Aus dem Leben eines Rechtsmediziners
Joe Bausch las in Neuburg aus seinem Buch „Gangsterblues“– ein kurzweiliger Abend
Neuburg „Eigentlich wollte ich Held werden“, erklärte Joe Bausch selbstironisch. Doch weil er sich dann gegen einen Einsatz bei den Flying Doctors in Australien und für die Arbeit als Rechtsmediziner entschieden hat, können die Leser nicht nur seinen höchst unterhaltsamen Ausführungen lauschen, sondern mit seinem aktuellen Buch „Gangsterblues“, das in Kooperation mit Bertram Job entstanden ist, tief in die Lebenswelt des Hochsicherheitstraktes der JVA Werl eintauchen.
Dort war Bausch 32 Jahre als Rechtsmediziner und zuletzt als Leitender Regierungsmedizinaldirektor tätig. Außerdem kennen ihn viele als recht zynischen Pathologen Dr. Joseph Roth aus dem Kölner Tatort oder auch aus anderen Fernsehformaten rund um das Verbrechen. Doch hier würde er nicht das los, was ihn bewege, sagte Bausch, den vor allem die Frage umtreibt, warum jemand „böse“sei.
In der Buchhandlung Rupprecht in Neuburg erzählte er unter anderem von einem Mann, der Jahrzehnte seine Zelle nicht verlassen habe, gleichsam aus Reue gesühnt hätte in einem selbst auferlegten „Kreuzgang“. Er berichtete von einem Verurteilten, den man möglicherweise zu unrecht hinter Gitter gebracht hat oder von dem beinah schon sympathischen Oldie-Trio mit „Diamanten-Paule“, das noch im hohen Alter einen Banktresor geknackt habe. Bald danach traf sich das Trio dann allerdings wieder in der JVA von Werl.
Manche Verbrecher seien schon in der dritten Generation Einbrecher, viele seien in ihrer Kindheit vernachlässigt oder gar missbraucht worden, erläutert der Mediziner. Auch Armut ist die Ursache von Verbrechen, verdeutlichen seine Gefängnisgeschichten. Doch Bauschs Erzählungen sind doppelbödig: so geht es ihm nicht nur um die Täter, deren Leben im Gefängnis und deren Motivation, sondern auch um deren Opfer. Die gesellschaftlichen Aspekte von Straftaten interessieren den Mediziner ebenfalls. Mit sehr viel menschlichem und auch ärztlichem Wohlwollen gibt er Einblicke hinter Gitter, die erstaunlicherweise oftmals auch noch höchst komisch sind. Ein lohnenswerter, kurzweiliger Abend und eine spannende Lektüre.