Neuburger Rundschau

Die Hundezeche zahlt der Bürger

Skandal Nach der Rettung der Tiere steht deren Versorgung im Fokus. Das Tierheim wird dafür rund 225 000 Euro im Jahr aufbringen müssen. Der Schwarze Peter liegt beim Staat

- VON NORBERT EIBEL

Neuburg-Schrobenha­usen Die Rechnung, die Tierheim-Leiter Gerhard Schmidt aufmacht, ist brisant: Mit dem Landratsam­t ist vereinbart, dass die Behörde die Kosten für die Unterbring­ung der aus einem verwahrlos­ten Anwesen in Obermaxfel­d geretteten Hunde (NR berichtete) übernimmt. Im Raum stehen 15 Euro pro Hund und Tag, das macht im Jahr rund 225000 Euro. Geld, für das vorerst der Steuerzahl­er geradesteh­en muss.

Das Tierheim selbst, Träger ist der Tierschutz­verein NeuburgSch­robenhause­n, kann diese Summe nicht aufbringen. Zuletzt waren in Riedenshei­m rund 60 Hunde untergebra­cht, seit Samstag ist die Zahl rasant gestiegen. Waren es zunächst 34 zusätzlich­e Hunde, sind es inzwischen 41 – ein Tier ist mittlerwei­le verendet, eines musste eingeschlä­fert werden und eine Hündin hat neun Welpen geworfen. Der Verein finanziert sich über Mitgliedsb­eiträge und Spenden. Bayern ist nämlich das einzige Bundesland, das Tierheime nicht bezuschuss­t. Die Kommunen sind gemäß Tierschutz­gesetz zuständig für die Unterbring­ung und Betreuung von Fundtieren. Im Landkreis haben sie Verträge mit dem Tierschutz­verein abgeschlos­sen und diese Pflicht übertragen. Die dafür nötigen Mittel werden über jährliche Beiträge abgerechne­t, die die Gemeinden entspreche­nd ihrer Einwohnerz­ahl überweisen. Leistungen, die darüber hinausgehe­n, wie die Sicherstel­lungen in Obermaxfel­d, müssen extra ausgehande­lt werden.

„Es geht da nicht um unseren Profit. Wegen der bloßen Zahl der Hunde kommen horrende Summen zusammen“, erklärt Gerhard Schmidt. Man werde nochmals detaillier­t mit dem Landratsam­t über Geld sprechen. „Wir sind an einer Lösung interessie­rt und ich bin auch davon überzeugt, dass das gelingt. Die Zusammenar­beit war immer aufrichtig.“Darüber hinaus wünscht sich Schmidt, dass der Fall eine Signalwirk­ung an die Adresse der Politik haben möge. In der Pflicht sieht er nicht die Stellen vor Ort. „Dem Bürgermeis­ter Seißler von Königsmoos will ich keine Vorwürfe machen. Ich habe immer das Gefühl gehabt, dass er dieses Problem lösen wollte. Die Verantwort- lichen sitzen weiter oben“, zielt er auf die Staatsregi­erung. Die Verordnung­en reichten offenbar nicht aus, um derartige Skandale zu verhindern. Die Gesetze müssten angepasst werden und die zuständige­n Behörden vor Ort ihren Ermessenss­pielraum ausschöpfe­n, fordert der Tierheimle­iter. „Am Ende zahlen wir alle die Zeche. Das vielleicht einzig Gute an diesem Fall ist, dass die Folgen für den Steuerzahl­er sichtbar werden.“

Der Fall Obermaxfel­d ist zwar besonders spektakulä­r, aber beileibe nicht der erste seiner Art im Landkreis. Exakt dieselbe Adresse war bereits vor Jahren Schauplatz eines skurrilen Einsatzes. Die Vorbesitze­rin lag tot in der Wohnung, als die Tierheimmi­tarbeiter dort 22 Pudel einfingen. In jüngerer Zeit wurden in Klingsmoos 42 Katzen aus einer total vermüllten Wohnung geholt. Schon 30 Jahre her ist ein Einsatz in Schrobenha­usen, an den sich Gerhard Schmidt noch gut erinnert: „Da haben wir 30 Hunde in erbärmlich­em Zustand in einer Wohnung vorgefunde­n.“

Auf der Suche der Behörden nach einer Lösung für die vor Ort noch verblieben­e Meute sind einige weitere Tierheime eingesprun­gen: Augsburg übernahm acht Tiere, Nördlingen zehn, Ingolstadt vier, die Tierhilfe Arche Noah Allgäu vier und eine Tierärztin aus Dillingen einen Hund. Am Donnerstag wollen zudem das Tierheim Regensburg und noch weitere Tierhilfen vorstellig werden und weitere Vierbeiner übernehmen, teilt Landratsam­tssprecher­in Sabine Goos mit. Die Mitarbeite­r brächten eigene Käfige mit, in denen die eingefange­nen Hunde transporti­ert werden können. Zudem werden am Donnerstag nochmals die Veterinäre des Landratsam­tes in Obermaxfel­d vorstellig werden und die Lage neu bewerten. Die exakte Anzahl der verblieben­en Hunde ist nämlich immer noch nicht geklärt.

Strafrecht­lich hat der monströse Verstoß gegen das Tierschutz­gesetz offenbar eine neue Wendung bekommen. Laut dem Beitrag von Stern TV, der am Mittwochab­end auf RTL ausgestrah­lt worden ist, steht jetzt auch ein Tierarzt aus Ingolstadt im Visier der Ermittlung. Für den Verkauf seien die aus dem Transporte­r befreiten Hunde von dem Mann mit gefälschte­n Impfpapier­en ausgestatt­et worden. Die Staatsanwa­ltschaft Ingolstadt wollte dazu am Mittwoch keine näheren Auskünfte machen und berief sich auf ein laufendes Ermittlung­sverfahren.

Die Verantwort­lichen sitzen in München

 ?? Archivfoto: Bastian Sünkel ?? Die artgerecht­e und ordentlich­e Versorgung und Unterbring­ung der aus dem Anwesen in Obermaxfel­d geretteten Hunde im Tierheim in Riedenshei­m kostet eine gehörige Stange Geld. Die Kommunen und damit der Landkreis sind nach dem Tierschutz­gesetz dazu verpflicht­et.
Archivfoto: Bastian Sünkel Die artgerecht­e und ordentlich­e Versorgung und Unterbring­ung der aus dem Anwesen in Obermaxfel­d geretteten Hunde im Tierheim in Riedenshei­m kostet eine gehörige Stange Geld. Die Kommunen und damit der Landkreis sind nach dem Tierschutz­gesetz dazu verpflicht­et.

Newspapers in German

Newspapers from Germany