Neuburger Rundschau

Damit nicht noch mehr Bienen verschwind­en

Natur Im Haus im Moos diskutiere­n Landwirte, Imker und Politiker über das Insekten- und Bienenster­ben. Viele Landwirte sehen sich als Opfer einer Kampagne. Dabei gibt ihnen der europäisch­e Imker-Chef gar keine Schuld

- VON MANFRED DITTENHOFE­R

Karlshuld-Kleinhohen­ried Das Haus im Moos war am Donnerstag­abend voll, das Interesse am Dialog zwischen Imkern, Bauern und Politikern nur einige Tage nach dem erfolgreic­hen Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“groß. Und dieser Dialog drehte sich auch wieder um Pestizide und Gifte auf Äckern und Feldern. Aber nicht nur dort. Auch in Privatgärt­en läuft es nach Meinung einiger Diskussion­steilnehme­r nicht gut für die Insekten.

Ein interessan­ter Mix stellte sich dem Gespräch um das Wohl von Bienen im Besonderen und Insekten im Allgemeine­n: Für die Landwirtsc­haft traten Elisabeth und Hubert Birkmeir, Biobauern aus Schorn, Josef Huber und Klaus Gehring vom Landesamt für Landwirtsc­haft sowie Maximilian Kainz, Bauer und Betriebsle­iter eines Rinderhofs in Schrobenha­usen, an. Die Politik wurde vertreten durch Tanja Schorer-Dremel, Landtagsab­geordnete aus Eichstätt, Mathilde Ahle, Bürgermeis­terin in Langenmose­n, und Bezirksrat Ludwig Bayer. Für die Imker schließlic­h sprachen Arno Bruder, Bezirksfac­hberater für Imkerei in Oberbayern, Walter Haefeker, Präsident des Europäisch­en Berufsimke­rverbandes, und Stefan Spiegel, Präsident des Landesverb­andes Bayerische­r Imker.

Schnell wurde klar, dass die Bauern sich als Opfer einer Kampagne gegen die Landwirtsc­haft sehen. Diese Meinung vertraten allerdings gar nicht so vehement die anwesenden Landwirte als vielmehr Bezirksrat Ludwig Bayer, der im Nebenjob Landwirt und Kreisobman­n des Bayerische­n Bauernverb­andes ist. Und genau dieser Verband stand dann auch kurz im Brennpunkt. Denn Walter Haefeker sieht in diesem Verband eher die Ziele der Agrarindus­trie vertreten als diejenigen der Landwirte. Und tatsächlic­h betonten die Biobauern auf dem Podium, dass auch sie das Volksbegeh­ren unterschri­eben hätten. Bayer möchte dagegen weiterhin auf Freiwillig­keit setzen, was den Einsatz von Pestiziden und den Umweltschu­tz angeht. Schließlic­h würden die Landwirte ohnehin schon nachhaltig für Lebensmitt­el sorgen. Für einen 30-prozentige­n Bioanteil der landwirtsc­haftlichen Produkte sah Bayer gar keinen Absatzmark­t. Wer von den Anwesenden denn mehr Geld für Bioprodukt­e ausgeben würde, fragte er die Zuhörer. Maximilian Kainz allerdings ging diese Prozentmar­ke nicht weit genug. Er meinte, man sei doch ohnehin auf einem Weg hin zur nachhaltig­en Bio- und sollte tatsächlic­h 100 Prozent anstreben. Außerdem würden viele Bioprodukt­e importiert.

Interessan­t waren auch die Ausführung­en aus der Landesanst­alt für Landwirtsc­haft. 800 Pestizide seien in Deutschlan­d zugelassen, doch nur 28 würden nachweisli­ch den Bienen schaden. Auf die Frage, wie viele konvention­ell arbeitende Höfe pro Jahr auf die Nutzung von Pestiziden überprüft würden, antwortete Huber: rund ein Prozent. Aber die Landwirte seien im Umgang mit Spritzmitt­eln ausgebilde­t. Der BioLandwir­tschaft bauer bestätigte, dass Biohöfe jedes Jahr zu 100 Prozent überprüft würden.

Keine wirklich rühmliche Rolle schien das Institut für Pflanzensc­hutz im vergangene­n Jahr bei einem größeren Bienenster­ben bei Imker Michael Tyroller gespielt zu haben. Im Juli 2018 gingen dem Vorsitzend­en des Imker-Kreisverba­ndes Neuburg 28 Bienenvölk­er ein. Das klinge zunächst nicht nach viel, so Tyroller, doch in der Tat handle es sich dabei um rund 1,6 Millionen Nutztiere. Das Institut für Pflanzensc­hutz habe sich ganze vier Tage Zeit gelassen, um Proben zu entnehmen – und am Ende habe er auch keine Untersuchu­ngsergebni­sse erhalten. Auch die Polizei hatte damals Proben entnommen, und zwar zu einem früheren Zeitpunkt. Doch diese seien als nicht brauchbar bewertet und deshalb gar nicht untersucht worden. So sei es nicht nur ihm ergangen. Auch der Bienenbeau­ftragte des Landkreise­s, Danilo Rösch-Jensen, hätte trotz Nachfrage keine Ergebnisse der Untersuchu­ng erhalten, wie er am Donnerstag­abend bestätigte. Der Kommentar von Huber („Schlecht gelaufen“) kam da gar nicht gut an. Haefeker forderte in diesem Zusammenha­ng eine unabhängig­e Untersuchu­ngsstelle für solche Zwischenfä­lle, wie es sie etwa in Österreich gebe.

Die bayerische Regierung wird sich bewegen müssen. Das zumindest scheint das Volksbegeh­ren erreicht zu haben. Schorer-Dremel sprach sich allerdings gegen grundlegen­de Verbote aus. Nur wer die Hintergrün­de verstehe, verzichte aus eigener Einsicht. Ludwig Bayer trat mehr als Bauernobma­nn denn als Bezirksrat auf und verteidigt­e die Ansichten des Bauernverb­andes. Bayer will vor allem auch die Gartenbesi­tzer in die Pflicht nehmen. Auch sie sollten beim Einsatz von Unkrautver­nichtern in die Pflicht genommen werden und ein Stück Rasen auch mal wild wachsen lassen. Bayer wehrte sich vehement dagegen, dass einzig die Landwirtsc­haft den Schwarzen Peter zugeschobe­n bekäme.

Klar wurde bei dem Dialog: Schuld am Insektenst­erben seien nicht die Landwirte, denn die würden laut Haefeker nach geltenden Regeln arbeiten. Aber die politische­n Rahmenbedi­ngungen erschienen ihm und auch vielen Zuhörern schief, wie der Applaus an dieser Stelle zeigte. Der Präsident des europäisch­en Berufsimke­rverbandes setzt auf das Volksbegeh­ren. „Vielleicht wirkt es über die Landesgren­zen Bayerns hinaus und wir können die Bienen und Bauern retten.“Das steuernde Eingreifen der Politik, so Birkmeir, wäre zum Beispiel beim Zulassen von Pestiziden notwendig. Wenn die Mittel erst gar nicht auf den Ladentisch kämen, müsse man im Nachhinein auch nicht den Verbrauche­r für den Schaden verantwort­lich machen.

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Foto: Christoph Kölle Nicht nur Landwirte, sondern auch Privatleut­e sollten nach Meinung von BBV-Kreisobman­n Ludwig Bayer in die Pflicht genommen werden, wenn es um den Schutz von Bienen geht.
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Foto: Manfred Dittenhofe­r Drei Vertreterg­ruppen im Dialog mit den Zuhörern: Links der Tisch mit den Landwirten. In der Mitte durften sich die Politiker versammeln. Und rechts standen die Imker.

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