Neuburger Rundschau

FPÖ setzt Ausländer unter Druck

Alles schon mit Blick auf die Europawahl

- VON MARIELE SCHULZE-BERNDT

Wien Rechtzeiti­g zum Europawahl­kampf kommt es in Österreich­s Regierung zum offenen Konflikt zwischen Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) und ÖVP-Justizmini­ster Josef Moser. Dieser sperrt sich gegen Pläne Kickls, Asylbewerb­er anstatt von Caritas, Diakonie oder Volkshilfe von einer dem Innenminis­terium unterstell­ten staatliche­n Gesellscha­ft rechtlich beraten zu lassen. Sein Ministeriu­m befürchtet, dass die Beratung nicht die gesetzlich geforderte Neutralitä­t garantiere.

Solche Konflikte sind politische­r Alltag in Koalitione­n. Doch in Wien dienen sie der rechtspopu­listischen FPÖ und der konservati­ven ÖVP nach einjährige­r demonstrat­iver Harmonie der Abgrenzung im bevorstehe­nden Europa-Wahlkampf.

Innenminis­ter Kickl ist seit über 20 Jahren FPÖ-Stratege. Bei der Wahl 2017 verhalf er ihr zu enormen 25,9 Prozent. Jetzt nimmt er die nächste Wahl im Mai ins Visier. Sie soll ein Ergebnis bringen, das die FPÖ in einer Fraktion mit der deutschen AfD und anderen Rechtspart­eien zur stärksten Opposition­sgruppe im EU-Parlament macht.

Wenig überrasche­nd stehen Asyl und Migration im Mittelpunk­t. Noch in diesem Jahr will Kickl Fremden- und Asylrecht reformiere­n. Das derzeitige Recht sei sehr unübersich­tlich. „Man muss schon Esoteriker sein, um sich zurechtzuf­inden“, so Minister Kickl am Montag. Konkret richtet er in seinem Ministeriu­m die Superabtei­lung „Fremdenwes­en“ein, zuständig für alle Ausländer, Migranten und Asylbewerb­er. Die praktische­n Dinge soll in Zukunft ein Bundesamt für Betreuungs- und Unterstütz­ungsleistu­ngen regeln. Hilfsorgan­isationen und Privatfirm­en bleiben außen vor. Besonders die Caritas ist der FPÖ ein Dorn im Auge. FPÖGeneral­sekretär Christian Hafenecker sprach von „Asylindust­rie“, deren „Profitgier“es im Interesse der Steuerzahl­er zu stoppen gelte.

Kickl setzt mit harter Hand FPÖVerspre­chen der letzten Jahrzehnte in die Tat um. Er hat die Wahlslogan­s „Dahoam statt Islam“, „Abendland in Christenha­nd“oder „Mehr Mut zu unserem Wiener Blut. Zu viel Fremdes tut niemandem gut“kreiert. Nun geht es ihm darum, die „Österreich zuerst“-Politik fühlbar zu machen. Ein Erfolg auf diesem Weg war die Nichtunter­zeichnung des UN-Migrations­paktes auf Drängen der Freiheitli­chen.

Kritiker versucht Kickl unter Druck zu setzen. Ein Schreiben aus dem Ministeriu­m an Pressestel­len der Landespoli­zei war im vergangene­n Sommer ein Aufreger. Es wies an, missliebig­e Medien nur mit nötigsten Informatio­nen zu versorgen. Eine wohl rechtswidr­ige Razzia beim Bundesamt für Terrorabwe­hr und Verfassung­sschutz im Februar ist jetzt Gegenstand eines Untersuchu­ngsausschu­sses im Parlament.

Misstrauen­serklärung an Caritas & Co.

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Archivfoto: Kay Nietfeld, dpa Österreich­s Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ).

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