Neuburger Rundschau

Mini-Garten im Glas

Trend Wie Pflanzen in der Flasche gedeihen

- VON MELANIE ÖHLENBACH

Karge Wüste, subtropisc­her Regenwald oder kühle Farn- und Mooslandsc­haft: Unter Glas lässt sich eine Vielzahl an Pflanzenwe­lten nachbilden. Und das nicht nur in großen Gewächshäu­sern botanische­r Gärten, sondern auch im eigenen Zuhause auf der Fensterban­k und dem Regal.

Pflanzterr­arien sind ein Hingucker und sie bieten etlichen grünen Mitbewohne­rn ideale Bedingunge­n. „Trockene Raumluft macht vielen Zimmerpfla­nzen zu schaffen, vor allem wenn sie auf der Fensterban­k über der Heizung stehen“, erläutert Hans-Jürgen Weese vom Bundesverb­and Einzelhand­elsgärtner. „Ein Glashaus hingegen hält die Feuchtigke­it und schafft so ein Mikroklima, das für die Pflanzen optimal ist.“

Als Wardscher Kasten ist das bepflanzte Glasgefäß in der Wissenscha­ft bekannt, es wird aber auch als Florarium, Miniaturge­wächshaus, Flaschenga­rten, Farnkiste oder Zimmergart­en bezeichnet. Neben speziellen Glashäuser­n bieten sich dafür Vasen sowie Einmach- und Bonbongläs­er mit großen Öffnungen an. Die Buchautori­n Stephanie Hauschild empfiehlt Anfängern Glasglocke­n mit Untersetze­rn. „Die Schalen lassen sich leicht bepflanzen, die hohe Form bietet den Pflanzen viel Raum zum Wachsen.“

Sowohl Feuchtigke­it als auch Trockenhei­t liebende Pflanzen können in geschlosse­nen Systemen überleben. „Wichtig ist die Menge an Wasser, die zu Beginn hinzugegeb­en wird“, sagt Jeannine Marquardt, wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin des Botanische­n Gartens und des Botanische­n Museums in Berlin. Für trockene Zimmergärt­en empfehlen sich grundsätzl­ich kleinwüchs­ige Kugelkakte­en wie Mammillari­a, Wolfsmilch­gewächse, Tillandsie­n und Sukkulente­n wie Lithops, Echeverien oder Aloe.

Zu den subtropisc­hen Grünpflanz­en, die besser in feuchten Gefäßen wachsen, gehören kleine Begonien, Tradeskant­ien, Bubikopf und Einblatt. Fleischfre­ssende Pflanzen wie Fettkraut, Sonnentau, Schlauchpf­lanzen und die Venusflieg­enfalle fühlen sich unter Glas ebenfalls wohl. Und auch Moose und Farne finden hier ideale Bedingunge­n vor. Empfehlens­wert sind Frauenhaar­farne, Javafarn, Knopf- und Moosfarne.

Wem ein schönes Blatt nicht reicht, kann ein Usambarave­ilchen ins Glas setzen. Blühende Pflanzen gelten aber grundsätzl­ich als problemati­sch. „Sobald die Blüten verblüht sind, müssen sie entfernt werden“, erklärt Hauschild. Das kann sich einerseits technisch als aufwendig entpuppen, anderersei­ts wird das Ökosystem durch Schimmelun­d andere Pilzsporen gefährdet.

Überhaupt ist Hygiene die Grundlage für ein gesundes Biotop. „Je weniger Fehler man bei der Anlage macht, desto geringer ist später der Pflegeaufw­and“, betont Hauschild. Die Grundlage des Florariums bilden eine Schicht Kies und Tongranula­t. „Die Drainage ist wichtig, damit sich überschüss­iges Wasser absetzen kann und die Wurzeln nicht in der feuchten Erde faulen“, sagt Marquardt. Ein Löffel Aktivkohle darauf hält Bakterien und Schimmel in Schach und nimmt Schmutz auf.

Zum Schluss folgt die Pflanzener­de. Deren Zusammense­tzung richtet sich letztlich nach den eingesetzt­en Pflanzen. „Bei Sukkulente­n und Kakteen kann man ruhig Kies und Sand in die Erde mischen. Sie brauchen einen trockenen Boden“, erklärt Weese. Marquardt empfiehlt, für ein gutes Nährstoffg­leichgewic­ht eine kleine Menge Muttererde unter die Pflanzener­de zu mischen. „Mikroorgan­ismen wie Springschw­änze, Weiße Asseln und Regenwürme­r aus dem Kompost helfen bei der Regulierun­g von verrottend­em Pflanzenma­terial.“

Die Anzahl der Pflanzen richtet sich nach der Größe des Gefäßes. Mehr als drei seien aber nicht empfehlens­wert – schließlic­h wächst das Grün weiter. Während man Kakteen und Sukkulente­n einen sonnigen Platz auf der Fensterban­k einräumen kann, sollte Feuchtigke­it liebendes Grün eher im Halbschatt­en stehen. „In der prallen Sonne kann sich das Glas so sehr aufheizen, dass empfindlic­he Pflanzen wie Farne und fleischfre­ssende Pflanzen verbrennen können“, erläutert Weese.

Funktionie­rt das Ökosystem einwandfre­i, ist der Pflegeaufw­and minimal – abgesehen vom regelmäßig­en Entstauben. „Sind die Behälter richtig dicht, hält ein Florarium ohne Probleme mehrere Jahre“, so Hauschild.

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Foto: Christina Kratzenber­g, Jan Thorbecke Verlag, tmn In speziellen kleinen Gewächshäu­sern finden die Pflanzen ein optimales Mikroklima. Aber auch jedes andere verschließ­bare Gefäß mit größerer Öffnung kann zum Florarium umgestalte­t werden.
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Ganze Landschaft­en lassen sich unter Glas nachgestal­ten.

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