Plastik bleibt draußen
Handel In Ingolstadt gibt es seit Kurzem einen Unverpackt-Laden. Kunden können sich die Waren selbst abfüllen, nichts ist in Folien oder Becher verpackt. Wie das funktioniert
Ingolstadt Das Reisen hat ihnen die Augen geöffnet. Die schönsten Strände hatten die jungen Leute vor sich – und dann wirbelte der Wind unzählige Plastiktüten durch die Idylle. Landschaften – übersät von Plastikmüll. Das sollte doch zu ändern sein, dachten sich Andreas Kuhn und sein Freund Simon Stapf. Kann man nicht einfach auf all das Plastik verzichten? Rund drei Jahre nach den ersten Gedankenspielen und einer langen Suche nach einem geeigneten Laden ist Nurinpur entstanden, der erste Unverpackt-Laden in Ingolstadt.
Eine Kundin steht dort etwas ratlos vor dem Kosmetik-Regal. Vor sich zahlreiche Shampoos: MelisseHanf, Kornblume-Zitrone oder doch lieber Orange-Salbei? Noch mehr als der Duft beschäftigt sie aber die Frage: Wie funktioniert das eigentlich? Haarewaschen mit einem Shampoo, das aussieht wie ein Stück Seife? Die vier Gründer – zu Stapf und Kuhn sind nach deren Teilnahme beim Ingolstädter Gründerpreis noch Kathrin Mantel und Barbara Cremerius dazugestoßen – müssen viele Fragen beantworten in ihrem Laden, den es seit Mitte Oktober gibt. Die zum Beispiel, wie man mit Zahnputztabs die Zähne sauber bekommt. „Einfach im Mund zerkau- en und dann putzen“, erklärt Stapf. Gerade der enge Kontakt mit den Kunden sei das Schöne am Laden, berichtet Mantel: „Wir können zu fast jedem Produkt eine Geschichte erzählen.“Wo es herkommt, wie es produziert wurde, welche Inhaltsstoffe drin sind. Nach nicht einmal drei Monaten gibt es bereits die ersten Stammkunden.
Sie kommen mit Körben, Stofftaschen, Gläsern oder auch Plastikboxen und -flaschen, die sie immer wieder auffüllen. Die Kunden wie- gen ihre Behälter, schreiben das Leergewicht drauf und füllen ein, was sie brauchen: Sonnenblumenöl oder Haselnüsse (aus der Hallertau), Kastaniennudeln oder Kokosblütenzucker. Getreide und Kaffee kann noch vor Ort gemahlen werden, bald soll eine Nussmusmaschine in Betrieb gehen. Die angebotenen Waren erfüllen alle – bis auf einen regionalen Honig – Bio-Standards.
Viele Kunden nutzen die Möglichkeit, auch einmal nur kleinste Mengen zu kaufen, gerade Alleinstehende. Vom Erfolg sind die Gründer selbst überrascht worden. Aber als bei einer Crowdfundingaktion, bei der Gelder und Spenden für die Neueröffnung gesammelt worden sind, fast 300000 Euro zusammengekommen sind, haben sie gesehen: Es gibt Menschen, die glauben an unserer Projekt und die wollen diesen Laden in Ingolstadt haben. Und in Ingolstadt gibt es Leute, die ihr Geld bewusst in plastikfreie Lebensmittel investieren wollen.
Im kleinen Haus in Bahnhofsnähe, das die Gründer selbst renoviert haben, gibt es aber nicht nur den Laden, auch ein kleines Café gehört zu Nurinpur und an einigen Tagen wird auch ein Mittagstisch angeboten – gekocht mit Waren aus dem Laden.
Über kurz oder lang soll das Häuschen eine Anlaufstelle werden für Menschen, die plastikfrei leben wollen. Geplant sind Zero-WasteSeminare, im großen Garten hinter dem Haus mit alten Bäumen soll ein kleines Café entstehen, Kathrin Mantel schweben schon Open-AirKinoabende vor.
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Informationen Nurinpur befindet sich in der Nähe des Hauptbahnhofs, Am Pulverl 13. Weitere Infos, auch zu den Öffnungszeiten, gibt es im Internet unter www.nurinpur.de