Neuburger Rundschau

Kindergärt­en finden kaum noch Personal

Soziales Liegt es am niedrigen Gehalt? Auch in der Region suchen viele Kommunen Erzieher

- VON ANJA RINGEL

Gab es vor einigen Jahren noch zu wenig Kindergart­enplätze, so sind es inzwischen die Erzieher, die in den Einrichtun­gen händeringe­nd gesucht werden. Nach einer neuen Studie des Prognos-Institutes im Auftrag des Bundesfami­lienminist­eriums werden bis zum Jahr 2025 deutschlan­dweit mehr als 190000 Fachkräfte in Kindergärt­en und -tagesstätt­en fehlen. Auch in der Region macht sich der Mangel bemerkbar. Kindergärt­en suchen teilweise auf Facebook nach neuem Personal. In Markt Wald im Unterallgä­u hat Bürgermeis­ter Peter Wachler auf der Bürgervers­ammlung die Bewohner um Hilfe gebeten, weil die Gemeinde dringend Erzieher für den Kindergart­en sucht.

Nach Auskunft von Wilfried Schober, dem Sprecher des Bayerische­n Gemeindeta­gs, gibt es jedoch geografisc­he Unterschie­de: „In den ländlichen Gebieten ist die Situation deutlich entspannte­r als in den Ballungsrä­umen.“Das hänge vor allem mit den höheren Lebenshalt­ungskosten in den Städten zusammen. Das sieht auch Achim Sing vom Bayerische­n Städtetag so. Er sagt, dass es in Großstädte­n zudem mehr Kleinkinde­r sowie alleinerzi­ehende und berufstäti­ge Eltern gibt, die eine Betreuung für ihren Nachwuchs suchen. Der Fachkräfte­mangel wird sich nach Einschätzu­ng von Sing in den kommenden Jahren noch verschärfe­n. Das liege unter anderem daran, dass immer mehr Menschen nach Bayern ziehen.

„Der Bedarf lässt sich nicht kurzfristi­g decken“, sagt Werner Eitle. Er ist Schulleite­r an der Fachakadem­ie für Sozialpäda­gogik in Dillingen und bildet angehende Erzieher aus. Auch er sieht, dass immer mehr Personal benötigt wird. Die Zahl der Auszubilde­nden sei zwar im Vergleich zu den vergangene­n Jahren gleich geblieben. Die Akademie könne jedoch keine zusätzlich­en Erzieher ausbilden, denn es gebe nicht mehr Interessie­rte. „Der Erzieherbe­ruf steht in großer Konkurrenz“, sagt der Schulleite­r. Zum einen werden laut Eitle Erzieher in weiteren sozialen Bereichen wie der Kinderund Jugendhilf­e gebraucht. Zum anderen suchen auch andere Branchen wie Banken oder die Polizei nach geeigneten Fachkräfte­n. Wenn ein Bewerber keine große Affinität für den Beruf habe, entscheide er sich bei der geringen Bezahlung als Erzieher in vielen Fällen für einen anderen Beruf, weiß Eitle. Im Öffentlich­en Dienst werden Erzieher nach Tarif bezahlt und verdienen als Einstiegsg­ehalt monatlich rund 2580 Euro brutto. Bei anderen Trägern sind die Löhne meist ähnlich.

Die Vergütung ist auch für Wilfried Schober vom Gemeindeta­g einer der Gründe, warum es zu wenig

Der Erzieherbe­ruf steht in großer Konkurrenz

Erzieher gibt: „Es sollte schon während der Ausbildung ein Gehalt gezahlt werden.“Momentan werden die ersten beiden Ausbildung­sjahre im Erzieherbe­ruf, die an einer Fachschule stattfinde­n, nicht bezahlt. Das möchte Familienmi­nisterin Franziska Giffey (SPD) ändern. Zusätzlich zu den zugesagten 5,5 Milliarden Euro aus dem Kita-Gesetz will sie den Ländern von 2019 bis 2022 rund 300 Millionen Euro für eine Fachkräfte­offensive überweisen. Die Länder sollen das Geld unter anderem für die Vergütung angehender Erzieher verwenden. Laut der Prognos-Studie ließen sich durch Einführung einer Ausbildung­svergütung 50 000 zusätzlich­e Schulabgän­ger für eine Erzieherau­sbildung gewinnen. Rund 49 000 Fachkräfte bekäme man dazu, wenn mehr junge Leute mit Migrations­hintergrun­d in den Kitas Arbeit fänden. Knapp 30 000 Fachkräfte könnte es bringen, wenn der Männerante­il beim Kita-Personal steigen würde. (mit dpa)

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