Ein konservativer Pfarrer spaltet seine Pfarrei
Kirche Seit vielen Jahren schwelt es in der Pfarrgemeinde Echsheim-Reicherstein. Die Katholiken sind entweder gegen oder für Klemens Kiser. Jetzt ist vor den Wahlen für die Kirchenverwaltung am Sonntag ein offener Streit ausgebrochen
Pöttmes-Echsheim Der 1. Juli war ein Festtag für die Pfarrei EchsheimReicherstein im Pöttmeser Oberland: Tobias Seyfried feierte mit weit über 1000 Menschen bei strahlendem Sommerwetter seinen Primiz-Gottesdienst als neu geweihter Priester auf dem Sportplatz. In der Pfarrei selbst herrscht seit vielen Jahren alles andere als eitel Sonnenschein – sie ist intern gespalten, und das liegt vor allem an einer Person: Pfarrer Klemens Kiser. Die Katholiken im Dorf sind entweder gegen oder für den als sehr konservativ geltenden Geistlichen. Reibereien, Zwist und Unstimmigkeiten blieben meist hinter den Kulissen. Jetzt ist vor den Wahlen für die Kirchenverwaltung am Sonntag aber ein offener Streit ausgebrochen. Vorwurf aus der Gemeinde: Kiser soll ihn unterstützende Kandidaten am Wahlausschuss vorbei in Stellung gebracht haben. Der Pfarrer weist das zurück und sagt, sein Vorgehen sei zum Wohle der Pfarrei und von der Diözese abgesegnet. Die Wahl könne also ordnungsgemäß stattfinden.
Die Diözese Augsburg teilt auf Anfrage unserer Zeitung mit, dass ein Pfarrer auch als Kirchenverwaltungsvorstand nicht berechtigt sei, eine Wahlliste „am Wahlausschuss vorbei“aufzustellen. Ob das so in Echsheim der Fall ist, sei der Bischöflichen Finanzkammer nicht bekannt. Im Übrigen könne jeder Wahlberechtigte binnen einer Woche nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses beim Pfarramt Einspruch gegen die Wahl erheben, sodass ein geordnetes und überprüfbares Wahlverfahren sichergestellt sei, so Karl-Georg Michel, Sprecher der Diözese, in seiner Antwort. Derzeit laufen in den Pfarreien des Dekanats Pastoralvisitationen. Dabei haben die Katholiken Gelegenheit, sich zur Seelsorge in ihrer Pfarrei zu äußern und gegebenenfalls auch zu beschweren. In Echsheim sollte das schon in gut zwei Wochen am 1. Dezember stattfinden. Der Termin ist nach Auskunft der Diözese kurzfristig abgesagt worden. Laut Michel wird Generalvikar Monsignore Harald Heinrich die Pfarrei Echsheim aber auf absehbare Zeit im nächsten Jahr besuchen.
Stefan Gast, Pfarrer in Inchenhofen und Dekan im Wittelsbacher Land, weiß um den Dissens in der Pfarrei in seiner Nachbarschaft: „Das ist nichts Neues, leider.“Da werde einiges an ihn herangetragen. Er hat eine klare Position zur Aufgabe eines Pfarrers: „Egal ist, ob er eher konservativ ist oder progressiv. Entscheidend ist, ob er mit den Leuten kann.“Kiser kann ganz offensichtlich mit vielen seiner Pfarrmitglieder nicht. Besonders schlecht ist das Verhältnis mit dem noch bis Jahresende amtierenden Kirchenpfleger Alois Arzberger. Beobachter sprechen von einer Beziehung wie in der Kultfilm-Reihe „Don Camillo und Peppone“, doch lustig ist es garantiert nicht. Die amtierende Kirchenverwaltung (insgesamt vier Mitglieder) tritt jedenfalls bei der Wahl komplett nicht mehr an. Kirchenpfleger Arzberger war insgesamt 30 Jahre dabei und zuletzt Vorsitzender des Wahlausschusses für die Abstimmung, ist aber jetzt davon zurückgetreten. Die Vorgeschichte: Der Wahlausschuss habe trotz inten- ● Aufgaben Die Kirchenverwaltung ist das ausführende Organ der Kirchenstiftung. Die ehrenamtlichen Gremien kümmern sich in den Pfarreien um die Verwendung des Vermögens und Gelder, Mitarbeiter und um kirchliche Gebäude, neben Kirchen zum Beispiel Pfarrzentren, Kindergärten oder Pfarrhäuser. Die Verwaltung sorgt für den Unterhalt und ist bei Sanierungen und Restaurierungen Bauherr. Sie ist auch für das Personal zuständig, das direkt in der Pfarrei angestellt ist, wie Mesner, Kirchenmusiker, Pfarrsekretärinnen und Kindererzieherinnen. Suche keine Kandidaten für die sechsjährige Amtsperiode ab Januar gefunden. Einige Angesprochene hätten mit dem Zeit-Argument abgesagt. Die meisten lehnten laut Arzberger aber ab, weil sie nicht mit Pfarrer Kiser zusammenarbeiten wollen. Der frühere Kreis- und Gemeinderat und langjährige Vereinsvorsitzende bei Feuerwehr und Sporverein engagiert sich seit Jahrzehnten ehrenamtlich im Ortsteil. Die Arbeit als Kirchenpfleger und die Konflikte mit Kiser hätten den 76-Jährigen zermürbt, beschreiben Weggefährten aus dem Dorf. Er selbst richtet schwere Vorwürfe gegen den Pfarrer: „Er ist nicht ehrlich und nicht aufrichtig.“Der hat jetzt jedenfalls selbst Kandidaten für die Kirchenverwaltung gesucht, gefunden und per Aushang angekündigt. Dem Wahlausschuss seien diese Kandidatennamen aber nicht vorgelegt worden, erklärt Arzberger. Aus seiner Sicht seien diese Kandidaten nicht wählbar. Er legte sein Amt deshalb nieder. Er habe auch bei der Diözese mehrmals interveniert, sei
● Wahltag Sonntag, 18. November.
● Amtszeit Sechs Jahre ab Januar 2019 bis Ende 2024.
● Kirchenpfleger Wird aus der Reihe der Verwaltungsmitglieder gewählt.
● Wahlordnung Sie orientiere sich sehr eng an der kommunalen Wahlordnung und schließe ein eigenmächtiges Vorgehen aus, teilt die Diözese Augsburg auf Anfrage mit.
● Wahlausschuss Der Wahlausschuss gibt durch Aushang im Bereich der Kirche, allgemein zugänglich und deutlich sichtbar, seine Zusammensetzung und den Termin für die Kirchen- aber hingehalten worden, so NochKirchenpfleger Arzberger. Seine Fragen seien detailliert beantwortet worden, hält Pressesprecher Michel dagegen. Zudem sei Arzberger seitens der Bischöflichen Finanzkammer mitgeteilt worden, dass ein Gemeindeberater der Diözese Augsburg für ein vermittelndes Schlichtungsgespräch zur Verfügung stehe, wenn das die Beteiligten vor Ort wünschten.
Pfarrer Kiser sagt, dass „er in der Öffentlichkeit keine schmutzige Wäsche wasche“. Dass es genügend „Wäsche“gibt, lässt er aber deutlich erkennen. Arzberger habe im Oktober erst wenige Tage vor Ablauf der Frist erklärt, dass er nicht mehr für die Kirchenverwaltung kandidieren will. Ohne ein eigenes Gremium würde die Pfarrei die nächsten sechs Jahre von einer Verwaltung aus der Nachbarschaft mitverwaltet und könnte im Anschluss ganz aufgelöst werden. Das habe er nach Aufforderung durch die Diözese verhindert, in dem er selbst Kandidaten gesucht und dann auch ordnungsgemäß vorgeschlagen habe, so Kiser.
Er betreut im Vergleich zu anderen Pfarrern noch ein sehr überschaubares Gebiet. In seiner Pfarrei leben rund 500 Menschen. Dazu vikariert er noch Wiesenbach (250 Einwohner). Kiser habe in der Diözese Augsburg aber „keine besonderen Vorrechte“, betont Pressesprecher Michel. Es sei konkret vorsiver gesehen, Echsheim und Wiesenbach im Zuge der Pastoralen Raumplanung 2025 mit der Pfarreiengemeinschaft Pöttmes zusammenzuführen. Einen konkreten Zeitpunkt hierfür gebe es aber noch nicht. Die Raumplanung werde schrittweise umgesetzt, wenn Pfarrer zum Beispiel ihren Ruhestand antreten oder die Pfarrstelle wechseln.
Kiser ist 62 und seit 26 Jahren in Echsheim. Er gilt als traditionalistischer Priester. Den Volksaltar in der Echsheimer Kirche Mariä Heimsuchung hat er an die Seite gestellt. Er hält die Messen aber nicht im alten Ritus wie vor dem Konzil. Der Pfarrer hat Gegner, aber auch Unterstützer in seiner Pfarrei. Die sind vor allem froh, dass das kleine Echsheim noch einen eigenen Priester und vergleichsweise
„Er ist nicht ehrlich und nicht aufrichtig.“
Katholische Kirchenverwaltungen: Aufgaben, Wahlordnung
„Ich wasche keine schmutzige Wäsche in der Öffentlichkeit.“
viele Messen hat. Der Gottesdienstbesuch hat dabei – wie eigentlich überall – nachgelassen. Eine Reihe von Pfarreimitgliedern gehen allerdings in andere Kirchen in der Umgebung, auch Taufen und Hochzeiten werden bewusst in die Nachbarschaft verlegt oder mit anderen Priestern gefeiert. Berichtet und kolportiert werden Geschichten und Aussagen des Pfarrers zu Randgruppen und Glaubensinhalten, die in der katholischen Kirche, geschweige denn in der Gesellschaft schon seit vielen Jahren keinen Platz mehr haben. Es habe immer wieder viele Beschwerden bei der Diözese gegeben, heißt es von Pfarreimitgliedern. Die seien dort alle abgeprallt. Warum? Im Pöttmeser Oberland entstehe für die Diözese geringerer Schaden als bei einer Versetzung des Pfarrers, das sei der Grund, warum Kiser dableibe – das glauben seine Kritiker als wahren Grund. Im Dorf fürchtet man aber auch die Spaltung, das ist immer wieder zu hören. Genau das habe Echsheim in den 80er-Jahren schon einmal wegen eines Pfarrers erlebt und das habe bis heute tiefe Gräben hinterlassen.