Beton ist doch eine Lösung
Die Sonne reißt den Grantler aus seinem Winterschlaf. Er reibt sich die Augen, schlurft zur Terrasse und streckt vorsichtig einen Zeh ins Freie. Ist es schon so weit, Zeit für seinen ersten obligatorischen Stadtrundgang des Jahres? Von wegen. „Sacklzement!“, donnert es durch die Nachbarschaft. „Viel zu kalt, um rauszugehen“, flucht der Ur-Neuburger in seinen verwilderten Bart. Das Licht hat ihm einen Streich gespielt. Jetzt, da er eh schon wach ist, kommt ihm eine Idee: In der Garage steht sein weinroter Mercedes, Baujahr 80 – damit könnte er eine Runde wagen, eine ganz kleine. Kurz darauf stottert sich der Motor auf Betriebstemperatur, das Gebläse wirbelt heiße Luft in Richtung Lenkrad und mit der Sitzheizung im Rücken rollt der Grantler von seinem Grundstück. Auf die Straßen Neuburgs, sein heimliches Revier, immer auf der Suche nach dem ersten Stein des Anstoßes in diesem Jahr.
Ein paar Straßenecken weiter stößt es ihm schon sauer auf. Bei seiner Rundfahrt durch die Innenstadt fällt ihm die Fischergasse auf. „Potz Blitz, hier dürfen nur Anwohner parken“, murmelt er grantig. Hausen hier doch eh schon die Rebellen des Reviers, für die wohl andere Regeln gelten. Das lässt der Grantler nicht auf sich sitzen. Fest entschlossen, sich die Parkplätze an anderer Stelle zurückzuerobern, beginnt er zu überlegen. Warum den Schrannenplatz nicht zum Großparkplatz umgestalten. Wenn nicht gerade Weihnachtsbuden den Schandfleck Neuburgs aufhübschen, würden dort ein paar teure Karossen wenigstens den Platz aufwerten. Oder im Schlosshof? Da ist ohnehin genug Platz und in der Renaissance hat sicher schon Ottheinrich seine Protzkutsche dort geparkt. Und schließt man das Tor, stören die Autos nicht einmal die Stadtkulisse.
Der Grantler lenkt jetzt seinen Benz in die Oskar-Wittmann-Straße und dieselt am Donaukai entlang. Ums Huber-Eck herum führt ihn der Weg auf die Bücke und dann kommt’s ihm – wieder in den Sinn. Vor Jahren war er mit Hannelore in Idar-Oberstein. Gezwungenermaßen, denn die Stadt ist als Schmuckund Edelsteinstadt bekannt. Das ist ihm teuer zu stehen gekommen, sauteuer. Noch heute wird ihm schwummrig, wenn er daran denkt... Imponiert hat dem Grantler was ganz anderes. Die schlauen Rheinland-Pfälzer haben sie einfach zubetoniert, die Nahe. Der Fluss, der mitten durch die Stadt führt, wird von einer Bundesstraße überspannt. Die B 16 hamma schon, denkt sich der Grantler. Aber Parkplätze? Also warum nicht zwischen Brandl und Donaubrücke Beton drüber und fertig! Das reicht für tausende Stellplätze und die lästige Suche hätte ein Ende, denkt er sich und grübelt. So eine hemdsärmelige Politik müsste einer mal machen, da müsst ma doch glatt selber amoi... Da macht der Diesel einen Satz und bleibt – mitten in der Kreuzung – stehen.