Vorsicht vor diesen Postkarten
Sie locken mit Gewinnaussichten, doch ausbezahlt wird das versprochene Geld wohl nie. Stattdessen wollen fadenscheinige Anbieter nur eines: Teure Lottoscheine verkaufen
Rennertshofen 120.000 Euro Rente, verteilt auf zehn Jahre – was wäre das für ein Gewinn! Ein solches „Glückslos“lag vergangene Woche bei Wolfgang Fürmann im Briefkasten. Auf einer rosafarbenen Postkarte wurde dem Rennertshofener diese Summe in Aussicht gestellt, sofern er sich bei einer Gratis-hotline mit seiner „persönlichen Referenz-nummer“registriere. Doch dem 75-Jährigen kam das Angebot gleich spanisch vor. Eine kurze Recherche des Absenders, der HCC Gmbh aus Hamburg, im Internet genügte, um seinen Verdacht zu bestätigen: Dort wird auf verschiedenen Portalen vor einem Rückruf gewarnt, da der Anrufer zu Abschlüssen für Lotteriespiele veranlasst werden soll. Der Grund: Seit 2013 dürfen Werber ohne schriftliche Genehmigung nicht mehr selbst aktiv werden, weshalb sie sich Wege überlegen müssen, damit die Menschen bei ihnen anrufen. Diese Masche ist eine dieser Möglichkeiten.
Sowohl die Polizei als auch die Verbraucherzentrale Bayern raten davon ab, diesen Offerten nachzugeben. Wie die Verbraucherzentrale auf Nachfrage mitteilt, seien solche Karten mit vermeintlichen Gewinnen seit 2017 im Umlauf. Auch wenn es auf den ersten Blick so aussehe, als sei die Karte handschriftlich ausgefüllt, erkenne man bei genaueren Hinsehen doch die maschinelle Bearbeitung. Die Gewinnmitteilungen werden nämlich nicht nur an einen Empfänger, sondern zuhauf vorwiegend an Senioren versendet. Die „persönliche Referenznummer“wird dabei als Gewinncode angegeben, doch laut Verbraucherzentrale sind sowohl die Gewinnchancen als auch die Überwachung der Ziehung ungeklärt. Heißt im Klartext: Ob überhaupt jemals an irgendjemanden Geld ausbezahlt wird, ist höchst fraglich.
Während die Telefonnummer, die die Empfänger der Postkarten anrufen sollen, klar und deutlich zu lesen ist, sind die wichtigen Teilnahmebedingungen umso kleiner geschrieben. Kein Wunder, denn im schwer lesbaren Textblock wird kurz die eigentliche Absicht des Veranstalters erläutert: „Im Anschluss an die Registrierung erhalten Sie auf Wunsch exklusive Informationen zu attraktiven entgeltlichen Offerten der GKL.“Die Verbraucherzentrale sagt dazu ganz klar: Es geht in erster Linie darum, die Verbraucher zu kostenpflichtigen Abschlüssen zu bewegen. Die Glückwunschschreiben dienen demnach in erster Linie dem Kundenfang.
Wie so eine Offerte aussieht, hat die getestet und als Wolfgang Fürmann unter der angegebenen Nummer angerufen – mit seiner Erlaubnis natürlich. Am anderen Ende der Leitung meldete sich eine Dame von der „Glückshotline“. Auf die Frage, was es mit der Gewinnbenachrichtigung auf sich habe, erklärte sie, dass man sich für die Verlosung der 120.000 Euro registrieren lassen könne, Verlosung sei der 1. März. „Wenn Sie dann gewonnen haben, werden Sie telefonisch und schriftlich benachrichtigt.“Fürmanns Adresse will die Dame von einem früheren Gewinnspiel haben, bei dem er angeblich teilgenommen habe – was natürlich Humbug ist, weil die Adresse gekauft ist.
Nach der Registrierung kommt es, wie vermutet, schließlich zum eigentlichen Geschäft: dem Verkauf von Lottoscheinen. Vier Lose seien für Wolfgang Fürmann „persönlich“reserviert worden, mit denen er über sechs Monate hinweg täglich die Chance hätte, eine Million Euro
Neuburger
Rundschau
zu gewinnen. Wenn das Glück ihm besonders hold ist, seien sogar bis zu 16 Millionen Euro drin. Und das Beste: Die Gewinnchance würde bei 96 Prozent liegen – und das für gerade mal 83,50 Euro im Monat. „Das ist einfach super! Das schicke ich Ihnen noch alles schriftlich nach Hause, dann lesen Sie es sich in Ruhe durch“, schließt die Dame ihr Verkaufsgespräch. Wir lehnen dankend ab. Doch damit nicht genug. Jetzt wird uns ein Sos-funkarmband angeboten, das uns im Notfall mit der Notrufzentrale verbindet. Dazu wird uns „die exklusive Möglichkeit“angeboten, „mit einem Fachberater der Firma Libify ein Gespräch ... zu führen“. Auch dieses Angebot lehnen wir ab und beenden das Gespräch.
„Rufen Sie bei solchen Gewinnmitteilungen generell nicht an! Auch nicht, wenn es sich um eine gebührenfreie Nummer handelt“, lautet der Rat der Verbraucherzentrale Bayern. Auch Neuburgs Pi-leiter Norbert Bachmaier warnt: „Lehnen Sie solche Angebote grundsätzlich ab!“Die Verträge, die man mit solche Gesellschaften abschließe, seien undurchsichtig – „und es ist fraglich, ob man aus ihnen ohne Weiteres wieder herauskommt.“