Die Hundezeche zahlt der Bürger
Skandal Nach der Rettung der Tiere steht deren Versorgung im Fokus. Das Tierheim wird dafür rund 225 000 Euro im Jahr aufbringen müssen. Der Schwarze Peter liegt beim Staat
Neuburg-Schrobenhausen Die Rechnung, die Tierheim-Leiter Gerhard Schmidt aufmacht, ist brisant: Mit dem Landratsamt ist vereinbart, dass die Behörde die Kosten für die Unterbringung der aus einem verwahrlosten Anwesen in Obermaxfeld geretteten Hunde (NR berichtete) übernimmt. Im Raum stehen 15 Euro pro Hund und Tag, das macht im Jahr rund 225000 Euro. Geld, für das vorerst der Steuerzahler geradestehen muss.
Das Tierheim selbst, Träger ist der Tierschutzverein NeuburgSchrobenhausen, kann diese Summe nicht aufbringen. Zuletzt waren in Riedensheim rund 60 Hunde untergebracht, seit Samstag ist die Zahl rasant gestiegen. Waren es zunächst 34 zusätzliche Hunde, sind es inzwischen 41 – ein Tier ist mittlerweile verendet, eines musste eingeschläfert werden und eine Hündin hat neun Welpen geworfen. Der Verein finanziert sich über Mitgliedsbeiträge und Spenden. Bayern ist nämlich das einzige Bundesland, das Tierheime nicht bezuschusst. Die Kommunen sind gemäß Tierschutzgesetz zuständig für die Unterbringung und Betreuung von Fundtieren. Im Landkreis haben sie Verträge mit dem Tierschutzverein abgeschlossen und diese Pflicht übertragen. Die dafür nötigen Mittel werden über jährliche Beiträge abgerechnet, die die Gemeinden entsprechend ihrer Einwohnerzahl überweisen. Leistungen, die darüber hinausgehen, wie die Sicherstellungen in Obermaxfeld, müssen extra ausgehandelt werden.
„Es geht da nicht um unseren Profit. Wegen der bloßen Zahl der Hunde kommen horrende Summen zusammen“, erklärt Gerhard Schmidt. Man werde nochmals detailliert mit dem Landratsamt über Geld sprechen. „Wir sind an einer Lösung interessiert und ich bin auch davon überzeugt, dass das gelingt. Die Zusammenarbeit war immer aufrichtig.“Darüber hinaus wünscht sich Schmidt, dass der Fall eine Signalwirkung an die Adresse der Politik haben möge. In der Pflicht sieht er nicht die Stellen vor Ort. „Dem Bürgermeister Seißler von Königsmoos will ich keine Vorwürfe machen. Ich habe immer das Gefühl gehabt, dass er dieses Problem lösen wollte. Die Verantwort- lichen sitzen weiter oben“, zielt er auf die Staatsregierung. Die Verordnungen reichten offenbar nicht aus, um derartige Skandale zu verhindern. Die Gesetze müssten angepasst werden und die zuständigen Behörden vor Ort ihren Ermessensspielraum ausschöpfen, fordert der Tierheimleiter. „Am Ende zahlen wir alle die Zeche. Das vielleicht einzig Gute an diesem Fall ist, dass die Folgen für den Steuerzahler sichtbar werden.“
Der Fall Obermaxfeld ist zwar besonders spektakulär, aber beileibe nicht der erste seiner Art im Landkreis. Exakt dieselbe Adresse war bereits vor Jahren Schauplatz eines skurrilen Einsatzes. Die Vorbesitzerin lag tot in der Wohnung, als die Tierheimmitarbeiter dort 22 Pudel einfingen. In jüngerer Zeit wurden in Klingsmoos 42 Katzen aus einer total vermüllten Wohnung geholt. Schon 30 Jahre her ist ein Einsatz in Schrobenhausen, an den sich Gerhard Schmidt noch gut erinnert: „Da haben wir 30 Hunde in erbärmlichem Zustand in einer Wohnung vorgefunden.“
Auf der Suche der Behörden nach einer Lösung für die vor Ort noch verbliebene Meute sind einige weitere Tierheime eingesprungen: Augsburg übernahm acht Tiere, Nördlingen zehn, Ingolstadt vier, die Tierhilfe Arche Noah Allgäu vier und eine Tierärztin aus Dillingen einen Hund. Am Donnerstag wollen zudem das Tierheim Regensburg und noch weitere Tierhilfen vorstellig werden und weitere Vierbeiner übernehmen, teilt Landratsamtssprecherin Sabine Goos mit. Die Mitarbeiter brächten eigene Käfige mit, in denen die eingefangenen Hunde transportiert werden können. Zudem werden am Donnerstag nochmals die Veterinäre des Landratsamtes in Obermaxfeld vorstellig werden und die Lage neu bewerten. Die exakte Anzahl der verbliebenen Hunde ist nämlich immer noch nicht geklärt.
Strafrechtlich hat der monströse Verstoß gegen das Tierschutzgesetz offenbar eine neue Wendung bekommen. Laut dem Beitrag von Stern TV, der am Mittwochabend auf RTL ausgestrahlt worden ist, steht jetzt auch ein Tierarzt aus Ingolstadt im Visier der Ermittlung. Für den Verkauf seien die aus dem Transporter befreiten Hunde von dem Mann mit gefälschten Impfpapieren ausgestattet worden. Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt wollte dazu am Mittwoch keine näheren Auskünfte machen und berief sich auf ein laufendes Ermittlungsverfahren.
Die Verantwortlichen sitzen in München