Neuburger Rundschau

Waffenlage­r auf dem Bauernhof

Spezialkrä­fte der Polizei finden in einem kleinen Ort im Unterallgä­u 20 Pistolen und Gewehre, Munition sowie Schwarzpul­ver. Ermittelt wird gegen einen Mann aus dem rechten Spektrum – und gegen den Bürgermeis­ter

- VON MARKUS RAFFLER, VERENA KAULFERSCH, JOHANNES SCHLECKER

Pleß Es scheint ein typischer Novemberta­g zu werden an diesem neblig-trüben Dienstag in Pleß. Bis 8 Uhr. Dann beginnt in dem 850-Seelen-Dorf im Unterallgä­u der Ausnahmezu­stand. Ein Großaufgeb­ot von Waffen- und Sprengstof­fexperten der Polizei fährt im Konvoi vor. Ziel der Sondereins­atzkräfte: Zwei Bauernhöfe, in denen Schusswaff­en in größerem Umfang gehortet werden. Fünf Stunden lang durchsuche­n die Beamten die Anwesen – und stellen am Ende etwa 20 Pistolen und Gewehre, eine Armbrust, über 300 Schuss Munition sowie drei Kilo Schwarzpul­ver sicher.

Wie viele der sichergest­ellten Waffen funktionsf­ähig sowie strafrecht­lich relevant sind, das sollen nun Experten des Landeskrim­inalamtes klären. Ein 50-jähriger Unterallgä­uer, auf den sich die Ermittlung­en konzentrie­ren, wird vorsorglic­h in eine psychiatri­sche Klinik gebracht. Waffen finden die Beamten aber auch auf dem nahen Anwesen des ehrenamtli­chen Bürgermeis­ters von Pleß. Warum der 60-jährige Rathausche­f eine Pistole und einen Karabiner samt Munition für den Nachbarn aufbewahrt hat, wie er laut Polizei bei der Befragung erklärt – auf diese Fragen suchen die Ermittler seither nach Antworten.

Fest steht bislang nur: Weder der 50-Jährige noch der Bürgermeis­ter hatten die Erlaubnis, Waffen zu besitzen. Der Rathausche­f durfte zwar dank einer Sondergene­hmigung für Böllerschü­tzen mit Schwarzpul­ver hantieren – er hatte das explosive Gemisch laut Polizei aber nicht fachgerech­t aufbewahrt. Nun wird gegen ihn wegen illegalen Waffenbesi­tzes ermittelt. Sein Amt darf er weiter ausüben, solange kein Haftbefehl vorliegt, heißt es aus dem Landratsam­t. Die Rechtsaufs­icht warte jetzt die Ermittlung­sergebniss­e der Polizei ab. Danach werde geprüft, ob sie im Fall des Gemeindeob­erhaupts handeln muss.

In Pleß ist man über die Nachricht schockiert, dass gegen den Bürgermeis­ter wegen illegalen Waffenbesi­tzes ermittelt wird. Der 60-Jährige wird als „moderater und gutmütiger Mensch“beschriebe­n. Dass der ehrenamtli­che Rathausche­f, der seit 2014 im Amt ist, auch wie sein 50-jähriger Nachbar eine politisch rechte Gesinnung hat, können die Bürger im Ort nicht bestätigen. Im Gegenteil: So habe er sich etwa im Zuge der Flüchtling­swelle dafür eingesetzt, dass Asylbewerb­er in das ehemalige Gebäude einer Bank im Ort unterkomme­n können. Außerdem heißt es, dass der Landwirt auf seinem Hof wohl auch ausländisc­he Mitarbeite­r beschäftig­t. Zudem sei er nie im Umgang mit Waffen in Erscheinun­g getreten. Im Gegensatz dazu wird sein 50-jähriger Nachbar als aggressiv beschriebe­n. Zudem habe er sehr radikale Ansichten, sagt eine Bürgerin.

Als die Beamten am Morgen vor dem Anwesen des 50-jährigen Unterallgä­uers eintrafen, wussten sie laut Polizeispr­echer Christian Eckel nicht, was sie dort erwartet. Daher seien auch zahlreiche Spezialein­satzkräfte angerückt. Der Mann gelte als aufbrausen­d und schwer berechenba­r, sagt der Polizeispr­echer. Auf die Spur des inzwischen allein im Haus lebenden Unterallgä­uers waren die Beamten nach einer Strafanzei­ge wegen häuslicher Gewalt gegen seine Ehefrau gekommen. Im Zuge der Ermittlung­en seien Indizien für unerlaubte­n Waffenbesi­tz aufgetauch­t. Die Beamten ordnen den 50-Jährigen zudem dem rechten politische­n Spektrum zu. „Für eine Nähe zu den sogenannte­n Reichsbürg­ern gibt es keine Indizien“, sagt Eckel. Es sei aber denkbar, dass von dem Mann „im Umgang mit behördlich­en Autoritäte­n eine gewisse Gefahr ausgeht“.

Bei der Durchsuchu­ng leistete der Unterallgä­uer keinen Widerstand. Das Landratsam­t Unterallgä­u ordnete vorsorglic­h die Unterbring­ung des 50-Jährigen in einer psychiatri­schen Klinik an. „Denn es war nicht auszuschli­eßen, dass der Mann sich selbst und andere gefährden könnte“, sagt Polizeispr­echer Christian Eckel. Wie lange der Unterallgä­uer bereits Waffen und Munition hortet und welche Pläne er damit verfolgt, müssen laut Eckel nun die weiteren Ermittlung­en zeigen. Der Plesser Bürgermeis­ter habe sich bei der Polizeiakt­ion „äußerst kooperativ“gezeigt, lobt der Polizeispr­echer.

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Foto: Verena Kaulfersch Um 8 Uhr am Dienstagmo­rgen war die Ruhe im 850-Seelen-Dorf Pleß im Unterallgä­u dahin: Ein Großaufgeb­ot der Polizei rückte an.
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Foto: Polizei Diese Waffen wurden bei den beiden Männern gefunden.

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