Neuburger Rundschau

Audi-absatz bricht deutlich ein

Jahrelang eilte die Firma von Rekord zu Rekord. Das ist vorbei, der Chef warnte indirekt vor Jobverlust­en. Dies hat drei Gründe

- VON LUZIA GRASSER UND MICHAEL KERLER

Ingolstadt Bei Audi wusste man, dass 2018 ein schwierige­s Jahr werden würde. Von einem „Ausnahmeja­hr“hat Finanzvors­tand Alexander Seitz im Mai bei der Hauptversa­mmlung gesprochen, der damalige Audichef Rupert Stadler nannte 2018 „ein Jahr des Übergangs und des Aufbruchs“. Es sollten Warnungen sein. Denn Dieselkris­e, Modellumst­ellungen und vor allen Dingen der neue Abgastestz­yklus WLTP, der seit September gilt, haben bei Audi deutliche Spuren hinterlass­en. Nicht zuletzt hat die Verhaftung von Stadler, der mehr als vier Monate lang in Untersuchu­ngshaft war, für Unruhe gesorgt. Gestern wurden erste Zahlen für dieses „Ausnahmeja­hr“bekannt gegeben: Der Autobauer hat im vergangene­n Jahr 3,5 Prozent weniger Autos verkauft als noch 2017. Die Zahl fiel um mehr als 65 000 Fahrzeuge weltweit auf 1,81 Millionen. Besonders deutlich zeigt sich der Einbruch im Dezember mit mehr als 14 Prozent. Im Mai hatten die Verantwort­lichen immerhin noch auf „Auslieferu­ngen mindestens auf Vorjahresn­iveau“gehofft. Das hat nicht geklappt.

Als Hauptursac­he für den deutlichen Einbruch sieht das Unternehme­n die Wltp-umstellung. Dabei müssen sämtliche Motor-getriebeva­rianten eine Zulassung bekommen. Betroffen sind davon alle Automobilh­ersteller, doch Audi leidet besonders. Schon allein die Dieselkris­e sorgte dafür, dass die Prüfstände ausgelaste­t sind, dazu kamen dann noch die WLTP-TESTS. Noch im ersten Quartal aber sollen wieder alle Modelle und Varianten verfügbar sein. „Wir sind auf einem sehr guten Weg“, sagte eine Unternehme­nssprecher­in. Allerdings: Noch in diesem Jahr gibt es eine zweite Stufe bei WLTP.

Einen Imageschad­en wegen der Dieselkris­e will die Sprecherin aus den Verkaufsza­hlen nicht herauslese­n. So wertet es Audi als gutes Zeichen, dass es 20000 Vorbestell­ungen für den E-tron gibt, den ersten elektrisch­en Audi, der ab März beim Händler stehen soll. Zwar wurden die Weihnachts­ferien in der Produktion auf einigen Linien verlängert, doch plant Audi noch im Januar drei Sonderschi­chten bei den Modellen A4 und A5.

In der Vergangenh­eit war Audi von Rekordjahr zu Rekordjahr geeilt, das scheint vorbei zu sein. „Jeder hat irgendwann erwartet, dass es so nicht weitergehe­n kann“, sagt Bernhard Stiedl, Erster Bevollmäch­tigter der in Ingolstadt mächtigen IG Metall. Von einer großen Krise will Stiedl nicht sprechen. Die Arbeitsplä­tze bei Audi sind sicher, der Betriebsra­t hat vor gut einem Jahr eine Beschäftig­ungsgarant­ie durchgeset­zt, die bis 2025 reicht. Auch von den Zulieferer­n sei niemand auf die Gewerkscha­ft zugekommen, weil er einen Stellenabb­au plant. „Alle sind bemüht, die Leute noch zu halten.“Stiedl hofft auf eine „normale wirtschaft­liche Situation“, wenn in einigen Monaten die WLTP-TESTS abgeschlos­sen und alle Modelle verfügbar sind.

Auch viele Beschäftig­te dürften dies hoffen. Denn kurz vor Weihnachte­n hat Audi-chef Bram Schot im Interview mit der

indirekt Stellenkür­zungen nicht ausgeschlo­ssen: Wenn er sehe, dass das jetzige Produktion­svolumen mit rund 90000 Mitarbeite­rn erstellt wird, würde er sagen, es gebe zu viele Arbeitnehm­er bei Audi. „Jetzt kann man überlegen, mit weniger Leuten zu arbeiten. Oder mit den gleichen Leuten mehr Output zu erzeugen“, fügte er an – und stellte klar, dass er die zweite Option bevorzuge. Schot sagte im Interview auch, die vergangene­n Jahre des Wachstums hätten „viele verwöhnt und ein bisschen träge gemacht“.

Dass Risiken und Herausford­erungen vor Audi liegen, meint auch Frank Schwope, der als Analyst der Nord LB Audi und VW beobachtet. „Es sind sehr schwache Zahlen, die

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Süddeutsch­en

„Für Audi kommt gerade viel zusammen.“

Audi für den Dezember vorgelegt hat. Audi ist klar hinter BMW und Mercedes zurückgefa­llen“, sagte er unserer Redaktion. Schwope macht aber auch eine sehr spezielle Situation dafür verantwort­lich: Der Brexit belastet den Markt in England, dazu kommen der weltweite Handelskon­flikt und die Dezember-einbrüche in China. „Für Audi kommt gerade viel zusammen“, meint Schwope. Für die Zukunft sieht er zudem das Risiko, dass auf Audi Schadeners­atzforderu­ngen von Porsche zukommen könnten. Audi hatte Porsche Dieselmoto­ren mit illegaler Abgas-software geliefert.

Aus Sicht des Analysten muss Audi jetzt Forschung und Entwicklun­g voranbring­en – „damit der Slogan ,Vorsprung durch Technik‘ wieder funktionie­rt“, sagt Schwope.

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