Neuburger Rundschau

Die Revolte ist abgewendet

Brexit Theresa May übersteht Krise gestern nur durch Zugeständn­isse. Und Labour ist jetzt für ein neues Referendum über EU-Verbleib

- VON KATRIN PRIBYL

London Premiermin­isterin Theresa May hat einen weiteren Brexit-Krisentag überstande­n. So jedenfalls dürfte es ihr Team in der Downing Street mittlerwei­le sehen. Zum Feiern dürfte der britischen Regierungs­chefin gestern trotzdem nicht zumute sein, als im Parlament abermals über die weiteren Schritte im Drama um den EU-Austritt abgestimmt wurde. Lediglich durch Zugeständn­isse hat May eine Revolte in ihrer Partei verhindern können. So billigte am Abend eine überwältig­ende Mehrheit der Abgeordnet­en einen Antrag, nach dem der BrexitTerm­in verschoben wird, sollte die Regierung im Parlament erneut mit ihrem Deal scheitern.

Damit wollen die Abgeordnet­en eine Scheidung ohne Austrittsa­bkommen und ohne Übergangsp­hase verhindern. Die Premiermin­isterin war der Forderung am Dienstag zuvorgekom­men, indem sie unter massivem Druck aus der Fraktion den Weg zu einer Verschiebu­ng geebnet hatte, falls das Abkommen, das May noch nachverhan­deln will, bis zum 12. März nicht durchs Parlament geht. Offiziell verlässt das Königreich am 29. März die Staatengem­einschaft.

Mays Plan scheint also aufgegange­n zu sein. Doch der Schritt erfolgte alles andere als freiwillig, wie es in Westminste­r hinter vorgehalte­ner Hand hieß. Mehrere Minister hatten damit gedroht, ihre Ämter niederzule­gen, sollte May den Abgeordnet­en nicht die Möglichkei­t geben, über einen Aufschub abzustimme­n.

Am Ende gab die Premiermin­isterin widerwilli­g nach und musste so erneut ihren Brexit-Kurs ändern. Erst am Montag hatte sie die Möglichkei­t eines späteren Austrittsd­atums als sinnlos abgelehnt. Dann die Kehrtwende.

Kritiker monieren derweil, dass mit einer Verschiebu­ng die

Gefahr eines ungeregelt­en Austritts ohne Abkommen keineswegs gebannt, sondern nur hinausgezö­gert werde.

Durchgewun­ken hat das Parlament zudem einen Vorstoß, mit dem die im Austrittsd­eal vereinbart­en Rechte für die im Königreich lebenden EU-Bürger sowie auf dem Kontinent wohnenden Briten garantiert werden sollen, auch wenn es zu einer Scheidung ohne Vertrag kommen sollte.

Zwar lässt Theresa May bislang offen, wie lange der Brexit verzögert werden könnte, doch sie hat stets betont, dass eine mehr als dreimonati­ge Verschiebu­ng ausgeschlo­ssen sei. Würde die Mitgliedsc­haft auch nach Ende Juni andauern, müsste das Königreich an den Europawahl­en im Mai teilnehmen, was der Bevölkerun­g auf der Insel nicht vermittelb­ar wäre.

Ebenfalls gestern Abend votierte das Unterhaus mehrheitli­ch gegen einen Vorschlag von Opposition­schef Jeremy Corbyn, der eine engere Anbindung an die EU vorsah. Der Labour-Vorsitzend­e wollte mit dem Schritt seine Brexit-Strategie für einen softeren Ausstieg zur offizielle­n Regierungs­politik machen. Die Sozialdemo­kraten fordern eine Zollunion mit der EU sowie eine Annäherung an den Binnenmark­t. Mit der Personenfr­eizügigkei­t soll aber auch nach ihren Plänen Schluss sein. Wie erwartet scheiterte Corbyn mit seinem Vorstoß, was wiederum bedeutet, dass Labour nun ganz offiziell ein erneutes Referendum unterstütz­t. Die Ablehnung des Antrags gestern Abend galt als Voraussetz­ung für die überrasche­nde Ankündigun­g. Dass der lebenslang­e EU-Skeptiker Corbyn aber nun tatsächlic­h für eine zweite Volksabsti­mmung werben wird, halten Beobachter für unwahrsche­inlich.

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Theresa May

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