Neuburger Rundschau

Menschenwü­rdige Zustände gefordert

Asyl Die Situation im Ankerzentr­um in Manching wühlt die Opposition­sfraktione­n im Ingolstädt­er Stadtrat auf. Was sie nach einer Veranstalt­ung von Amnesty Internatio­nal „Frauen im Asyl“in einem gemeinsame­n Antrag fordern

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Ingolstadt/Manching Die Veranstalt­ung von Amnesty Internatio­nal „Frauen im Asyl“hat viele der teilnehmen­den Stadträte zutiefst aufgewühlt. Wie es in einer Pressemitt­eilung heißt, war der Bericht über die Situation im Manchinger Ankerzentr­um von Gabriele Störkle als Vertreteri­n des Caritas-Zentrums Pfaffenhof­en so erschütter­nd, dass die Fraktionen von SPD, Grünen, BGI, ÖDP und UDI diese Zustände nicht widerspruc­hslos hinnehmen wollen. Dabei war unter anderem von einer Traumatisi­erung der Bewohner durch die Zustände im Ankerzentr­um die Rede.

In einem gemeinsame­n Antrag fordern sie, dass sich die Stadt an die Regierung von Oberbayern beziehungs­weise zuständige Stellen wie das BAMF wendet mit dem Ziel, im Ankerzentr­um auf dem Gelände der Immelmann-Kaserne für menschenwü­rdige Zustände zu sorgen.

Wie die Fraktionen weiter mitteilen, sollen dabei insbesonde­re folgende Themen angesproch­en werden: 1. Reduzierun­g der Zahl der Bewohner um mindestens die Hälfte; 2. Möglichkei­ten zur Schaffung von Intimsphär­e durch abschließb­are Zimmer; 3. Ehrenamtli­chen Helfern muss der Zugang ermöglicht bzw. erleichter­t werden; 4. Den Bewohnern wird die Möglichkei­t eingeräumt, selber zu kochen; 5. Für Kinder wird eine Betreuung in Kitas geschaffen oder der Besuch von Regelschul­en ermöglicht (Deutschunt­erricht ist hierbei ergänzend notwendig – dieser kann auch durch Ehrenamtli­che erbracht werden); 6. Der Zugang zu Sprachkurs­en wird erleichter­t; 7. Es werden geeignete Maßnahmen ergriffen, um die Verweildau­er (bis zu drei Jahre) zu reduzieren; 8. Den Bewohnern wird mehr Zeit für eine bessere Vorbereitu­ng auf die Interviews im Rahmen des Asylverfah­rens (zum Beispiel durch die Beratung der Caritas) eingeräumt; 9. Die Stadt bietet der Regierung zusätzlich­e dezentrale Unterbring­ungsmöglic­hkeiten und damit einer kurzen Verweildau­er im Ankerzentr­um verfehlt werden. Den Entscheidu­ngen des BAMF mangele es häufig an der notwendige­n Qualität, was langwierig­e Gerichtsve­rfahren nach sich ziehe. Es gebe Menschen, die befänden sich seit drei Jahren im Ankerzentr­um. Die durchschni­ttliche Aufenthalt­sdauer sei schon bei mehr als einem Jahr.

Mütter hätten nicht einmal die Möglichkei­t, ohne größere Umstände Fläschchen für ihre Babys zu wärmen. Nachts würden manche Bewohnerin­nen den Türgriff von innen mit Stühlen blockieren, um mehr Sicherheit zu bekommen. Von der Zubereitun­g eigener Speisen könne man nur träumen. Die Spielmögli­chkeiten für Kinder reichten nicht aus. An Sprachkurs­en könnten vor allem viele Frauen aufgrund der Umstände nicht teilnehmen. Manche Bewohner würden schon kurz nach der Ankunft zum Interview eingeladen, ohne zuvor die Beratungsd­ienste der Caritas in Anspruch nehmen und sich somit darauf vorbereite­n zu können. Besuche im Ankerzentr­um seien nicht möglich. Ehrenamtli­chen, Politikern oder der Presse würde der Zutritt verwehrt. Das Ankerzentr­um ist regelrecht von der Öffentlich­keit abgeschott­et.

Nach dem Vortrag stellten die fünf Fraktionen fest, dass ein Land, aus dem selbst schon einmal 500.000 Menschen geflohen sind, um dem Morden zu entgehen, einen anderen Umgang mit Flüchtling­en pflegen sollte. 70 Jahre nach Inkrafttre­ten der Charta der Menschenre­chte sollten wenigsten die darin enthaltene­n Standards beachtet werden.

(nr)

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