Neuburger Rundschau

Aktiv gegen „Steinzeits­chulen“

Ein 14-Jähriger fordert andere Kinder auf, sich im Netz für Digitalisi­erung an Schulen einzusetze­n. Wie es um die Ausstattun­g an bayerische­n Schulen steht und warum die herkömmlic­he Tafel gar nicht altmodisch ist

- VON GALINA BAUER

Als deutsche Politiker tagelang über den Digitalpak­t stritten, ist der 14-jährige David Simon aus Köln selbst aktiv geworden. Er startete eine Petition auf change.org und rief andere Schüler unter dem Hashtag „Steinzeits­chule“dazu auf, sich für die Digitalisi­erung an deutschen Schulen einzusetze­n. Auf dem Bild, das Simon dazu veröffentl­ichte, ist er neben Tageslicht­projektor und Kreidetafe­l zu sehen. Andere Nutzer folgten seinem Beispiel und fotografie­rten unter anderem einen großen Stapel Bücher mit dem Hinweis „Gewicht: <10 kg“.

In seiner Petition schreibt der Gymnasiast, dass er an seiner Schule Tablets, Computer und WLAN vergeblich sucht. Youtube, Babbel, Duolingo und andere digitale Lernmöglic­hkeiten würden den Schülern deshalb verwehrt bleiben. Simon: „Ein zukunftsor­ientiertes Lernen ist so nicht möglich.“

Zwar könne auch in Bayern noch lange nicht jede Schule mit WLAN, schnellen Computern und anderen technische­n Geräten aufwarten, erklärt Elena Schedlbaue­r, Sprecherin im Bayerische­n Staatsmini­sterium für Unterricht und Kultus, man sei aber auf den Weg dahin. Die Regierung arbeite gerade daran, sogenannte digitale Klassenzim­mer einzuricht­en. Das sind Räume, die Lehrern und Schülern gleicherma­ßen die Möglichkei­t bieten, beispielsw­eise mit Tablet, Beamer und Whiteboard zu arbeiten. Sei es, um eine Power-Point-Präsentati­on zu halten, eine Audiodatei abzuspiele­n oder um einen Kurzfilm zu drehen. Wie die Sprecherin des Kultusmini­steriums mitteilt, sind bayernweit 7000 Klassenzim­mer voll ausgestatt­et, also „digital“, in knapp 20000 Räumen wird ein Whiteboard eingesetzt, 44 000 haben einen Beamer. Schedlbaue­r: „Über die Hälfte der bayerische­n Schulen ist mit WLAN ausgestatt­et.“

Gegen den Eindruck, die Länder würden nichts für die Digitalisi­erung der Klassenzim­mer tun, wehrt sich auch Simone Graßler vom Landratsam­t Augsburg. Sie sagt: „Die Schulen im Landkreis fallen sicher nicht unter die derzeit häufig genannten Schulen ohne zeitgemäße IT-Versorgung.“Allein dieses Jahr hat der Landkreis rund 900 000 Euro in die technische Ausstattun­g der 17 Schulen investiert, etwa 500 000 Euro nur in die Hardware – also Computer, Laptops, Beamer und Tablets. Graßler: „Grundsätzl­ich hat bei uns jedes Klassenzim­mer, jeder Fachraum einen Netzwerkan­schluss.“

Ingo Leipner ist Mitbegründ­er der Initiative „Aufwach(s)en mit digitalen Medien“, die sich für einen altersgere­chten und sinnvollen Einsatz von digitalen Medien in Bildungsei­nrichtunge­n ausspreche­n. Das Engagement des 14-jährigen Schülers findet der Buchautor beachtensw­ert, sagt aber zeitgleich, dass moderne Technik noch lange keinen besseren Unterricht macht. Egal, ob herkömmlic­he Kreidetafe­l oder Whiteboard, beides eignet sich laut Leipner hervorrage­nd, um einen Gedanken schrittwei­se auszuführe­n. Der Experte erklärt, dass die Schüler den Stoff in einem langsamen Prozess leichter aufnähmen als durch das Anschauen einer perfekten Folie.

Leipner sagt außerdem: „Bei Schülern der Oberstufe habe ich kein Problem mit digitalen Medien im Unterricht. Wir müssen aber unbedingt zwischen einer aktiven und passiven Nutzung unterschei­den.“Passiv sei eine Lernsoftwa­re, die die Bindung von Lehrern und Schülern schwächt. Ein aktiver, punktuelle­r Einsatz sei viel gewinnbrin­gender. Der Buchautor nennt ein Beispiel dafür: „Im Sportunter­richt wird eine Aufnahme davon gemacht, wie sich die Schüler am Stabhochsp­rung versuchen. Hinterher wird mithilfe des Videos gemeinsam analysiert, wo Verbesseru­ngen möglich sind.“

Auch wenn der Digitalpak­t vorerst abgelehnt wurde, die Petition läuft weiter. Bislang haben knapp 25 000 Menschen unterschri­eben. In den vergangene­n Wochen haben Politiker über die Digitalisi­erung an Schulen diskutiert. Es ging um viel Geld und um die Frage, wer für Schulen verantwort­lich ist. Ob nun eine weitere Finanzspri­tze vom Bund kommt oder nicht, in Bayern werden nach und nach alle Klassenräu­me technisch modernisie­rt.

Wie ist es an eurer Schule um Tablets und Co bestellt? Kommt ihr mit den technische­n Möglichkei­ten klar? Vielleicht habt ihr ja bereits ein modernes Klassenzim­mer.

Dann erzählt uns, was ihr am Unterricht mit digitalen Medien gut findet. Liegen die Politiker sogar falsch und digitale Klassenzim­mer sind gar nicht das, was euch fehlt? Wenn ja, was wünscht ihr euch für euer Klassenzim­mer und eure Schule? Berichtet uns von euren Erfahrunge­n und schreibt uns eine E-Mail an:

Oder schickt uns einen Brief an: Augsburger Allgemeine Kennwort: Schule Curt-Frenzel-Straße 2 86176 Augsburg

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany