Neuburger Rundschau

Einfache Lösung bevorzugt

Joshua Kimmich fordert vor dem Duell gegen Athen „Eier“. Trainer Niko Kovac hingegen von jedem „fünf Prozent mehr“. Aber geht das so simpel?

-

München Der frisch rasierte Niko Kovac war bester Laune. Das Lächeln behielt der viel kritisiert­e Münchner Coach sogar bei, als er gleich zu Beginn der Pressekonf­erenz zu seiner möglicherw­eise letzten Woche als Bayern-Trainer befragt wurde. „Och, das ist aber eine harte Frage“, sagte der überrascht­e Kovac. Dann wies er ausweichen­d auf die nächste sportliche Aufgabe und die gute Atmosphäre im Starensemb­le hin. Alles andere als ein Sieg seines FC Bayern in der Champions League heute (21 Uhr/Sky) gegen das punktlose Team von AEK Athen würde den Münchner Trainer drei Tage vor dem deutschen Clásico gegen Borussia Dortmund noch mehr in die Bredouille bringen.

„Wir müssen zusammenha­lten. Das ist der springende Punkt“, warb der 47-Jährige. Intern sei die Unterstütz­ung „absolut“da, sagte Kovac, dem die Interna in der Öffentlich­keit nicht gefallen. „Jeder muss für sich selbst entscheide­n, ob das für ihn der richtige Weg ist. In der Geschichte gibt es genug Beispiele, ob das Troja war oder ob das Cäsar war“, führte Kovac im Rückblick auf die Antike aus. Im Idealfall winkt gegen einen perfekten Aufbaugegn­er auch ohne besonderen Geistesbli­tz sogar das vorzeitige Achtelfina­l-Ticket. Doch in turbulente­n Tagen, in denen selbst eine kleine Instagram-Stichelei gegen Kovac schon für großen Wirbel beim deutschen Fußball-Rekordmeis­ter sorgt, würde das im Vorfeld des BVB-Gipfels kaum für Ruhe sorgen. „Eine Qualität ist es auch, wenn es mal nicht läuft, dass man als Bayern-München-Spieler mit Selbstvert­rauen und mit Eiern in das Spiel geht“, forderte Nationalsp­ieler Joshua Kimmich am Dienstag im besten Oliver-Kahn-Duktus.

Nach vier Heimspiele­n ohne Sieg soll endlich mal ein Torfest her. „Wir brauchen mal so ein Spiel, das wir mit drei, vier Toren gewinnen. Sollte das passieren, öffnet sich hoffentlic­h der Knoten“sagte Kovac. Seine Stars glauben nicht so recht daran, dass die Torfabrik von 0 auf 100 durchstart­et. „Wir marschiere­n gerade nicht durch die Spiele und können uns aussuchen, ob wir 3:0 oder 4:0 gewinnen“, sagte Thomas Müller. „Aber wir wollen begeistern­der auftreten, um Schwung nach Dortmund mitzunehme­n.“

Einfach den Schalter umlegen? Das klappt seit Wochen nicht beim kriselnden Branchenpr­imus, der ge- gen Athen auf den verletzten Arjen Robben wegen einer Blockade im Knie und vielleicht auch auf den angeschlag­enen James Rodríguez (Wadenbless­ur) verzichten muss. Die Bayern-Beine sind schwer in schwierige­n Zeiten, wie sie der Klub zuletzt vor gut einem Jahr kurz vor der Trennung von Carlo Ancelotti erlebte.

Kovac darf sich bei seiner schwierige­n Mission nicht mehr viele Fehlschläg­e leisten. Noch schimpfen die Kovac-Vorgesetzt­en über „blödsinnig­e Fragen“zur Jobgefahr des früh von den Chefs hochgelobt­en Coaches. Weitere Enttäuschu­ngen – speziell im Liga-Gipfel samt drohenden sieben Punkten Rückstand auf die Tabellensp­itze – könnten aber schnell ungeliebte Antworten bringen. Das Vertrauen in den Trainer sei „absolut“da, betonte Kimmich. „Wir Spieler sind es, die auf dem Platz stehen, wir haben die Verantwort­ung.“

Kovac ist um seine Aufgabe auch nicht zu beneiden. Einige (Alt-)Stars sind mit ihren Rollen nicht zufrieden, die denkwürdig­e Pressekonf­erenz der Bosse hat für weitere Unruhe gesorgt. Selbst mit dem Internet-Post von Thomas Müllers Frau Lisa muss sich der 47-Jährige in aufreibend­en Tagen auseinande­rsetzen. „Eines kann ich sagen, ich bin kein nachtragen­der Mensch“, sagte Kovac und legte ein besonders breites Lächeln auf.

Diesmal sollen es mehr Tore als zuletzt sein

„Es wäre zu leicht, wenn man alles erklären könnte“

„Lassen Sie uns über andere Sachen reden.“

Die nackten Zahlen klingen mit elf Siegen, drei Remis und zwei Niederlage­n in 16 Pflichtspi­elen gar nicht schlecht. Aber es knirscht und knarrt an vielen Stellen. Das Spielkonze­pt ist nicht klar, die Rotation passt nicht mit den Befindlich­keiten im Kader zusammen, überzeugen­de Auftritte gab es zuletzt keine. Kovac verweist immer wieder auf die schlechte Chancenver­wertung, aber das alleine kann nicht die Erklärung für lahmende Bayern sein. „Es wäre zu leicht, wenn man es alles erklären könnte“, sagte Kovac.

4:0 gegen Olympiakos Piräus im Jahr 2015 und 6:0 gegen Aris Thessaloni­ki im Jahr 2007 lauten die letzten Ergebnisse gegen Teams aus Griechenla­nd – nach dem 1:1 gegen Freiburg spricht nicht viel für einen neuen klaren Sieg. „Wenn jeder einzelne fünf Prozent mehr bringt, wird das in der Summe so viel ergeben, dass wir wieder dahin kommen, wo wir in den ersten sieben Spielen waren“, sagte Kovac.

 ?? Foto: Witters ?? Joshua Kimmich ist einer der Vielspiele­r des FC Bayern. Er wird wohl auch gegen Athen von Beginn an spielen.
Foto: Witters Joshua Kimmich ist einer der Vielspiele­r des FC Bayern. Er wird wohl auch gegen Athen von Beginn an spielen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany