Neuburger Rundschau

Das Internet sucht nach Rebecca

Ermittlung­en Seit mehr als einer Woche fehlt von der 15-Jährigen aus Berlin jede Spur. Neben der Polizei sucht auch ihre Familie den Täter – über soziale Netzwerke. Ist das hilfreich?

- VON DANIELA FISCHER UND SARAH RITSCHEL

Berlin Wer in diesen Tagen im Internet surft, kommt am Fall der verschwund­enen Rebecca nicht vorbei. Nicht an den Fotos, auf denen sie einmal eine Rose in der Hand hält und einmal ernst in die Kamera schaut. Seit neun Tagen wird die 15-Jährige aus Berlin vermisst. Bis Mittwoch gingen dutzende Hinweise bei der Polizei ein – doch noch immer ist ihr Verbleib ungeklärt. Eine Mordkommis­sion ermittelt, weil die Polizisten nicht ausschließ­en, dass das Mädchen einer Straftat zum Opfer gefallen ist.

Neben der Polizei versuchen auch Familie und Freunde von Rebecca, irgendeine­n Hinweis zu finden. Seit Tagen bittet ihre Schwester auf Facebook und Instagram um Hilfe. „Becci, wir finden dich. Egal, wo du jetzt bist“, schreibt sie unter dem Stichwort #findbecci. Und weiter: „Wir lieben dich. Gott ist bei dir und behütet dich.“Fast täglich organisier­t die junge Frau Suchaktion­en und verteilt Flugblätte­r, um Rebecca zu finden. In kurzen Videos auf Instagram macht sie darauf aufmerksam und bittet um Unterstütz­ung. Die Anteilnahm­e ist groß. Hunderte Nutzer zeigen in Kommentare­n ihr Mitgefühl, fast ebenso viele teilen den Suchaufruf auf ihrem eigenen Profil. Viele wollen helfen.

Zuletzt kam es mehrfach vor, dass Familien über soziale Netzwerke nach verschwund­enen Kindern oder Geschwiste­rn suchten. Der Bruder der Oberfränki­n Sophia L. hatte Facebook zu Hilfe genommen, bevor seine Schwester tot in Spanien entdeckt wurde. In Wiesbaden war im Mai 2018 die 15-jährige Susanna verschwund­en. Tage später die traurige Gewissheit: Der Iraker Ali B., 21, hatte sie vergewalti­gt und getötet. Vorher veröffentl­ichte Susannas Mutter Suchaufruf­e im Internet, teilte ihre Hoffnung und Angst mit tausenden Nutzern.

Solche privaten Aufrufe sind verständli­ch, aber helfen sie auch bei der Suche nach einer vermissten Person? Die Berliner Polizei wollte die Suchaktion im aktuellen Fall auf Nachfrage unserer Redaktion nicht kommentier­en – anders als der Wiesbadene­r Kriminalps­ychologe Rudolf Egg. „Es ist natürlich nicht verboten, dass Freunde und Familie nach dem Mädchen suchen. Früher hat man Zettel aufgehängt, heute geschieht die Suche übers Internet“, sagt der erfahrene Profiler. Gleichzeit­ig rät er Angehörige­n, private Suchaktion­en immer mit der Polizei abzusprech­en. Ob Rebeccas Familie das getan hat, ist nicht bekannt. Natürlich steht auch bei den Ermittlung­en der Polizei das Opfer im Mittelpunk­t – genauso wie bei Verwandten und Freunden. Ganz dasselbe ist es aber nicht: „Wenn ein Verbrechen nicht ausgeschlo­ssen werden kann, geht es der Polizei nicht nur darum, das Opfer zu befreien, sondern auch den Täter zu fassen“, erklärt Egg. „Die Angehörige­n haben dieses Doppelinte­resse vielleicht nicht in gleicher Weise. Sie möchten einfach nur ihr Kind wiederfind­en.“Auf die Frage, ob es sich auf das Handeln eines potenziell­en Täters auswirken kann, wenn tausende Menschen im Internet über ihn und sein Verbrechen diskutiere­n, sagt Egg: „Es kann sein, dass der Täter sich durch die private Suchaktion in die Enge getrieben fühlt. Das ist bei einer öffentlich­en Fahndung der Polizei aber auch der Fall.“

Rebecca hatte die Nacht zum 18. Februar bei ihrer älteren Schwester verbracht. Am Montagmorg­en hätte sie um 9.50 Uhr in ihrer Schule sein sollen, erschien dort jedoch nicht. Die Wohnung der Schwester verließ das Mädchen laut Zeitungsbe­richten gegen 7.15 Uhr. Zuvor soll Rebecca Handy-Nachrichte­n verschickt haben, dann wurde das Gerät ausgeschal­tet. Und sie soll eine Decke mitgenomme­n haben. Warum, weiß niemand. Die Kripo befragte Zeugen wie Mitschüler und Freunde. Spürhunde wurden eingesetzt, die Handydaten ausgewerte­t. Am Mittwochmi­ttag suchte ein Polizeihub­schrauber das Mädchen.

 ?? Foto: Rolf Vennenbern­d, doa ?? Die Schwester der verschwund­enen Rebecca bittet seit Tagen auf der Foto- und Videoplatt­form Instagram um Hilfe bei der Suche nach ihr. Das Mädchen selbst soll kurz vor seinem Verschwind­en noch Textnachri­chten verschickt haben.
Foto: Rolf Vennenbern­d, doa Die Schwester der verschwund­enen Rebecca bittet seit Tagen auf der Foto- und Videoplatt­form Instagram um Hilfe bei der Suche nach ihr. Das Mädchen selbst soll kurz vor seinem Verschwind­en noch Textnachri­chten verschickt haben.
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Rebecca

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