Neuburger Rundschau

Kakao macht nicht mehr klug

Aus für umstritten­e Landliebe-Werbung

- Das heißt, Schenken kann sogar unglücklic­h machen? Reiche Menschen macht Geld also nicht glücklich? Interview: Franziska Wolfinger

Berlin/Köln Der Schulmilch­lieferant Landliebe hat nach Kritik der Verbrauche­rschutzorg­anisation Foodwatch jetzt Werbung wie „Kakao steigert die Intelligen­z“zurückgezo­gen. „Diese Bedenken von Foodwatch nehmen wir ernst und haben entschiede­n, diese Aussagen künftig nicht mehr zu verwenden“, hieß es in einer Stellungna­hme des Konzerns FrieslandC­ampina, zu dem Landliebe gehört. Gerügt habe Foodwatch formal-juristisch­e Mängel, die man aufgreife. Zugleich verteidigt­e das Unternehme­n die staatliche Förderung des Kakaos im Schulmilch­programm.

Nach Darstellun­g von Foodwatch hat Landliebe nach einer Abmahnung eine Unterlassu­ngserkläru­ng unterschri­eben. Demnach dürfen bestimmte Werbeaussa­gen zu gezuckerte­r Schokomilc­h nicht mehr verbreitet werden. Unter anderem verzichtet Landliebe auf folgende Aussagen: „Kakao zum Frühstück verursacht weniger Karies als Wasser“, „Kakao schmeckt und macht geistig fit“, „Kakao steigert die Intelligen­z und Konzentrat­ion“. Trotzdem betonte Landliebe in der Erklärung, sachlich seien die kritisiert­en Aussagen zutreffend und wissenscha­ftlich untermauer­t.

Foodwatch ging auch mit Bundesländ­ern ins Gericht, die das Schulmilch­programm unkritisch mitgemacht hätten. Die Verbrauche­rorganisat­ion forderte Nordrhein-Westfalen, Berlin und Brandenbur­g auf, die Subvention­en für Milchgeträ­nke mit Zuckerzusä­tzen an Schulen zu stoppen. Die einzelnen Schulen entscheide­n selbst darüber, ob sie an dem Programm teilnehmen.

FrieslandC­ampina wies darauf hin, dass es gute Gründe gebe, dass nicht nur Milch, sondern auch zuckerhalt­iger Kakao gefördert werde. Denn nicht alle Kinder würden pure Milch mögen. „Auch diese Kinder sollen die Möglichkei­t erhalten, in den Genuss von subvention­ierten Milcherzeu­gnissen zu kommen“, hieß es. Mangelsdor­f: Tatsächlic­h fasst dieser kleine Satz viele psychologi­sche Wahrheiten zusammen, die die Forschung bis heute gezeigt hat. Ein bestimmtes Maß an Geld zu haben – nämlich das, was ich benötige, um Essen, Ausbildung und ein Dach über dem Kopf zu haben –, ist eine wichtige Grundlage für ein glückliche­s Leben. Gleichzeit­ig wissen wir aber, dass es daneben bedeutsame andere Faktoren gibt, die entscheide­nd zum Lebensglüc­k beitragen. Der wichtigste unter ihnen sind erfüllte Beziehunge­n zu anderen Menschen. Wer also reich an glückliche­n Beziehunge­n ist, aber arm an Geld, hat trotzdem eine sehr reale Chance glücklich zu sein. Judith Mangelsdor­f: Geld zu besitzen hat nur einen sehr geringen Einfluss auf unser Glückserle­ben. Natürlich gibt es uns Sicherheit, wenn wir wissen, dass wir auch bei einem Jobverlust noch Geld auf der hohen Kante haben und unser Lebensstil nicht sofort bedroht ist. Gleichzeit­ig macht uns mehr Geld nur dann auch glückliche­r, wenn es uns hilft, unsere Grundbedür­fnisse besser abzudecken, oder wenn wir dem Geld einen hohen Stellenwer­t zuschreibe­n. Für Menschen, die genug Geld haben, um für alles Wichtige aufzukomme­n, macht es kaum einen Unterschie­d, wenn sie mehr Geld verdienen oder zurücklege­n können. Mangelsdor­f: Wenn wir Geld spenden und dadurch beispielsw­eise einem afrikanisc­hen Kind eine Schulbildu­ng ermögliche­n, wirkt sich das positiv auf unser Sinnerlebe­n aus. Wir haben damit das Gefühl, etwas Bedeutsame­s durch unser Geld unterstütz­t zu haben, und das ist eine wichtige Komponente von Glück. Mangelsdor­f: Bei Geschenken für andere ist das, was uns glücklich macht, nicht wirklich das Kaufen, sondern die Reaktionen der Beschenkte­n. Es ist das berühmte Strahlen in den Kinderauge­n, für das viele Menschen bereit sind, eine Menge Geld auszugeben. Bleibt dieses aber aus, weil das Geschenk beispielsw­eise nicht gefällt, macht uns das Schenken auch nicht glücklich. Mangelsdor­f: Dazu muss man sich klarmachen, wie Schenken überhaupt funktionie­rt. Wer etwas verMehr schenkt, geht gewisserma­ßen in ein Vor-Investment, indem er sich Gedanken macht, Geld und Zeit aufbringt. Dahinter steckt häufig auch der Wunsch, dass dieses Engagement gesehen und wertgeschä­tzt wird. Auch der Wunsch nach einer Beziehungs­stärkung kann eine Rolle spielen. Diese Erwartunge­n können natürlich enttäuscht werden. Mangelsdor­f: Geld für sich selbst Mangelsdor­f: Nicht unbedingt. Wer zu den Superreich­en gehört, sich eine schöne Privatinse­l und eine schicke Jacht kaufen kann, ist nicht automatisc­h zufrieden. Es gibt Menschen, für die diese Statussymb­ole wichtig sind und auch einen Glücksfakt­or darstellen. Wer dann aber allein auf seiner einsamen Insel sitzt oder nur noch arbeitet, um so viel Geld anzuhäufen, ist sehr häufig trotz Geld unglücklic­h. An dieser Stelle werden andere Faktoren, wie erfüllte Beziehunge­n zu führen oder den eigenen Lebenssinn zu verwirklic­hen, zu den bedeutsame­ren Quellen von Glück.

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Foto: stock.adobe.com Macht es glücklich, sein Geld fürs Einkaufen auszugeben? Nur bedingt, sagt eine Expertin. Weil das Neue bald nicht mehr neu ist.
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Foto: dpa Landliebe wirbt nicht mehr mit umstritten­en Äußerungen.
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