neue Vorstand des Ambulanten Krankenpfl­egedienste­s führt den Verein mit einem neuen Konzept in eine neue Zeit: Mini Forster-Hüttlinger, Martina Hauber, Traudl Jester, Elisabeth Löffler, Maria Lang, Thomas Wehrmann, Roman Schiele, Werner Dippel und August Hugl zusammen mit (Noch-)Landrat Roland Weigert und den Bürgermeis­tern Fridolin Gößl und Michael Böhm.

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