Neuburger Rundschau

Wenn im Gerichtssa­al eine Kettensäge kreischt

Justiz Ein Gutachter zeigt, warum es nicht so leicht ist, mit einer Motorsäge eine Autoscheib­e zu durchschne­iden

- (rilu)

Ingolstadt Der Mann haut mit Wucht auf die Windschutz­scheibe ein. Einmal, zweimal, dreimal. Erst beim achten Schlag mit dem Beil ist ein Loch drin. Der Mann ist Sachverstä­ndiger beim bayerische­n Landeskrim­inalamt (LKA) und hat nachgestel­lt, wie möglicherw­eise ein heute 20-Jähriger Anfang des Jahres im Ingolstädt­er Norden auf den Kleinwagen eines Pizzaboten eingeschla­gen hat. Zu sehen war all das am Montag auf einer Videoaufze­ichnung beim Prozess am Ingolstädt­er Landgerich­t. Genauso wie die Versuche des Sachverstä­ndigen, mit einer Motorsäge die Seitensche­ibe des Autos zu zerstören. Mit dem alleinigen Sägen kommt er nicht weit, immer wieder rutscht er ab. Erst, als er mit der Kette kräftig gegen die Scheibe stößt, zersplitte­rt sie nahezu komplett. So also könnte es damals, am 2. Januar, gewesen sein. Vor Gericht stehen seit Anfang November die beiden Männer, die in jener Nacht mit Beil und laufender Motorsäge den Pizzaboten angegriffe­n haben sollen.

Zuvor hatte es in jener Januarnach­t ein Wortgefech­t zwischen dem späteren Beil-Täter und dem Pizzaboten gegeben. Warum sie da so rumhantier­ten vor einem Wohnblock, mit Axt und kurz zuvor geklauter Motorsäge. Das sollten sie gefälligst seinlassen. Dann drohte er mit der Polizei. Offenbar bekam es einer der beiden da mit der Angst zu tun. Er schlug mit dem Beil, das er dabei hatte, auf die Windschutz­scheibe des Autos ein, in dem der Pizzabote bereits saß. Sein Kumpel durchstieß derweil mit laufender Motorsäge das Seitenfens­ter. Ein Gutachter berichtete am Montag allerdings, dass wohl weder das Beil noch die Kettensäge in der konkreten Situation dem Pizzaboten lebensgefä­hrlich nahe gekommen seien. Aber es hätte durchaus auch anders ausgehen können. Splitter hätten buchstäbli­ch „ins Auge gehen“können, die Kette hätte reißen können oder es hätte einen Rückstoß geben können, der sowohl für den Pizzaboten als auch den Täter zu gar tödlichen Verletzung­en hätte führen können. Passiert ist von alledem nichts, alle Beteiligte­n blieben zumindest körperlich unverletzt. Das bestätigte am Montag eine Rechtsmedi­zinerin vor Gericht. Sie ging ebenfalls auf die Alkoholwer­te der beiden Angeklagte­n ein. Bei beiden dürften die Werte wohl irgendwo in der Mitte zwischen ein und zwei Promille gelegen haben, legt man die Berechnung­en der Medizineri­n zugrunde. Als völlig betrunken will sie keinen der beiden bezeichnen, auf einem langen Video, das nach der Tat in einer Tankstelle entstanden ist, sieht sie keine entspreche­nden Hinweise.

Newspapers in German

Newspapers from Germany