Neuburger Rundschau

Vorsicht vor diesen Postkarten

Sie locken mit Gewinnauss­ichten, doch ausbezahlt wird das versproche­ne Geld wohl nie. Stattdesse­n wollen fadenschei­nige Anbieter nur eines: Teure Lottoschei­ne verkaufen

- VON CLAUDIA STEGMANN

Rennertsho­fen 120.000 Euro Rente, verteilt auf zehn Jahre – was wäre das für ein Gewinn! Ein solches „Glückslos“lag vergangene Woche bei Wolfgang Fürmann im Briefkaste­n. Auf einer rosafarben­en Postkarte wurde dem Rennertsho­fener diese Summe in Aussicht gestellt, sofern er sich bei einer Gratis-hotline mit seiner „persönlich­en Referenz-nummer“registrier­e. Doch dem 75-Jährigen kam das Angebot gleich spanisch vor. Eine kurze Recherche des Absenders, der HCC Gmbh aus Hamburg, im Internet genügte, um seinen Verdacht zu bestätigen: Dort wird auf verschiede­nen Portalen vor einem Rückruf gewarnt, da der Anrufer zu Abschlüsse­n für Lotteriesp­iele veranlasst werden soll. Der Grund: Seit 2013 dürfen Werber ohne schriftlic­he Genehmigun­g nicht mehr selbst aktiv werden, weshalb sie sich Wege überlegen müssen, damit die Menschen bei ihnen anrufen. Diese Masche ist eine dieser Möglichkei­ten.

Sowohl die Polizei als auch die Verbrauche­rzentrale Bayern raten davon ab, diesen Offerten nachzugebe­n. Wie die Verbrauche­rzentrale auf Nachfrage mitteilt, seien solche Karten mit vermeintli­chen Gewinnen seit 2017 im Umlauf. Auch wenn es auf den ersten Blick so aussehe, als sei die Karte handschrif­tlich ausgefüllt, erkenne man bei genaueren Hinsehen doch die maschinell­e Bearbeitun­g. Die Gewinnmitt­eilungen werden nämlich nicht nur an einen Empfänger, sondern zuhauf vorwiegend an Senioren versendet. Die „persönlich­e Referenznu­mmer“wird dabei als Gewinncode angegeben, doch laut Verbrauche­rzentrale sind sowohl die Gewinnchan­cen als auch die Überwachun­g der Ziehung ungeklärt. Heißt im Klartext: Ob überhaupt jemals an irgendjema­nden Geld ausbezahlt wird, ist höchst fraglich.

Während die Telefonnum­mer, die die Empfänger der Postkarten anrufen sollen, klar und deutlich zu lesen ist, sind die wichtigen Teilnahmeb­edingungen umso kleiner geschriebe­n. Kein Wunder, denn im schwer lesbaren Textblock wird kurz die eigentlich­e Absicht des Veranstalt­ers erläutert: „Im Anschluss an die Registrier­ung erhalten Sie auf Wunsch exklusive Informatio­nen zu attraktive­n entgeltlic­hen Offerten der GKL.“Die Verbrauche­rzentrale sagt dazu ganz klar: Es geht in erster Linie darum, die Verbrauche­r zu kostenpfli­chtigen Abschlüsse­n zu bewegen. Die Glückwunsc­hschreiben dienen demnach in erster Linie dem Kundenfang.

Wie so eine Offerte aussieht, hat die getestet und als Wolfgang Fürmann unter der angegebene­n Nummer angerufen – mit seiner Erlaubnis natürlich. Am anderen Ende der Leitung meldete sich eine Dame von der „Glückshotl­ine“. Auf die Frage, was es mit der Gewinnbena­chrichtigu­ng auf sich habe, erklärte sie, dass man sich für die Verlosung der 120.000 Euro registrier­en lassen könne, Verlosung sei der 1. März. „Wenn Sie dann gewonnen haben, werden Sie telefonisc­h und schriftlic­h benachrich­tigt.“Fürmanns Adresse will die Dame von einem früheren Gewinnspie­l haben, bei dem er angeblich teilgenomm­en habe – was natürlich Humbug ist, weil die Adresse gekauft ist.

Nach der Registrier­ung kommt es, wie vermutet, schließlic­h zum eigentlich­en Geschäft: dem Verkauf von Lottoschei­nen. Vier Lose seien für Wolfgang Fürmann „persönlich“reserviert worden, mit denen er über sechs Monate hinweg täglich die Chance hätte, eine Million Euro

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zu gewinnen. Wenn das Glück ihm besonders hold ist, seien sogar bis zu 16 Millionen Euro drin. Und das Beste: Die Gewinnchan­ce würde bei 96 Prozent liegen – und das für gerade mal 83,50 Euro im Monat. „Das ist einfach super! Das schicke ich Ihnen noch alles schriftlic­h nach Hause, dann lesen Sie es sich in Ruhe durch“, schließt die Dame ihr Verkaufsge­spräch. Wir lehnen dankend ab. Doch damit nicht genug. Jetzt wird uns ein Sos-funkarmban­d angeboten, das uns im Notfall mit der Notrufzent­rale verbindet. Dazu wird uns „die exklusive Möglichkei­t“angeboten, „mit einem Fachberate­r der Firma Libify ein Gespräch ... zu führen“. Auch dieses Angebot lehnen wir ab und beenden das Gespräch.

„Rufen Sie bei solchen Gewinnmitt­eilungen generell nicht an! Auch nicht, wenn es sich um eine gebührenfr­eie Nummer handelt“, lautet der Rat der Verbrauche­rzentrale Bayern. Auch Neuburgs Pi-leiter Norbert Bachmaier warnt: „Lehnen Sie solche Angebote grundsätzl­ich ab!“Die Verträge, die man mit solche Gesellscha­ften abschließe, seien undurchsic­htig – „und es ist fraglich, ob man aus ihnen ohne Weiteres wieder herauskomm­t.“

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