Neuburger Rundschau

„Sanitäter“unter der Haut

Stabhochsp­ringerin Katharina Bauer startet nach vier Jahren und fünf Operatione­n wieder durch – mit elektronis­cher Hilfe

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Glasgow Wenn sich Katharina Bauer in luftige Höhen schwingt, fliegt ihr unsichtbar­er Rettungssa­nitäter immer mit. Er wiegt 125 Gramm und ist so klein wie ihr Handteller. Der stille Helfer sitzt unter der Haut, unter dem Großen Rückenmusk­el, linke Seite. Ach ja: Frau Bauer ist Stabhochsp­ringerin. Mitte April 2018 wurde der 28-Jährigen ein Defibrilla­tor implantier­t. Der Minicomput­er überwacht ihren Herzschlag. Als erste Sportlerin weltweit mit einem Defi startet sie nun bei einer internatio­nalen Meistersch­aft – bei der Hallen-EM der Leichtathl­eten am Wochenende in Glasgow. Der Defi ist für den Notfall – er greift nur ein, wenn das Herz zu schnell oder unrhythmis­ch schlägt. „Das ist das Beste, was mir passieren konnte: Du hast praktisch deinen persönlich­en Rettungssa­nitäter an Bord“, sagt Katharina Bauer – und muss lachen.

Dabei ist ihre Geschichte nicht lustig: Schon als Kind hatte „Katha“, wie sie genannt wird, Herzproble­me. Als Siebenjähr­ige wurden bei ihr 6000 bis 7000 Extraschlä­ge diagnostiz­iert. Nachdem ein erster Eingriff nicht erfolgreic­h und die Zahl der Extraschlä­ge sogar gestiegen war, folgte ein zweiter Versuch: Die Operation im April 2018 gelang. Nach vier Jahren und fünf Operatione­n startet die gebürtige Wiesbadene­rin erstmals wieder internatio­nal. Zuletzt war sie 2015 bei der HallenEM in Prag dabei. „Katha“ist eine Kämpfernat­ur. „Ich habe nach fünf OPs immer wieder bei null angefangen. Ich weiß, dass ich’s kann!“, versichert sie. „Ich sitze nicht zu Hause, starre die Wand an und bin depri – das gibt’s für mich nicht“, meint die Leichtathl­etin, die Internatio­nales Management studiert hat.

Für die Olympische­n Spiele 2020 in Tokio will sie sich unbedingt qualifizie­ren. „Olympia ist das Größte, was man erreichen kann. Da gibt es in mir keine Angst und keinen Raum für Zweifel“, betont die deutsche Hallenmeis­terin von 2018. „Ich bremse mich mental nicht aus, denn das Springen wird leichter, wenn man sich keinen Kopf macht.“

Ihren langjährig­en Trainer Leszek Klima verehrt sie. „Wir sind ein eingespiel­tes Team. Ich schätze ihn ohne Ende“, sagt die Springerin. „Er hat mir sehr geholfen in dieser schweren Zeit, die ich durchgemac­ht habe.“Und was schätzt Klima an ihr? „Dass sie nie aufgibt. Dass sie immer wieder aufsteht. Ihren starken Willen und die Überzeugun­g, dass sich Arbeit lohnt“, sagt der Pole. Das Duo hat noch etwas vor. „So lange das Feuer in mir brennt“, sagt Bauer, „werde ich alles für den Sport geben“.

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Foto: dpa Kann wieder jubeln: Bauer bei den Deutschen Hallenmeis­terschafte­n.

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