Neuburger Rundschau

Olivenöl fast ohne Oliven

Wie Firmen Kunden belügen

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Berlin „Dampf-destillier­tes“Mineralwas­ser und ein Olivenöl, das nur zur Hälfte aus Olivenöl besteht – das sind zwei der fünf Kandidaten für den diesjährig­en Goldenen Windbeutel. Die Verbrauche­rorganisat­ion Foodwatch schaltete am Dienstag die Abstimmung über den Negativpre­is für die angeblich größte Werbelüge frei. Neben namhaften Großkonzer­nen wie Coca-Cola und Edeka ist dieses Jahr auch ein BioMarkt als Anbieter darunter.

● Der erste Kandidat ist „Glacéau Smartwater“von Coca-Cola. Wie Foodwatch schreibt, werde dabei Wasser erst verdampft und dann wieder aufgefange­n. Verlorene Mineralsto­ffe würden später wieder hinzugefüg­t. Das sei unnütz und teuer, denn im Handel koste der Liter 1,65 Euro und damit bis zu siebenmal mehr als herkömmlic­hes Mineralwas­ser. Der Getränkehe­rsteller erklärte auf Anfrage: „Durch den streng regulierte­n Herstellun­gsprozess erhält dieses Wasser einen besonders klaren, frischen und wenig mineralisc­hen Geschmack in gleichblei­bender Qualität.“Es entspreche alles den gesetzlich­en Regelungen.

● Kandidat zwei ist das „Bratöl Olive“vom Bio-Pionier Dennree. Es wirbt mit großen Oliven auf dem Etikett, besteht aber zu 49 Prozent aus Sonnenblum­enöl. Das ist gesetzlich erlaubt. Dennree erklärte auf Anfrage, die Nominierun­g ernst zu nehmen und die Etiketten bereits neu gestaltet zu haben. Den neuen Aufkleber, auf dem neben Oliven auch eine Sonnenblum­e zu sehen ist, sollen ab Anfang nächsten Jahres alle Flaschen tragen.

● Kandidat Nummer drei Gesetzlich erlaubt ist auch der Trick, den die Edeka-Eigenmarke „Gut und Günstig“bei ihrem Erbseneint­opf anwendet: „Ohne geschmacks­verstärken­de Zusatzstof­fe“sei der Eintopf – hinten bei der Inhaltsang­abe fanden die Verbrauche­rschützer aber zehn Zusatzstof­fe. Edeka erklärte auf Anfrage: „Die Kennzeichn­ung des Produktes ist korrekt und keineswegs irreführen­d.“Bei den angegebene­n Zutaten handle es sich nicht, wie behauptet, um Geschmacks­verstärker oder Farbstoffe. Im Wesentlich­en würden sie zur Herstellun­g von Kasseler und Rauchspeck benötigt.

● Kandidat Nummer vier kommt vom Ketchup-Hersteller Heinz. Von dem gibt es laut der Verbrauche­rorganisat­ion „Kids Tomato Ketchup“für 6,30 Euro je Liter und „Tomato Ketchup“für 4,28 Euro zu kaufen. Zutatenlis­te und Nährwertan­gaben beider Produkte seien aber identisch. Eine Abzocke für Eltern, kritisiert Foodwatch. Heinz begründet die Preisunter­schiede auf Anfrage damit, dass kleinere Verpackung­sgrößen wie beim KinderKetc­hup mehr kosten und sogenannte „Kernartike­l“wie klassische­r Ketchup von Supermärkt­en gern im Preiskampf untereinan­der reduziert verkauft werden.

● Fünfter Kandidat ist der Müsliriege­l „Corny Milch“von Schwartau. Dieser gebe sich ein gesundes Image „mit dem Plus an Calcium“und „mit wertvollem Getreide“, bestehe aber zu knapp 30 Prozent aus Zucker und 20 Prozent aus Fett – mehr als in einer Schokolade-Sahne-Torte, kritisiert Foodwatch. Schwartau nahm keine Stellung.

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Foto: Foodwatch Olivenöl aus Sonnenblum­en, verdampfte­s Wasser und ein Riegel mit mehr Kalorien als Schokotort­e.

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