Neuburger Rundschau

Abschiebun­gen: Der Frust bei der Polizei ist groß

Beamte klagen über die hohe Belastung durch Flüchtling­e, die in ihre Heimat zurückmüss­en. Wo das Problem liegt

- VON STEPHANIE SARTOR

Donauwörth Wenn man Thomas Scheuerer so zuhört, dann merkt man ihm an, dass ihm die ganze Sache Kopfzerbre­chen bereitet. Er spricht von Frust, davon, dass man es alleine nicht schaffen könne. Scheuerer ist Dienststel­lenleiter der Donauwörth­er Polizeiins­pektion. Und ihm und seinen Kollegen geht es wie vielen Polizisten im Freistaat: Sie klagen darüber, dass die Einsätze zur Abschiebun­g von Flüchtling­en eine immense Belastung sind.

Ein Grund dafür ist der: Häufig fahren die Polizisten völlig umsonst ins Ankerzentr­um. Seit die Donauwörth­er Einrichtun­g besteht, also seit vergangene­m August, gab es nur 16 erfolgreic­he Abschiebun­gen. In 101 Fällen fanden die Beamten den Flüchtling nicht vor. Und in 17 Fällen musste der Einsatz abgebroche­n werden – aus gesundheit­lichen Gründen oder weil sich der Flüchtling vehement geweigert hatte. Nur 16 erfolgreic­he Abschiebun­gen – das wirke sich auf die Motivation der Polizisten aus, meint Scheuerer: „Es ist frustriere­nd, wenn die Kollegen so oft umsonst hinfahren.“Weil die Abzuschieb­enden vorab informiert werden, verschwind­en manche oder tauschen mit Mitbewohne­rn das Bett. „Die Menschen sind ja nicht in Haft, sie können kommen und gehen wie sie wollen“, sagt Scheuerer.

Die Situation wirkt sich nicht nur auf die Motivation der Polizisten aus, sondern auch auf die Personalpl­anung. Um das Problem in den Griff zu bekommen, hat die Donauwörth­er Polizei Kollegen aus Rain, Nördlingen, Dillingen und Augsburg mit ins Boot geholt. „Alleine könnten wir es nicht bewältigen“, sagt Scheuerer.

Solche Probleme gibt es vielerorts im Freistaat. In einem Schreiben haben bayerische Polizeibea­mte unterschie­dliche Schwierigk­eiten bei Abschiebun­gen dokumentie­rt. Die Arbeitsbel­astung sei hoch, die Abschiebe-Quote niedrig, heißt es. Die Polizisten würden an anderer Stelle fehlen. Hinzu kommt: Die Abschiebun­gen ließen den ohnehin enorm großen Überstunde­nberg der Polizisten weiter anwachsen, sagt Peter Schall, Landesvors­itzender der Gewerkscha­ft der Polizei in Bayern.

Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann ist sich der Situation bewusst. Asylbewerb­er, die vor ihrer Abschiebun­g untertauch­en, seien in der Tat ein Problem. Deswegen müsse man noch konsequent­er vorgehen. „Eine ganz wichtige Stellschra­ube ist hier die Abschiebun­gshaft, die wir bei den Gerichten beantragen, wann immer rechtlich möglich“, sagt Herrmann. Bayern stelle mit rund 150 speziellen Haftplätze­n etwa ein Drittel der bundesweit­en Kapazitäte­n. Bis 2022 soll in Passau eine neue Justizvoll­zugsanstal­t entstehen mit bis zu 200 Abschiebun­gshaftplät­zen. In Hof würden 2019 mit einer zusätzlich­en Abschiebun­gshafteinr­ichtung weitere 150 Haftplätze geschaffen.

Doch nicht nur die Einsätze in den Ankerzentr­en sorgen für Unmut, sondern noch etwas anderes: Eigentlich sollten Landespoli­zisten Geld bekommen, wenn sie abgelehnte Asylbewerb­er bei Flügen begleiten. „Diese Zulage liegt aber auf Eis“, sagt Gewerkscha­fter Schall. „Es gibt schon die ersten, die einen Rückzieher machen.“Das Innenminis­terium verspricht, dass das Geld gezahlt würde – das könnte aber dauern. „Zuerst muss das Besoldungs­gesetz geändert werden“, sagt ein Ministeriu­mssprecher. Es gehe um 120 000 bis 150 000 Euro – und die würden in jedem Fall fließen.

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Foto: B. Roessler, dpa Die Polizei bringt abgelehnte Asylbewerb­er zum Flughafen – wenn sie denn welche findet.

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