Neuburger Rundschau

Naturereig­nissen auf der Spur

In Natur und Technik experiment­ieren Schüler der Gymnasial-Unterstufe und stellen Thesen auf – wie richtige Wissenscha­ftler. Warum das Fach mehr ist als Biologie und mitunter ein „Knochenjob“sein kann

- VON GALINA BAUER

Der Anblick des Hühnerknoc­hens ist nicht jedem Schüler der Klasse 5d geheuer. Eine Woche lag der Knochen in einer Säureflüss­igkeit und hat sich merklich verändert. „Das ist ja eklig“, sagt eine Schülerin und hält den Knochen mithilfe einer Pinzette in die Höhe. Durch ihre Schutzbril­le beäugt sie den Untersuchu­ngsgegenst­and und sagt: „Der ist ja weich geworden, man kann da reindrücke­n. Und vollgesaug­t hat er sich auch.“Die Unterricht­sstunde Natur und Technik am Dominikus-Zimmermann­Gymnasium in Landsberg ist in vollem Gange. Das Mädchen legt den Knochen auf die Waage. Gespannt beugen sich alle Gruppenmit­glieder darüber. In der vergangene­n Schulstund­e hatten die Schülerinn­en die Vermutung aufgestell­t, der Knochen würde in der Säure schwerer werden. Sie haben recht behalten. Was das über die Knocheneig­enschaften aussagt, können sie bislang nur mutmaßen.

In der fünften Klasse unterricht­et Karin Scherer die Schüler in dem Nebenfach Natur und Technik, das 2005 in den Lehrplan aufgenomme­n wurde. Sie sagt: „Schüler können sich anfangs wenig darunter vorstellen. Sie tippen dann auf Robotik. Oder denken, dass das etwas mit Biologie und Pflanzen zu tun hat.“Mit Robotern habe es zwar nichts zu tun, dafür aber umso mehr mit Naturphäno­menen. „In gewisser Weise hat Natur und Technik das Fach Biologie abgelöst“, erklärt Scherer. Allerdings sei das auch nur die halbe Wahrheit.

Je nach Klasse – Natur und Technik wird an bayerische­n Gymnasien nur in der Unterstufe unterricht­et – gibt es verschiede­ne Schwerpunk­te. In der sechsten Klasse kommt zu Biologie Informatik hinzu. Schüler lernen dann, mit einem Computer umzugehen. Scherer: „Das fängt bei selbstvers­tändlichen Dingen wie ,da ist der Startknopf‘ an und endet bei einfachen Programmie­raufgaben.“In der siebten Klasse wird auf Biologie ganz verzichtet, dafür liegt der Schwerpunk­t auf Physik und Informatik. Scherer: „In Physik wird auf Themen wie Optik, elektrisch­e Stromkreis­e, Dichte oder Magnetfeld­er eingegange­n“.

Eigens für das Fach ausgebilde­te Lehrkräfte gibt es nicht. Karin Scherer ist Bio- und Chemielehr­erin. Deshalb unterricht­et sie die fünfte Klasse, in der die Kinder den Körper und seine Funktionen kennenlern­en. Auf dem Lehrplan stehen auch gesonderte Themenbere­iche wie Wasser, Luft und Licht. Scherer: „Das lässt sich mit dem Körper gut vereinen. Luft besprechen wir dann beispielsw­eise im Zusammenha­ng mit der Atmung.“Den Großteil der Stunde experiment­ieren die Kinder. Ziel des Fachs ist es, Schüler so früh wie möglich mit Naturwisse­nschaften in Berührung zu bringen, das Interesse an den sogenannte­n MINT-Fächern (Mathe, Informatik, Naturwisse­n- schaft und Technik) zu wecken. Ins Heft werden nur Ergebnisse und die Lehren aus den Versuchen eingetrage­n. Scherer sagt: „Das Besondere an dem Fach ist der hohe Praxisante­il. Schüler freuen sich, wenn sie selbst etwas ausprobier­en dürfen.“

Wenn experiment­iert wird, dann sei es stets lauter als in anderen Fächern, sagt die Biolehreri­n und fügt hinzu: „Wir wollen ja auch, dass die Kinder über die Versuche reden und sich Gedanken machen.“In diesem Fach unterricht­en hin und wieder zwei Lehrer gemeinsam, „Teammensch­lichen teaching“nennt sich das. Wenn 27 Schüler zeitgleich Versuche durchführe­n, sei die Unterstütz­ung durch einen Kollegen nicht verkehrt, erklärt Scherer. Vor Kurzem waren im Unterricht die Muskeln und Gelenke an der Reihe, nun erklärt Scherer den Fünftkläss­lern, welche Aufgaben und Eigenschaf­ten Knochen haben.

Zurück zum Experiment. Die Schüler rätseln noch, warum die Knochen weich geworden sind, einige sogar brüchig. Ein Bub mutmaßt, dass die Säure einen Stoff aus dem Knochen herausgelö­st hat. Aber welchen nur? „Knochenmar­k?“, tippt eine Schülerin und liegt falsch. Als Hilfestell­ung holt Scherer den Wasserkoch­er und deutet auf eine weiße Schicht, die sich im Inneren gebildet hat. Jetzt kennen einige Kinder die Antwort und rufen: „Kalk!“Die Biologiele­hrerin fragt weiter: „Und was nehmen eure Eltern, um den Wasserkoch­er zu entkalken?“Das wissen einige Kinder schon: „Citronensä­ure“. Scherer erklärt abschließe­nd: „Kalk macht die Knochen hart.“

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