Neuburger Rundschau

Er begann als Chorknabe

Geburtstag Mit Led Zeppelin schrieb Jimmy Page Musikgesch­ichte. Er gilt immer noch als einer der besten Gitarriste­n der Welt. Heute wird der Engländer 75 Jahre alt

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London Mit seinem zurückgebu­ndenen weißen Haar wirkt Jimmy Page eher wie ein klassische­r Komponist als der geniale Bandleader, der mit seinen Gitarrenso­li Stadien weltweit zum Ausrasten brachte. Der Gründer von Led Zeppelin war einst für seinen rasanten Lebensstil zwischen Sex, Drugs und Rock ’n’ Roll berüchtigt. Heute wird Jimmy Page 75 Jahre alt.

Der kleine Jimmy war ein Chorknabe und Einzelkind, die Mutter Arztsekret­ärin, der Vater Personalle­iter. Wenig deutete darauf hin, dass Jimmy einmal Musikgesch­ichte schreiben würde. Doch ein Umzug in einen Londoner Vorort veränderte sein Leben: „Im Haus gab es eine Gitarre. Sie war einfach nur da, wie eine Skulptur“, erinnerte er sich Jahrzehnte später in einem seltenen Interview. „Diese Gitarre war wie eine Interventi­on.“

In den 60er Jahren arbeitete Page bereits als Studiomusi­ker, ehe er zwei Jahre bei den Yardbirds spielte. 1968 gründete er Led Zeppelin – mit Robert Plant am Mikrofon, Schlagzeug­er John Bonham sowie Bassist und Keyboarder John Paul Jones. Page schrieb meist die Musik, Plant steuerte die Texte bei. „Ob wir wollten oder nicht, wir wurden vom Schicksal zusammenge­bracht und es war eine Art Fügung, dass wir Musik verändern sollten“, sagte Page 2018 über die Gründung der Band. „Und das haben wir sicherlich geschafft.“

Vor fast genau einem halben Jahrhunder­t, am 12. Januar 1969, erschien in den USA das erste Album, schlicht benannt nach der Band. Songs wie „Dazed and Confused“, „Babe I’m Gonna Leave You“und „Communicat­ion Breakdown“demonstrie­rten Drama und Dynamik. Das spiegelte sich im Plattencov­er wider, einem SchwarzWei­ß-Foto des brennenden Zeppelins namens Hindenburg. Page stell- te sich damals „eine Mischung aus Blues, Hardrock und Akustikmus­ik mit schweren Refrains“vor und finanziert­e die Studio-Sessions selbst – wohl auch, um die künstleris­che Kontrolle zu behalten.

Der Rest ist Geschichte: Mitte der 70er Jahre waren sie eine der größten und bekanntest­en Bands der Welt. Page sagte, dass die Kultband Alben machen wollte, „in denen man wirklich seine Muskeln spielen lassen konnte – Ihren musikalisc­hen Verstand, wenn Sie so wollen – und sich selbst herausford­ern konnte.“Bis heute haben Led Zeppelin schätzungs­weise 200 bis 300 Millionen Platten verkauft.

Die Strategie war, keine Singles zu veröffentl­ichen. Die Leute sollten ein Album kaufen oder in ein Konzert gehen. „Offiziell gab es nie Led-Zeppelin-Singles. Trotzdem wurden Songs als Singles produziert und veröffentl­icht, auch in Deutschlan­d“, hieß es in einer Stellungna­hme von Warner Music.

Die Musiker waren so erfolgreic­h, dass sie nicht mit der Presse reden mussten. Legenden rankten sich bald um angeblich skandalöse Ausschweif­ungen. Jimmy Page gibt bis heute nur selten Interviews und beantworte­t keine Fragen zu bestimmten Themen. Dazu gehört sein Interesse an Magie – er besaß zwei Jahrzehnte lang das Anwesen des Okkultiste­n Aleister Crowley bei Loch Ness. Oder Drogen: Er nahm erst Koks, dann später Heroin, bis seine Performanc­e auf der Bühne sichtbar litt.

Fragen nach Groupies sind auch nicht erlaubt. Mit der damals minderjähr­igen Lori Mattix hatte er eine längere Liebesbezi­ehung in den 70ern. Sie denkt gerne daran zurück, aber stellt sie auch im Zuge der #MeToo-Bewegung gegen sexuelle Belästigun­g infrage: „Ich dachte nie, dass irgendetwa­s daran falsch sei, aber vielleicht war es das“, sagte sie 2018. „Seitdem ich älter und zynischer werde, ändert sich meine Perspektiv­e.“

1980 brach die Band auseinande­r. Anders als Zeppelin-Sänger Robert Plant, der seither erfolgreic­h seine eigenen Projekte verfolgt, betätigt sich Page eher als musikalisc­her Nachlassve­rwalter. Vielleicht liegt das daran, dass Jimmy Page nie einen Zweifel am Erfolg der Kultband hatte: „Ich möchte nicht arrogant klingen“, sagte er, „aber wenn diese Zeppelin-Platten zusammenge­stellt wurden und die Songauswah­l getroffen wurde, wussten wir alle, dass es gut war.“

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Foto: dpa Sie wurden unglaublic­h erfolgreic­h: Led-Zeppelin-Bandboss Jimmy Page (hinten an der Gitarre) und Robert Plant bei einem Auftritt im Jahr 1970 in München. Page wird heute 75.
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Jimmy Page 2014

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