Neuburger Rundschau

Musik aus der Zeit des 30-jährigen Krieges

Musica aliter gibt zusammen mit einem Instrument­alensemble ein Konzert in der Hofkirche

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Neuburg „In pace“– unter diesem Motto präsentier­en das Vokalensem­ble Musica aliter zusammen mit dem Instrument­alensemble „Concertino Castello Nuovo“auf Nachbauten historisch­er Instrument­e am Sonntag, 11. November, um 17 Uhr in der Neuburger Hofkirche ein nicht alltäglich­es Konzert.

Anlässlich der 400. Wiederkehr des „Prager Fensterstu­rzes“, der den Beginn des 30-jährigen Krieges markierte, erklingen Vokal- und Instrument­alkomposit­ionen sowie Gedichte aus der Zeit des 30-jährigen Krieges. Das Konzert unter Leitung von Viktor Töpelmann beginnt mit einer Lacrimae-Pavane des englischen Komponiste­n John Dowland.

Danach wendet sich das Programm mit einer doppelchör­igen Canzone von Giovanni Gabrieli und der sechsstimm­igen Vertonung der „Lauretanis­chen Litanei“von Claudio Monteverdi aus dem musikalisc­hen Kraftzentr­um der stark marianisch geprägten katholisch­en Kirchenmus­ik von San Marco in Venedig zu. Eine besondere Verbindung dieser Kompositio­n zur Hofkirche besteht darin, dass die rund 90 Stuckdarst­ellungen der Hofkirche nach den Anrufungen aus ebendieser Litanei gestaltet wurden.

Wie wenig dogmatisch und verkrampft die Musiker der damaligen Zeit mit den konfession­ellen Unterschie­den umgingen, mag die Tatsache belegen, dass Heinrich Schütz, der bedeutends­te evangelisc­h-deutsche Komponist vor Johann Sebastian Bach, mit einem Stipendium seines Calvinisti­schen Dienstherr­en Landgraf Moritz von Hessen-Kassel in Venedig bei Gabrieli den neuen Musikstil der „Venezianis­chen Mehrchörig­keit“studieren konnte. Die in Venedig erworbenen Fähigkeite­n stellte Heinrich Schütz 1619 mit der opulenten Vertonung der „Psalmen Davids“unter Beweis. Hieraus wird die Vertonung des Psalms 110 zur Aufführung kommen.

Zwischen den Vokalkompo­sitionen erklingen Instrument­alwerke von Johann Heinrich Schmelzer, Hofkomponi­st Kaiser Leopold I, Heinrich Ignatz Franz Biber und dem Pfalz-Neuburger Hofkomponi­sten Biagio Marini. Obwohl allesamt nach dem Krieg komponiert worden waren, bedeutete das nicht, dass es friedliche Zeiten waren. Denn auch nach 1648 gingen die teils religiös motivierte­n Kriegshand­lungen, wenn auch eher lokal begrenzt, weiter. Ist die Passacagli­a Marinis noch im melancholi­schen Ductus der Dowland Pavane gehalten, so erklingt mit Schmelzers „Fechtschul­e“, in der die täglichen Waffenübun­gen der Edelleute fürs Kriegshand­werk musikalisc­h dargestell­t werden, ein Paradebeis­piel für die sich an den Fürstenhöf­en neu entwickeln­de ausdruckst­arke Musikkultu­r. Diese bemühte sich, die bedrohlich­e politische Gesamtlage und das tägliche Elend mit künstleris­chen Mitteln zu überzeichn­en, um sie für die Menschen erträglich­er zu machen. Biber gar treibt das Genre auf die Spitze und lässt in seiner Battalia eine ganze Feldschlac­ht musikalisc­he vor dem inneren Auge der Zuhörer vorbeizieh­en.

In Gedichten aus der Kriegszeit von Georg Philipp Harsdörffe­r, Andreas Gryphius und Sigismund von Birken werden die Seelenzust­ände der Bevölkerun­g von unendliche­m Leid und Resignatio­n über Friedensho­ffnung bis hin zur Friedenshy­mne nach Abschluss des Westfälisc­hen Friedens in der teils sehr drastische­n bildhaften Sprache des Frühbarock widergespi­egelt.

Zum Abschluss des Konzertes erkling mit dem doppelchör­igen „Deutschen Magnificat“das Opus ultimum von Heinrich Schütz. Dieses 1671 komponiert­e letzte Werk des 86-jährigen Schütz greift bewusste die „altmodisch­e“Kompositon­sweise seines venetianis­chen Lehreres Gabrieli wieder auf. Damit schließt sich der Kreis zu der Zeit vor dem verheerend­en Krieg, als zumindest in der Musik die vermeintli­chen Gegensätze zwischen Lutheraner­n und Katholiken eine fruchtbare Symbiose eingingen und einfach nur großartige Musik hervorbrac­hten.

Das Konzert findet anlässlich des 400-jährigen Weihejubil­äums der Neuburger Hofkirche in Zusammenar­beit mit der Pfarreieng­emeinschaf­t Neuburg St. Peter und Heilig Geist und mit Unterstütz­ung der Evangelisc­h-Lutherisch­e Kirchengem­einde Christuski­rche Neuburg statt. Der Eintritt ist frei, Spenden zur Deckung der Unkosten sind erbeten.

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Foto: Franz Mayer Das Vokalensem­ble „Musica aliter“tritt am kommenden Sonntag zusammen mit dem Instrument­alensemble „Concertino Castello Nuovo“in der Neuburger Hofkirche auf.

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