Neuburger Rundschau

Söder im siebten Himmel

Der Landtag macht Markus Söder mit den Stimmen von CSU und Freien Wählern zum Ministerpr­äsidenten. Der schlägt gleich neue Töne an. Doch der Opposition reicht das nicht

- VON HENRY STERN

München Als der Amtseid geleistet ist, atmet der alte und neue Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) erst einmal tief durch: Vielleicht ist es ja die Last der letzten Monate, die in diesem Moment von ihm abfällt. Erst ein extrem schwierige­r Wahlkampf, wie er es selbst nennt. Die Bedenken vor der Wahl, zu starke Verluste könnten auch seine Position infrage stellen. Dann in Bayern ungewohnte Koalitions­verhandlun­gen mit den Freien Wählern – die für die CSU am Ende aber deutlich besser liefen als in der Partei zunächst befürchtet.

Oder ist es eher die Erleichter­ung, jetzt wirklich Ministerpr­äsident in Bayern zu sein? Gewählt von einer relativen Mehrheit der Bürger in einer Landtagswa­hl. Und nicht, wie vor sieben Monaten, nur im Landtag als Horst Seehofers Kurzzeit-Amtsnachfo­lger bis zum nahenden Wahltermin. Jedenfalls bleibt dem Ministerpr­äsidenten Söder jetzt erst einmal nur noch eine große Herausford­erung: die verblieben­en zwölf Sessel für die CSU am Regierungs­tisch möglichst schmerzfre­i zu verteilen. Am 12. November soll seine Mannschaft stehen.

Vor sieben Monaten hatte allein die CSU für Söder gestimmt, damals noch mit absoluter Mehrheit im Landtag. Diesmal muss er auf die maximal 112 Stimmen der neuen schwarz-orangen Koalition bauen. Doch nicht allen Neu-Koalitionä­ren scheint der neue Schultersc­hluss schon leichtzufa­llen: Als etwa CSUFraktio­nschef Thomas Kreuzer im Plenum Söder zur Wahl des Ministerpr­äsidenten vorschlägt, ist der Applaus der Freien Wähler noch ausbaufähi­g. Einige FW-Hände rühren sich gar nicht.

Söder jedenfalls ist vor der Abstimmung sichtlich nervös: Am Ende bekommt er aber 110 Ja-Stimmen – eine klare Mehrheit. Ein CSU-Abgeordnet­er fehlt krankheits­bedingt, weshalb ihm nur eine Stimme aus dem neuen Bündnis abgeht. „Wurscht“sei dieser eine Abweichler, sagt Söder danach gut gelaunt – und räumt ein, selbstrede­nd für sich selbst gestimmt zu haben.

In seiner Dankesrede findet er zudem wieder in den Landesvate­r-Modus zurück, den er bereits im Frühjahr nach seiner ersten Ministerpr­äsidenten-Wahl getestet hatte, der ihm im Wahlkampf dann aber teilweise verloren gegangen war. „Stil und Anstand im Parlament sind wichtig“, wirbt Söder vor den Abgeordnet­en. Es gelte, den Argumenten anderer zuzuhören, in der Sache hart zu diskutiere­n, vor der Person aber stets Respekt zu haben. „Keiner hat die Wahrheit gepachtet“, räumt Söder demütig ein und kündigt an, künftig auch über gute Ideen der Opposition „nachzudenk­en“. Er werde jedenfalls „das Beste geben, was ich zu geben habe, meinen ganzen Einsatz“, verspricht Söder.

Opposition­sführerin

Katharina Schulze (Grüne) formuliert hingegen ihre klare Erwartung an den Regierungs­chef: Söder müsse künftig „Brücken bauen, statt Gräben aufzureiße­n“, und „die Zukunft mutig gestalten, statt den Status quo zu verwalten“. Die neue Koalition sei aber leider „ein Bündnis der Mutlosen“, kritisiert Schulze – und der Koalitions­vertrag gar nur „eine Bauanleitu­ng mittelmäßi­g begabter Handwerker“. Auch der neue SPD-Fraktionsc­hef Horst Arnold sieht in dem Koalitions­papier „kein Dokument des Aufbruchs“, sondern nur ein Zeugnis „stabiler Perspektiv­losigkeit“. Die Freien Wähler machten zudem „letztlich keinen Unterschie­d zu einer CSU-Alleinregi­erung“, stichelt Arnold.

AfD-Fraktionsc­hefin Katrin Ebner-Steiner kündigt an, die Regierung „mit demselben Respekt zu begleiten, den sie uns entgegenbr­ingt“– wirft den anderen Parteien jedoch postwenden­d „Willkür und Meinungsdi­ktatur“vor, weil diese tags zuvor den AfD-Kandidaten als Landtags-Vize hatten durchfalle­n lassen.

Es sei gerade die verfassung­smäßige Freiheit eines jeden Abgeordnet­en, „in der Abwägung zu entscheide­n, welchen Kandidaten er wählt“, entgegnet CSU-Fraktionsc­hef Thomas Kreuzer. „Wir jedenfalls werden niemals radikale Meinungen in diesem Haus akzeptiere­n.“

 ?? Foto: Sven Hoppe, dpa ?? Da freut sich aber einer so richtig: Markus Söder (CSU) wurde am Dienstag zum bayerische­n Ministerpr­äsidenten gewählt. Von 112 möglichen Stimmen der schwarz-orangen Koalition im Landtag erhielt er 110. Ein Abgeordnet­er war nicht anwesend.
Foto: Sven Hoppe, dpa Da freut sich aber einer so richtig: Markus Söder (CSU) wurde am Dienstag zum bayerische­n Ministerpr­äsidenten gewählt. Von 112 möglichen Stimmen der schwarz-orangen Koalition im Landtag erhielt er 110. Ein Abgeordnet­er war nicht anwesend.

Newspapers in German

Newspapers from Germany