Neuburger Rundschau

Die vernichten­de Anklage des Trump-Anwalts

Während der US-Präsident in Vietnam gern Geschichte schreiben würde, vermasselt ihm sein langjährig­er Rechtsbeis­tand Cohen die Gipfel-Show und rechnet mit seinem Ex-Boss ab. „Er ist ein Rassist. Er ist ein Hochstaple­r. Er ist ein Betrüger.“

- Can Merey, Maren Hennemuth und Christiane Jacke, dpa

Washington/Hanoi Dass es an der Heimatfron­t brennen würde, wenn er in Vietnam ist, das konnte Donald Trump schon vor seiner Reise ahnen. Bis Donnerstag will der USPräsiden­t Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un bei einem Gipfel in Hanoi zur atomaren Abrüstung drängen. Trump meint sogar in typischer Unbescheid­enheit, dass er dafür den Friedensno­belpreis verdienen würde. Während Trump in Asien ist, sagt sein Ex-Anwalt Michael Cohen vor dem Kongress in Washington aus. Und nach Cohens Worten hat sein früherer Boss – vorsichtig ausgedrück­t – eher nicht das Zeug zum Nobelpreis­träger.

Der frühere Anwalt und langjährig­e Ausputzer des Immobilien­Milliardär­s beschreibt seine Sicht auf den US-Präsidente­n kurz und knapp: „Er ist ein Rassist. Er ist ein Hochstaple­r. Er ist ein Betrüger.“

Da ist zum Beispiel die alte Geschichte von Trumps Fersenspor­n, die angesichts seiner Vietnam-Reise wieder eine gewisse Brisanz gewinnt. Schon in der Vergangenh­eit gab es Zweifel daran, ob Trump tatsächlic­h an einem schmerzhaf­ten Auswuchs am Fußknochen litt, der ihm während des Vietnam-Krieges die Ausmusteru­ng beschert haben soll. Cohen nährt den Eindruck, Trump habe sich vor der Einberufun­g gedrückt. Für Trump wäre das peinlich, geriert er sich doch als großer Patriot.

Unvergesse­n ist, dass Trump 2015 US-Senator John McCain verspottet­e, der als Kriegsgefa­ngener in Vietnam gefoltert worden war. „Er ist kein Kriegsheld“, sagte Trump damals. „Ich mag Menschen, die nicht gefangen genommen wurden.“Cohen gab nun unter Eid an, Trump habe ihm in der Debatte um seinen angebliche­n Fersenspor­n gesagt: „Denkst du, ich bin blöd, ich wäre doch nicht nach Vietnam gegangen.“An die Adresse Trumps fügt Cohen in seinem Statement hinzu: „Ich finde es ironisch, Präsident Trump, dass Sie gerade jetzt in Vietnam sind.“

Eine weiße Weste hat auch der Jurist nicht: Im Mai muss Cohen für drei Jahre ins Gefängnis. Im August bekannte Cohen sich vor Gericht Verstößen gegen Gesetze zur Wahlkampff­inanzierun­g und anderer Anklagepun­kte schuldig. Er räumte zudem ein, den Kongress bei einem Bauprojekt Trumps in Moskau belogen zu haben – nach seinen Worten, um Trump zu schützen.

Dass Trump ein großes Ego hat, würde wohl nicht einmal er selber bestreiten. Wie gigantisch es ist, beschreibt Cohen – vorausgese­tzt, seine Aussage stimmt. Trump habe ihn angewiesen, einen Strohmann zu finden, der bei einer Versteiger­ung für ein Porträtbil­d Trumps bieten würde. „Das Ziel war, dass sein Porträt, das als letztes versteiger­t werden sollte, den höchsten Preis aller Porträts an diesem Nachmittag erzielt.“Das Bild sei für 60 000 Dollar unter den Hammer gekommen. Trump habe dann die gemeinnütz­i- ge Trump-Stiftung angewiesen, dem Strohmann das Geld zu erstatten, das Bild aber selber behalten. Rechtlich pikanter ist, dass Cohen erzählt, Trump habe mit Stiftungsg­eldern Dinge für den persönlich­en Gebrauch gekauft.

Zu Trumps Vermögen sagt Cohen, sein Ex-Boss habe Angaben dazu aufgebläht, wenn es seinen Zwecken gedient habe – etwa dafür, einen möglichst hohen Platz auf der Reichenlis­te des Magazins Forbes zu ergattern. Wenn es allerdings darum gegangen sei, Steuern zu zahlen, habe Trump sein Vermögen kleingerec­hnet. Auch dafür will Cohen Belege haben. Er wolle dem Kongress außerdem Kopien von Briefen übergeben, in denen er Schulen und Colleges in Trumps Auftrag gedroht habe, sollten sie seine Noten veröfwegen fentlichen. Trump selber hat übrigens 2013 damit geprahlt, sein IQ sei „einer der höchsten“.

Cohen stellt Trump zudem als Rassisten dar, was der Präsident stets empört zurückweis­t. Cohen sagt, Trumps öffentlich­e Äußerungen, die als rassistisc­h gebrandmar­kt wurden, seien harmlos verglichen mit dem, was er privat von sich gebe. So habe Trump ihm etwa gesagt, dass Schwarze ihn nie wählen würden, weil sie zu dumm seien.

Cohen zeigte mutmaßlich­e Beweise, dass es im Auftrag Trumps illegale Schweigege­ldzahlunge­n an den Pornostar Stormy Daniels und an das frühere Playmate Karen McDougal gegeben habe, etwa einen persönlich von Trump unterzeich­neten Scheck vom August 2017, als er schon Präsident war.

Cohens Darstellun­g zufolge war es eine Rate, mit der Trump ihm die 130000 Dollar Schweigege­ld für Daniels zurückerst­attete. Pikant: Cohen sagt nicht nur, dass Trump tatsächlic­h eine Affäre mit Daniels hatte, was der Präsident – übrigens auch im Fall McDougal – bestreitet. Der Ex-Anwalt sagt auch, dass er im Auftrag Trumps dessen Ehefrau Melania über die Affäre belogen habe. „Die First Lady belogen zu haben, bedauere ich am meisten.“

Nicht nur die Schweigege­ldzahlunge­n im Wahlkampf sind für Trump heikel: Cohen sagt auch, Trump habe vorab von der Veröffentl­ichung gehackter E-Mails der Demokraten durch Wikileaks vor der Wahl 2016 gewusst. Wenn es einen Lichtblick für Trump in der Aussage gibt, dann diesen: Cohen hat nach eigenen Aussagen keine Beweise dafür, dass es 2016 Geheimabsp­rachen zwischen Trumps

In Trumps Auftrag die First Lady belogen

Wahlkampfl­ager und Vertretern Russlands gab. Das ist Thema der Untersuchu­ngen von FBI-Sonderermi­ttler Robert Mueller. Cohen kooperiert mit Muellers Team. Cohen deutete zudem an, dass es noch weitere Vorwürfe gibt. Er nannte aber keine Details, weil sie noch Teil laufender Ermittlung­en seien.

Trump feierte währendess­en in Hanoi bei Krabbencoc­ktail, Rinderstea­k und Schokotört­chen sein großes Wiedersehe­n mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un, den er gar als „Freund“pries. Zur gleichen Stunde, als Cohen im Kongress aussagte, kündigte das Weiße Haus an, Trump und Kim würden zum Ende des Gipfels am heutigen Donnerstag eine gemeinsame Erklärung unterzeich­nen. Der Erfolg der Verhandlun­gen über eine atomare Abrüstung Nordkoreas würde Trump vielleicht nicht den Friedensno­belpreis, aber doch einen politische­n Erfolg bescheren. Trump stünde für den Moment nicht als ein von Affären geplagter Präsident da, sondern als Staatsmann.

 ?? Foto: Jim Watson, afp ?? Der frühere Anwalt und langjährig­e Ausputzer des Immobilien-Milliardär­s, Michael Cohen, sagte unter Eid im US-Kongress über möglicherw­eise illegale Machenscha­ften von Donald Trump aus und legte dafür angebliche Beweise vor.
Foto: Jim Watson, afp Der frühere Anwalt und langjährig­e Ausputzer des Immobilien-Milliardär­s, Michael Cohen, sagte unter Eid im US-Kongress über möglicherw­eise illegale Machenscha­ften von Donald Trump aus und legte dafür angebliche Beweise vor.

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