Klimaschutz zum Nulltarif
Am kommenden Wochenende öffnen Hausbesitzer im Rahmen der „Tage des Passivhauses“ihre Türen. Besucher erfahren aus erste Hand, was die Vorzüge dieser Bauweise sind
Eigenheimbesitzer in Deutschland leben ohne Heizung und haben es trotzdem mollig warm im Winter. Das Wohnkonzept Passivhaus mit exzellenter Dämmung, dreifach verglasten Fenstern, einer luft- und wärmebrückenfreien Bauweise sowie hocheffizienter Wärmerückgewinnung per Lüftungsanlage macht’s möglich. Wer sich näher darüber informieren möchte, sollte dafür die „Tage des Passivhauses“nutzen. Diese finden – übrigens weltweit – am kommenden Wochenende von Freitag, 9., bis Sonntag, 11. November statt.
Auch in unserer Region öffnen zahlreiche Häuslebauer ihre Türen, um Rede und Antwort zu stehen. „Ideal, um neutrale und authentische Informationen aus erster Hand übers Wohnen und Leben im Passivhaus zu erfahren“, sagt beispielsweise Margit Spöttle, Klimaschutzbeauftragte des Landkreises Augsburg.
Unter passivhausprojekte.de sind alle teilnehmenden Passivhäuser mit detaillierten Informationen zur Besichtigung veröffentlicht. Die meisten Häuser können ohne Voranmeldung besucht werden, bei einigen ist kurze Anmeldung erwünscht. Veranstaltet werden die Tage der offenen Tür im Passivhaus von der IG Passivhaus Deutschland zusammen mit Passivhaus Austria sowie der Internationalen Passivhaus Vereinigung (iPHA).
Einer, der mitmacht bei den Passivhaustagen, ist Stephan Leitschuh aus Königsbrunn. Mit seiner Familie lebt er seit zehn Jahren in einem nach Passivhausstandard gebautem Eigenheim. „Die hocheffiziente Gebäudehülle sorgt für niedrige Heizkosten, über die Fenster wärmt die Sonne das Hausinnere, und sie schickt keine Rechnung“, so Leitschuh. Das ist Klimaschutz zum Nulltarif, kombiniert mit ausgezeichneter Wohnqualität, „ohne lästiges Stoßlüften und kalten Wänden wie in einem Altbau“.
Ein Passivhaus ist ein Gebäudetyp, der so gut wie keine zusätzlichen Energiequellen benötigt, um im Inneren angenehme Temperaturen zu erreichen. Die Bewohner sparen so bares Geld. „Passiv“werden die Gebäude genannt, weil der überwiegende Teil des Wärmebedarfs aus passiven Quellen kommt – beispielsweise von der SonneneinZahlreiche strahlung oder durch die Abwärme von Personen und technischen Geräten.
Hochgedämmt und luftdicht zeigt sich die Gebäudehülle. Das Belüftungssystem leitet Abluft nach außen und führt die Wärme ins Haus zurück. Während heißer Sommertage sorgt die Verschattung der Fenster innen für ein kühles Raumklima. „Durch die Lüftungsanlage ist die Luftqualität fühlbar besser als in konventionellen Gebäuden, Allergiker können wieder durchatmen, und Schimmelbildung aufgrund feuchter Luft ist ausgeschlossen“, sagt Thomas Wittmann, Geschäftsführer der Augsburger Holzhaus GmbH.
Regenerative Energien
Für die Heizung benötigt ein Passivhaus im Jahr pro Quadratmeter Wohnfläche nicht mehr als etwa 1,5 Liter Öl oder 1,5 Kubikmeter Erdgas, was 15 Kilowattstunden (kWh) entspricht. An sehr kalten Tagen kommt die Energie für warmes Wasser und fürs Nachheizen aus regenerativen Quellen und funktioniert beispielsweise per Wärmepumpe oder Nachheizregister. Chaeine rakteristisch für Passivhäuser sind die großen, südorientierten Fensterfronten. Architektonisch sind viele Varianten des Baukörpers aus Holz oder in Massivbauweise möglich. Auch Bestandsimmobilien können nach Passivhaus-Standard saniert werden.
1991 wurde das erste Passivhaus gebaut. Heute gibt es Passivhäuser der „dritten Generation“, angeboten von vielen Bauträgern und Fertighausherstellern. Aufgrund der hervorragenden Bauqualität sind sie um etwa acht bis zehn Prozent teurer als ein Standard-Einfamilienhaus, werden jedoch von Banken und der KfW besser gefördert. Mittelfristig gleicht sich die Mehrinvestition durch die eingesparten Heizkosten aus. pm
OBauen für die Zukunft
In der Europäischen Union müssen durch die Neufassung der Europäischen Gebäuderichtlinie ab dem Jahr 2019 alle öffentlichen und ab 2021 auch alle privaten Gebäude den nearly-ZeroEnergy-Standard (NZEB) erfüllen. Der Passivhaus-Standard erfüllt schon heute die Kriterien für diesen Niedrigstenergiestandard.