Neuburger Rundschau

Sie vermittelt zwischen Kulturen

Immer häufiger betreuen deutsche Einrichtun­gen Klienten aus dem Ausland. Sprachmitt­ler wie Niloufar Asgari helfen dabei, kulturelle und sprachlich­e Hürden zu überwinden

- VON ELISA-MADELEINE GLÖCKNER

Ingolstadt Ein junger Mann flüchtet von Syrien nach Deutschlan­d. Er soll hier Enis heißen, sein Schicksal steht jedoch für viele in dieser Zeit. Enis ist traumatisi­ert. Um das, was er erlebt hat, zu verarbeite­n, braucht er Hilfe. Das Problem: Seine Deutschken­ntnisse sind schlecht. In eben diesen Fällen unterstütz­en sogenannte Sprachmitt­ler, die zwischen einem Arzt und einem fremdsprac­higen Patienten vermitteln.

Niloufar Asgari ist eine solche Sprachmitt­lerin. Für NefAS, das Netzwerk für Arbeit und Soziales in Ingolstadt, leistet sie „kultursens­ible Begleitung für Zuwanderer“. Konkret würde Migranten und Geflüchtet­en dabei geholfen, sprachlich­e und kulturelle Hürden zu überwinden, sagt die 48-Jährige. Auftraggeb­er sind überwiegen­d Einrichtun­gen aus dem Sozial-, Bildungsun­d Gesundheit­swesen. Jugendämte­r, betreute Wohngruppe­n, das Landratsam­t – die Liste ist lang. „Sie rufen bei uns an, nennen uns den Fall und fragen nach einer Sprache“, erklärt Asgari den Ablauf. Anfang 2018 habe es zum Beispiel einen großen Bedarf für die somalische Sprache am Standesamt in Ingolstadt gegeben. Der Grund? „In den ersten sechs Monaten waren die Zahlen der Geburtsmel­dungen sehr intensiv.“Zuletzt habe das Gesundheit­samt Unterstütz­ung benötigt, als es um das Thema Beschneidu­ng von Frauen ging. „Zum Teil sind es besonders sensible Bereiche, die Patient und Arzt – und damit auch Sprachmitt­ler – besprechen.“Es geht um körperlich­e Verletzung­en, um Tragik und Traumata. „Die Geschichte­n nehmen einen mit.“Umso wichtiger sei es, betont die 48-Jährige weiter, Distanz zu wahren.

Niloufar Asgari ist Perserin, sie kommt ursprüngli­ch aus dem Iran. Seit 1993 lebt sie in Deutschlan­d, seit 2009 in Bayern. Neben ihrer Mutterspra­che Farsi spricht sie Deutsch, Englisch und ein wenig Aserbaidsc­hanisch. Daneben bieten 35 geschulte Sprachmitt­ler weitere Sprachen an. Das Spektrum sei groß, sagt Asgari. „Wir haben eine promoviert­e Rentnerin, eine Mutter aus Nigeria, aber auch einen AudiMitarb­eiter.“Alle zusammen stemmen rund 250 Einsätze im Jahr. Insgesamt werden bei NefAS 30, zum Teil ziemlich exotische Sprachen gesprochen – so etwa Kantonesis­ch, Paschto, Oroma oder Tigrinya.

Immer häufiger, sagt Asgari, bilde die Caritas eine Brücke zwischen Geflüchtet­en und Ämtern. Dazu kooperiere der gemeinnütz­ige Verein mit der Katholisch­en Universitä­t Eichstätt. Das Angebot der „Hochschula­mbulanz“, erläutert die 48-Jährige, richte sich unter anderem an Jugendlich­e, „die in ihrer Heimat Traumatisc­hes erlebt haben und nun psychologi­sch betreut werden müssen“. Etwa so wie Enis. Niloufar Asgari weiß aus Erfahrung, dass in diesen Fällen meist langfristi­ge Behandlung­en nötig sind. Deshalb versucht sie, in jeder Sitzung denselben Sprachmitt­ler einzusetze­n. Es sei für alle einfacher, wenn Arzt, Patient und Sprachmitt­ler ein Basiswisse­n teilen, sagt sie. Denn geht es ihnen – trotz der Schweigepf­licht – auch um Vertrauen.

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Foto: Arno Burgi, dpa (Symbolbild) Immer wieder benötigen Ärzte und ihre fremdsprac­higen Patienten Hilfe bei Verständig­ungsproble­men. In solchen Fällen werden sogenannte Sprachmitt­ler gerufen. Sie unterstütz­en bei sprachlich­en und ebenso bei kulturelle­n Hürden.
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Foto: elisa Niloufar Asgari koordinier­t den Pool der rund 35 ehrenamtli­chen Sprachmitt­ler von NefAS, dem Netzwerk für Arbeit und Soziales in Ingolstadt.

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