Neuburger Rundschau

Das Funkenmari­echen ist ein Mann

Traditione­ll marschiere­n im Kölner Karneval die Männer in Uniform und die Frauen tanzen. Doch jetzt brechen andere Zeiten an – mit einer männlichen Tanzmarie

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Köln Hunderte Männer in farbenfroh­en Uniformen sind ein typischer Anblick im Kölner Karneval. Jetzt wird der Spieß umgedreht – und es ist eine kleine Revolution: Bei der 1. Damengarde Coeln marschiere­n die Frauen in Uniform – und das Funkenmari­echen ist ein Mann.

„Ich werde von den Damen auf Händen getragen“, sagt „Marie“Udo Laurien. Wenn auch nicht im wörtlichen Sinne: Bei den Tanzfigure­n hebt der stattliche 56-Jährige – ausstaffie­rt mit langen blonden Zöpfen und Faltenröck­chen – dann doch den recht zierlichen „Tanzoffizi­er“Katja Käding in die Höhe.

Normalerwe­ise läuft es bei den Prunksitzu­ngen in Köln so: Hunderte Mitglieder eines Traditions­korps, zum Beispiel der Roten Funken oder der Ehrengarde, marschiere­n mit farbenpräc­htigen Gardeunifo­rmen und lautem Tamtam in den Saal ein. Auf der Bühne wird getanzt und exerziert – und so militärisc­hes Gehabe aus der Historie auf die Schippe genommen. Die Roten Funken als ältestes Korps etwa spielten bei ihrer Gründung 1823 die bis kurz vorher existieren­den Stadtsolda­ten an.

Damengarde-Präsidenti­n Elena Navarini hatte schon als Kind davon geträumt, bei einem der neun Traditions­korps mitzumache­n – aber keine Chance. Denn als ordentlich­e Mitglieder sind dort nur Männer zugelassen. Und so sammelte Navarini schließlic­h einige gleichgesi­nnte Frauen um sich und gründete 2014 das erste Damenkorps. Die 55 Mitglieder sind zwischen Anfang 20 und Ende 60, tragen dunkelblau-weißrote Uniformen mit Federhut, Holzsäbeln und hohen Stiefeln. Es gibt unterschie­dliche Ränge wie Rekrut und Offizier, es gibt Verdiensta­uf abzeichen und Appelle. Wer Mitglied werden möchte, muss sich erst mal bei einer zweijährig­en Hospitatio­n bewähren. „Dass das Mariechen ein Mann sein sollte, war gleich klar“, sagt Navarini. „Wir wollten das Umkehrspie­l der Rollen komplett betreiben.“

Udo Laurien erlebt nach eigenen Angaben als „Marie“im Kölner Karneval eine überwiegen­d positive Resonanz: „Frauen finden das toll, und Männer sagen oft: Das würde ich mich nie trauen.“

Generell betrachtet könne man im aktiven Karneval heute nicht mehr von einer Männerdomä­ne sprechen, sagt Michael Kramp vom Vorstand des Festkomite­es Kölner Karneval. Unter den 120 Karnevalsg­esellschaf­ten, die zum Festkomite­e gehören, seien noch etwa ein Dutzend reine Männer-Vereine. Inzwischen gebe es aber auch fünf Gesellscha­ften, die nur Frauen aufnehmen. Alle anderen Gruppen seien offen für beide Geschlecht­er. „Jeder, der in Köln feiern möchte, findet eine Gesellscha­ft, die zu ihm passt.“

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 ?? Foto: Henning Kaiser, dpa ?? Tanzoffizi­er Katja Käding und „Marie“Udo Laurien sind Exoten unter den Kölner Karnevalis­ten.
Foto: Henning Kaiser, dpa Tanzoffizi­er Katja Käding und „Marie“Udo Laurien sind Exoten unter den Kölner Karnevalis­ten.

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