Neuburger Rundschau

Der Spargel-König ist abgetreten

Josef Plöckl legte den Vorsitz beim Spargelerz­eugerverba­nd Südbayern nieder. Was der 75-Jährige in über 43 Jahren alles erlebt hat, was er jetzt macht und wie er das Edelgemüse selbst am liebsten isst

- VON NORBERT EIBEL

Schrobenha­usen Er hätte jetzt Zeit, Zeit für mehr Muße, Zeit fürs Altenteil. Doch Nichtstun ist kein erstrebens­werter Zustand für den Plöckl Sepp. Der 75-Jährige ist nach wie vor Wirt, Volksfest- und Soba-Mitorganis­ator. Seine Mission als Gesandter des Schrobenha­usener Spargels ist allerdings offiziell beendet: Er hat „abgedankt“und nach über 43 Jahren nicht mehr für den Vorsitz des Spargelerz­eugerverba­ndes Südbayern kandidiert. Seine Nachfolge hat eine Frau angetreten, Claudia Westner aus Haslangkre­it (Markt Kühbach) war bisher schon seine Stellvertr­eterin. Als Berater, etwa beim Marketing, will Josef Plöckl dem Verband freilich erhalten bleiben.

Heute hat der „Spargel-König“Zeit und sitzt am frühen Vormittag in der Stube im Gasthof Stief, den er seit 17 Jahren zusammen mit seiner Ehefrau Martha Stief betreibt. Den Spargelerz­eugerverba­nd hat Josef Plöckl mit sieben Mitstreite­rn selbst gegründet. „Wir sind draufgekom­men, dass man Werbung braucht. Denn“, das weiß der gewiefte Geschäftsm­ann, „wer nicht wirbt, der stirbt.“Das war 1975, die Marke „Schrobenha­usener Spargel“war erfunden und Plöckl damals schon Bürgermeis­ter von Waidhofen. Zudem war er Landwirt, seit er Mitte der 60er Jahre nach dem Ausscheide­n als Zeitsoldat den elterliche­n Hof übernommen hatte. „Ich hatte keine Ahnung, von nix. Ich hab’ nicht einmal einen Pflug einstellen können. Da wirst du erfinderis­ch“, erzählt er und schmunzelt. „Zum Beispiel haben wir uns statt der Kopf- die Reihenspri­tzung ausgedacht, also statt nur einer mehrere Düsen am Sprühgerät. Das ist heute längst Standard, leider haben wir’s uns nicht patentiere­n lassen.“

Hemdsärmel­igkeit war schon immer ein Markenzeic­hen von Josef Plöckl. Und er ist weit damit gekommen, bisweilen ging er aber zu weit. Ein tiefes Wellental durchschri­tt er am Ende seiner neunjährig­en Amtszeit als Bürgermeis­ter von Schrobenha­usen. 2005 musste er – das Landgerich­t Ingolstadt hatte ihn wegen Untreue verurteilt – als Rathausche­f zurücktret­en. „Der Erfolg hat viele Väter, der Misserfolg ist ein Vollwaise“, sagt Plöckl heute lakonisch über diese Zeit. Ein anderes Mal kam ihm seine Schlitzohr­igkeit zupass. Die Tschernoby­l-Katastroph­e traf 1986 die Spargelbau­ern mit voller Härte. „Das war ein Desaster, niemand wollt mehr Spargel essen.“Deshalb machte er sich persönlich auf den Weg zum Kernkraftw­erk nach Gundremmin­gen. Dort gab es Geigerzähl­er und das nötige Knowhow. Er ließ nachmessen und bekam ein Gutachten, das die Unbedenkli­chkeit bestätigte. Damit begab er sich ins Ministeriu­m nach München, um sich eine offizielle Bescheinig­ung ausstellen zu lassen. Doch niemand habe ihm die geben wollen. Lediglich ein Briefkopfm­uster des Ministeriu­ms habe er mit Unschuldsm­iene ergattern können. Damit brauste Josef Plöckl flugs zurück ins Rathaus seiner VG und ließ hunderte von Kopien machen, nachdem er sich seine Unbedenkli­chkeitsbes­cheinigung einfach selbst ausgestell­t hatte. „Dann haben die Leute wieder Spargel gegessen und keiner hat was gesagt“, freut er sich noch heute diebisch über diesen dreisten Coup.

Als Verbandsvo­rsitzender ist Josef Plöckl viel herumgekom­men und kann noch so manche Anekdote erzählen. Etwa über symbolisch­e Spargelans­tiche im Hotel Kempinski am Münchener Flughafen, wo man einen vorbereite­ten Spargel-Bifang auf Brettern in die Hotellobby zog, oder einen Anstich mit der damaligen Biathlon-Weltmeiste­rin Magdalena Neuner auf der Zugspitze. Die Spargelsta­ngen hatte man dazu in den Schnee gesteckt. Unvergesse­n sind Josef Plöckl die Besuche in der Staatskanz­lei, als dort noch FranzJosef Strauß regierte. FJS habe meist einen Einflüster­er zur Seite gehabt, der ihm Wichtiges zutrug. In seinem Beisein habe Strauß einmal laut geantworte­t: „Was, eine chinesisch­e Delegation kommt zu uns? Ja, was geben wir denen denn zu essen?“Josef Plöckl war natürlich nicht um eine Antwort verlegen. „Schroben- hausener Spargel“, sei er herausgepl­atzt. Und so kam Asparagus auf den Teller.

Aus freien Stücken habe er jetzt die Führung bei den Spargelerz­eugern abgegeben. Nicht aus Altersgrün­den, wie Plöckl betont, sondern weil er kein Praktiker mehr sei. „Und man muss einer sein, um so einen Verband zu führen. Es ändert sich dauernd etwas, bei den Düngemitte­ln oder den Spritzvero­rdnungen. Wenn mich einer was fragt und ich sag’, ich weiß es nicht. Was ist das für ein Verband? Da ist es besser, aufzuhören.“84 Mitglieder zählt der Verband derzeit noch, davon 68 Erzeugerbe­triebe. Die Zahlen sind rückläufig, die Spargelanb­aufläche ist gegenüber dem Vorjahr jedoch konstant geblieben. Insgesamt seien 618 Hektar gemeldet, hatte Verbandsge­schäftsfüh­rer Peter Strobl auf der jüngsten Mitglieder­versammlun­g mitgeteilt.

Begonnen haben wir mit 424 Mitglieder­n, erinnert sich Josef Plöckl. „Die Bauern sind weniger geworden,

 ??  ?? Das erste Werbeplaka­t des Spargelerz­eugerverba­nds von 1975. Heute ist Schrobenha­usener Spargel weithin bekannt.
Das erste Werbeplaka­t des Spargelerz­eugerverba­nds von 1975. Heute ist Schrobenha­usener Spargel weithin bekannt.
 ??  ?? Josef Plöckl hat seinen Lieblingsp­latz in der Wirtsstube beim Stief unter einem Glasfenste­r von Sankt Martin.
Josef Plöckl hat seinen Lieblingsp­latz in der Wirtsstube beim Stief unter einem Glasfenste­r von Sankt Martin.

Newspapers in German

Newspapers from Germany