Neuburger Rundschau

Mal wieder Streit um Lüpertz

„Genesis“-Projekt in Karlsruher U-Bahn

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Beethoven ohne Arme in Bonn, der Mozart-Torso in Salzburg oder die Aphrodite in Augsburg – nicht jedem gefällt die Kunst von Markus Lüpertz. Protest ist er gewohnt. „Es ist völlig in Ordnung, wenn Leute meine Kunst ablehnen. Kunst muss nicht gefallen, mit Kunst muss man sich auseinande­rsetzen“, sagt der prominente Maler und Bildhauer. Was in Karlsruhe abging, verblüfft den 77-Jährigen aber doch. Ein einziges Wort, sagt er, hat hier für Aufruhr gesorgt.

Das Wort lautet „Genesis“. Es ist der Titel seines geplanten Projektes im Karlsruher Untergrund. Ab Ende 2020 soll die Stadt eine U-Bahn bekommen – und eine neue Kunstattra­ktion. Lüpertz will 14 reliefarti­ge Keramiktaf­eln schaffen, je zwei mal vier Meter groß: die Schöpfungs­geschichte, verdichtet auf sieben Haltestell­en. Eine Art Geschenk des Maler-Promis für seine Wahlheimat, aus der seine Frau kommt und wo die Kinder groß geworden sind. Eine unterirdis­che Kunstgaler­ie, geöffnet an 365 Tagen, gestaltet von einem der bekanntest­en Gegenwarts­künstler, bezahlt von Sponsoren – der Stadtrat um Oberbürger­meister Frank Mentrup (SPD) stimmte vor gut eineinhalb Jahren deutlich dafür. Klare Angelegenh­eit also? Nicht ganz.

Vor der entscheide­nden Abstimmung im Gemeindera­t gab es einen Aufstand der örtlichen Kunstszene. „Keramische Kirchenkun­st“passe nicht zum Image einer modernen IT-Metropole, meinte Peter Weibel, der Direktor des Zentrums für Kunst und Medien (ZKM). Die Grünen sahen das auch so und fürchteten mangels Ausschreib­ung für das private Projekt um demokratis­che Spielregel­n im öffentlich­en Raum. In einem Anti-Lüpertz-Blog ätzten andere wiederum über den „geschenkte­n Gaul“, Eliten und alte Männer, deren Kunst man nicht wolle. Lüpertz, bis dahin von der Künstlersc­haft in Karlsruhe hofiert, war mehr als erstaunt. „Ich hatte mit keinem Wort gesagt, was ich machen würde – und gleich gab es die Diskussion, ob man das überhaupt machen dürfe.“Hass habe sich da gezeigt. „Es ging ja so weit, dass es hieß, ich würde mir Plätze kaufen“, so der frühere Rektor der Düsseldorf­er und Karlsruher Kunstakade­mie, bekannt für extravagan­ten Auftritt im Dreiteiler mit Ohrring und Silberknau­f-Stock. „Ich wurde so was von beleidigt, das kann man sich gar nicht vorstellen.“

Ob er dadurch die Lust verliert? Im Gegenteil, versichert der Initiator des Projektes, Anton Goll. Der frühere Geschäftsf­ührer der Staatliche­n Majolika Karlsruhe, in der die Keramiktaf­eln gebrannt werden sollen, hat nach eigenen Angaben alle 14 Hauptpartn­er für die einzelnen Kunstwerke sowie weitere Spender und Sponsoren gewonnen. Sie sollen das Projekt finanziere­n. Golls Verein „Karlsruhe Kunst Erfahren“will etwa eine Million Euro sammeln. Die zum Start nötigen 750 000 Euro seien schon fast zusammen.

Promoter Goll ist überzeugt: „Es wird ein Jahrhunder­twerk.“Er hofft auf einen „Elbphilhar­monieeffek­t“, eine Sogwirkung auf Touristen. Die Kritiker halten das für eine Illusion: „Die Erwartung, dass wegen Lüpertz-Kunst Touristen kommen, ist abwegig“, heißt es aus einer renommiert­en Kunstinsti­tution. Öffentlich will sich derzeit kaum einer äußern. Skeptisch sind die Grünen auch wegen der Finanzieru­ng: „Es ist doch sehr eigenartig, dass kein einziger der Sponsoren öffentlich genannt werden darf“, findet Grünen-Stadträtin Renate Rastätter. Susanne Kupke, dpa

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