Von der Krankenpflege zur Sozialberatung
Die ursprünglichen Aufgaben des Ambulanten Krankenpflegevereins Sinning haben sich längst überholt. Deshalb ist eine Neuausrichtung nötig, von der etwa Senioren, Alleinstehende oder Familien ohne Großeltern profitieren
Oberhausen Für den 100 Jahre alten Ambulanten Krankenpflegeverein Sinning brechen neue Zeiten an. Nicht nur, dass er einen neuen Namen bekommen wird. Auch die Ausrichtung wird eine andere sein. Das ist zwingend notwendig, denn in seiner jetzigen Form hat der Verein seine Daseinsberechtigung verloren.
Um zu verstehen, weshalb der Krankenpflegeverein einer Frischzellenkur bedarf, muss man den ursprünglichen Zweck der Einrichtung erklären. 1917 in den Wirren des Ersten Weltkriegs gegründet, bildete der Verein eine erste organisierte Form der Krankenpflege, um „die ungünstige Lage der Kranken auf dem Lande“zu lindern. Ordensschwestern wurden nach Sinning berufen, die sich in Oberhausen, Burgheim und darüber hinaus um Kranke und Versehrte kümmerten.
Das ging so bis 1985. In diesem Jahr wurden die Schwestern – unter größten Widerständen der Bürger – vom Orden abgezogen. Während die Pflegearbeit auf die Sozialstation überging, verfiel der Verein zunehmend in einen Dornröschenschlaf. Zwar blieb er weiterhin fördernd tätig, doch die Mitgliederzahl schrumpfte von einst über 500 auf ungefähr 120, von denen die meisten schon im betagten Alter sind. Ginge es so weiter, würde der Verein über kurz oder lang sterben.
Dem soll allerdings nicht so sein. Die Vereinsarbeit soll wieder aktiviert werden – und zwar in Richtung Nachbarschaftshilfe und Sozialberatung. Dafür soll eine Teilzeitkraft eingestellt werden, die ihr Büro in den Wohnräumen Jung & Alt in Oberhausen haben wird. „Wir setzen bei der Nachbarschaftshilfe dort an, wo das Ehrenamt an seine Grenzen stößt“, erklärt Roman Schiele die Idee. Er ist der neue Vorsitzende des Vereins, der den Posten von Pfarrer Werner Dippel übernimmt. Denn wer sich bei der Nachbarschaftshilfe engagiert, will sich in aller Regel nicht verpflichten lassen: Mal den Rasen mähen, mal einen Einkauf erledigen – doch regelmäßig wolle sich niemand einbinden lassen. An diesem Punkt will der Verein ansetzen und entsprechende Hilfe vermitteln, erklärt Schiele. Die Rede ist etwa von einer Garten- oder Haushaltshilfe, einem „Opa-Oma-Dienst“für die Kinderbetreuung oder einer Unterstützung bei der Grabpflege. „Das Nachbarschaftsnetz in Oberhausen und Burgheim wird dadurch gestärkt“, sagt Schiele. Darüber hinaus will der Verein künftig auch Sozialberatungen anbieten, beispielsweise wenn es um die Themen Wohnen im Alter oder Pflege in den eigenen vier Wänden geht.
Wer diese Leistungen in Anspruch nehmen möchte, muss Mitglied im Verein sein. Der Jahresbeitrag pro Person liegt derzeit bei zehn Euro. Die Stelle für die Teilzeitkraft soll Anfang nächsten Jahres ausgeschrieben werden.
Mit der Neuausrichtung soll auch ein neuer, passender Name für den Verein gefunden werden. Eine zündende Idee dafür fehlt allerdings bislang noch.
Bei der Mitgliederversammlung, in der das neue Konzept vorgestellt wurde, bestärkte Landrat Roland weigert die Vereinsführung in ihrer Entscheidung, den Verein fortzuführen und in die Zukunft zu bringen. Die demografische Entwicklung im Landkreis spreche eine eindeutige Sprache. Von 1996 bis 2016 sei der Anteil der über 75-Jährigen um 70 Prozent gestiegen und werde bis 2036 nochmal um 40 Prozent steigen. Als Antwort darauf will der Landkreis die Altersmedizin im Kreiskrankenhaus in Schrobenhausen ausbauen, indem dort deutlich mehr Gewicht auf Geriatrie sowie stationäre und ambulante Pflege gelegt werde.
Anschließend verabschiedete Dekan Werner Dippel Resi Starringer nach 33 Jahren sowie Annemarie Stemmer (27), Xaver Schiele (7) und Inge Heinrich aus dem Vereinsvorstand. Er selbst gab sein Amt als Vorsitzender auf Wunsch der Diözese Augsburg ab. Einstimmig wählten die Mitglieder Roman Schiele zum neuen Vorsitzenden des Vereins, Stellvertreter ist Werner Dippel. Kassier bleibt August Hugl und Schriftführerin wurde Elisabeth Löffler. Beisitzer sind künftig Martina Hauber, Traudl Jester, Maria Lang, Mini Forster-Hüttlinger und Thomas Wehrmann. Die Kasse prüfen Ludwig Ried und Ernst Stegmeier.