Neuburger Rundschau

Die einsame Show der Therese Johaug

Die 30-jährige Norwegerin dominiert die Konkurrenz nach ihrer 18-monatigen Doping-Sperre. Doch auch nach ihrem zweiten Gold bleiben Zweifel

- VON THOMAS WEISS

Seefeld Sie strahlte zum zweiten Mal mit der Sonne von Seefeld um die Wette. Ihre stahlblaue­n Augen funkelten, ihr Lächeln brachte die wohl weißeste Zahnreihe Norwegens zum Vorschein. Und selbst der sonst so finster dreinschau­ende König Harald V. von Norwegen zeigt an ihrer Seite plötzlich so etwas wie freudige Regung. Therese Johaug, die 30-jährige Norwegerin, die in ihrer Freizeit gerne modelt, macht die Seefelder Loipen zu ihrem neuen Laufsteg. Gestern gewann sie über die 10-Kilometer-Klassik-Distanz ihre zweite Goldmedail­le. Schon beim Skiathlon (7,5 km klassisch, dann 7,5 km in der freien Technik) hatte sie dominiert und die These untermauer­t, dass sie mit vier Medaillen die Königin von Seefeld werden könnte. Acht Distanzren­nen lief Johaug im Weltcup vor der WM – achtmal stand sie auf dem Podest ganz oben. Dennoch stapelte sie vor der WM tief: „Irgendwann werde auch ich mal verlieren. Vielleicht ja in Seefeld.“

So weit kam es gestern zwar nicht. Doch der dünne Vorsprung von nur 12,2 Sekunden auf die Junioren-Weltmeiste­rin Frida Karlsson zeigte, dass Johaug nicht in jedem Rennen in einer eigenen Liga läuft und dass sie nicht unbesiegba­r ist.

Johaugs große Überlegenh­eit hatte die Zweifler wieder auf den Plan gerufen. Der prominente­ste war der Präsident des Internatio­nalen Skiverband­es, Gian Franco Kasper. Der Schweizer hatte sich für eine drastische­re Strafe eingesetzt, nachdem Johaug im September 2016 angeblich wegen einer Lippencrem­e des anabolen Steroids Clostebol überführt worden war und vom norwegisch­en Verband nur mit 13 Monaten Sperre belegt werden sollte. Kasper und die Fis waren es, die vor den Sportgeric­htshof CAS zogen und dafür sorgten, dass Johaug 18 Monate ins Doping-Exil musste und so die Olympische­n Winterspie­le in Pyeongchan­g verpasste. Johaugs Rückkehr in den Weltcup wollte Kasper im Vorfeld der WM nicht groß kommentier­en: „Sie hat ihre Strafe abgesessen, mehr können wir nicht machen.“Der Schweizer schob aber einen vielsagend­en Satz hinterher: „Wenn Johaug bei der WM auf dem Podium steht, werde ich vermutlich etwas anderes zu tun haben.“Er machte seine Ankündigun­g gestern wahr – und ehrte statt der umstritten­en Norwegerin lieber die deutschen Skispringe­rinnen.

Für eine positive Überraschu­ng sorgten bei Johaugs Sieg gestern auch die deutschen Langläufer­innen. Mit Katharina Hennig, Laura Gimmler, Pia Fink und Sandra Ringwald auf den Plätzen elf, 13, 15 und 27 schafften gleich vier DSVLäuferi­nnen den Sprung in die Top 30. Bundestrai­ner Peter Schlickenr­ieder sprach von einer starken Leistung, die ihm die Entscheidu­ng über den vierten Staffelpla­tz am Donnerstag neben Hennig, Victoria Carl und Ringwald nicht leicht machen wird. Die „sprachlose und überglückl­iche“Laura Gimmler vom SC Oberstdorf sagte: „Wenn mich der Trainer dabeihaben will, dann haue ich mich gerne noch einmal voll rein.“

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Foto: Lienert König Harald V. gratuliert­e Therese Johaug zum zweiten WM-Gold.

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