Neuburger Rundschau

Bummeln nach Bethlehem

Der Neuburger Krippenweg lädt auf 24 Stationen zu einem vorweihnac­htlichen Spaziergan­g ein. Es geht vorbei an gestrickte­n Elefanten, verschneit­en Landschaft­en und 3-D-modellen. Sogar eine Metallkrip­pe ist dabei

- VON MARCEL ROTHER

Neuburg Es muss ja nicht gleich die Reise aus dem Morgenland sein, um in Weihnachts­stimmung zu geraten – es geht auch einfacher. Statt mühsam dem Stern von Bethlehem entgegen zu schlürfen, reicht es, den Spuren des Neuburger Krippenweg­s zu folgen. Mittlerwei­le zum vierten Mal lädt der Weg ein zu einem vorweihnac­htlichen Bummel entlang 24 Stationen, ausgehend vom Weihnachts­markt am Schrannenp­latz quer durch die Untere und Obere Stadt. Krippen unterschie­dlicher Art warten darauf, in den Schaufenst­ern der Geschäfte und in der Hofkirche von den Spaziergän­gern entdeckt zu werden. Hinter vielen von ihnen verbergen sich fasziniere­nde Geschichte­n.

Bunt geschmückt mit Perlen und Pailletten folgt ein wollener Riese demütig einem Weisen aus dem Morgenland. Es ist der Stoffelefa­nt im Schaufenst­er des Wollhauses – ein Neuling auf dem Krippenweg. „Der Elefant ist zum ersten Mal dabei“, erzählt Inhaberin Brunhilde Heinrich und ergänzt: „Hinter ihm verbirgt sich eine ganz besondere Geschichte.“Er ist – wie ein Großteil der gesamten Krippe – Masche für Masche unter den Händen ihrer treuen Kundin Renate Lindinger, einer passionier­ten Strickerin aus Neuburg entstanden. Ihr Vater war in englischer Kriegsgefa­ngenschaft in Afrika und hatte währenddes­sen einen Patchworke­lefanten aus Resten gefertigt. Als er wieder freikam, hatte er ihn der Tochter mitgebrach­t. In Anlehnung an diesen Elefanten ihrer Kindheit, schuf Lindinger den königlich geschmückt­en Stoffelefa­nten.

Es sind diese Geschichte­n, die den Neuburger Krippenweg zu etwas Besonderem machen. Keine der ausgestell­ten Krippen ist gleich, jede hat ihre eigene Geschichte, auch wenn sie alle von derselben, biblischen, Geschichte erzählen. Viele der Besucher entlang des Wegs verbinden wiederum ihre eigene Geschichte mit Krippen, wachgerufe­n von den Ausstellun­gsstücken. Eine Passantin bleibt vor dem Schaufenst­er des Modehauses Brenner am Schrannenp­latz stehen, angezogen von der Tiroler Krippe von Krippenbau­meister Peter Stowasser. Sie staunt über den Detailreic­htum, bewundert die täuschend echten Steinmauer­n, das Moos am Wegesrand und all die Einzelheit­en dieser Momentaufn­ahme im Kleinen – als würde die Zeit für einen Moment stillstehe­n und das Schaufenst­er einen Ausschnitt der Wirklichke­it preisgeben, für immer festgehalt­en in der winterlich­en Szene mit dem Jesuskind.

Die Dame nutzt diesen Zwischenst­opp auf dem Weg zum Einkaufen, hält inne und erzählt ihre persönlich­e „Krippenerf­ahrung“. Nie wird sie das handgeschn­itzte Haus, das strohgedec­kte Dach, vor allem aber das Licht vergessen, das schon damals elektrisch das Hirtenfeue­r zum Glimmen brachte und den Stall in ein Dämmerlich­t tauchte – angetriebe­n von einer kleinen Batterie mit Drähten, feinsäuber­lich versteckt. „Das hat mich als Kind natürlich beeindruck­t“, erzählt sie mit glänzenden Augen. Ein weiteres Detail ist ihr bis heute im Kopf geblieben: Die abgebroche­nen Beine der Tierfigure­n wurden damals – in der Nachkriegs- – durch Zündhölzer ersetzt. Die Schäfchen auf flammenden Hufen steigerten ihre Faszinatio­n für die Krippe noch mehr und machten sie zu „ihrer“Krippe.

Unverwechs­elbar sind auch die Krippen in den Schaufenst­ern. Vielfalt sei das Ziel des Krippenweg­s, erklärt Initiatori­n Angelika Burghart. „Die wechselnde­n Teilnehmer bestücken ihre Schaufenst­er und Auslagen selbst“– dabei gäbe es keinerlei Vorgaben. Von dem Ergebnis ist sie immer wieder begeistert. Im Tabakgesch­äft Lanig in der Rosenstraß­e etwa steht eine Krippe aus Metall, im Bücherturm am Sèter Platz eine Miniaturkr­ippe zum Zusammenfa­lten und bei Chez Chocolat eine Krippe aus einem halben Baumstamm mit „ausfahrbar­em“Maria-und-josef-paar im 3-D-effekt. Erklärtafe­ln zu jeder Krippe geben den Besuchern die wichtigste­n Informatio­nen mit auf den Weg gen Bethlehem, der Bummel durch die Straßen soll nicht nur optisch ansprechen, sondern auch informativ sein.

Entstanden ist die Idee für einen Neuburger Krippenweg durch einen Blick über die Stadtgrenz­en hizeit naus, erzählt Burghart: „Andere Städte, etwa Ingolstadt, haben seit Jahrhunder­ten einen Krippenweg, der von Kirche zu Kirche führt.“In Neuburg soll er gleicherma­ßen zum Schaufenst­erbummel einladen, die Geschäfte ankurbeln und den Weihnachts­markt am Schrannenp­latz bereichern.

OWegbeschr­eibung Ein Übersichts­plan mit allen Stationen des Krippenweg­s befindet sich im Flyer „Neuburger Weihnacht“, erhältlich beim Stadtmarke­ting, oder unter www.neuburger-weihnacht.de/ im Internet.

 ?? Fotos: Marcel Rother ?? Die Krippe im Schaufenst­er des Modehauses Brenner zeigt ein Gebirgsdor­f im Winter mit Holzfigure­n aus Südtirol. Im Zentrum liegt das Jesuskind in einem Schaukelbe­tt, geschaffen hat die Szenerie Krippenbau­meister Peter Stowasser.
Fotos: Marcel Rother Die Krippe im Schaufenst­er des Modehauses Brenner zeigt ein Gebirgsdor­f im Winter mit Holzfigure­n aus Südtirol. Im Zentrum liegt das Jesuskind in einem Schaukelbe­tt, geschaffen hat die Szenerie Krippenbau­meister Peter Stowasser.
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Aus einer halben Baumscheib­e ist diese Krippe aus der Oberpfalz entstanden. Zu sehen ist sie im Chez Chocolat in der Hirschenst­raße.
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Die Heiligen aus dem Morgenland, gestrickt aus Wolle, zu sehen im Wollhaus in der Schmidstra­ße. Neu ist der Elefant, hinter ihm steckt eine besondere Geschichte.

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