„Ein eigener Kinofilm würde mich reizen“
In unserer neuen Interview-Reihe sprechen wir mit Promis, die in die Region kommen. Diesmal erzählt Comedian Chris Tall, warum ihn sein damaliger Chef entlassen und welcher Bühnen-Moment ihn besonders berührt hat
Chris Tall, Sie sind mit dem Leitmotiv „Darf er das?“bekannt geworden, weil Sie nicht davor zurückschrecken, Witze über sogenannte „Randgruppen“zu machen. Wie viel darf man denn generell als Comedian?
Chris Tall: Grundsätzlich gibt es keine eindeutige Humor-Grenze, denn jeder Comedy-Künstler legt ja seinen eigenen Geschmackskosmos fest. Das macht sie oder ihn im Idealfall unverwechselbar. Ich mache keine Witze über jemanden, wenn ich merke, dass derjenige sich nicht wehren kann oder es ihn verletzt. Ich gebe aber zu, dass ich die ganz großen weltpolitischen Themen eher selten im Programm habe. Das können andere besser.
Streng genommen hat Ihre ComedyKarriere damit begonnen, dass Sie etwas nicht durften…
Tall: Sie spielen darauf an, dass ich einen Auftritt wahrgenommen habe, obwohl mein Chef mir an dem Tag nicht freigegeben hatte? Das ist richtig, das durfte ich nicht (lacht). Damals habe ich als Versicherungskaufmann gearbeitet. So richtig habe ich aber nicht darüber nachgedacht, was ich da tue. Ich wusste nur: Ich will auftreten, um mich auszuprobieren und habe deswegen meine Arbeit geschwänzt. Danach war ich dann kein Versicherungskaufmann mehr (lacht). Aber mein Chef und ich, wir haben uns tatsächlich gütlich getrennt.
Sie provozieren mit Ihren Witzen gerne. Was reizt Sie daran so sehr?
Tall: Die Grenzen verlaufen da sicherlich sehr individuell. Mir geht es darum zu vermitteln, dass wir mehr über uns selbst lachen sollten. Deswegen mache ich auch am allerliebsten Witze über mich. Denn wenn ich austeile, muss ich auch einstecken können. Grundsätzlich wünsche ich mir, dass Humor verbindet. Und wenn man gemeinsam lacht, dann ist doch schon viel gewonnen.
Das heißt, Sie wollen mit Ihren Programmen eine Botschaft vermitteln? Tall: Ich finde es immer schwierig, anderen Ratschläge zu geben, tatsächlich liegt der Fokus bei „lustig“. Wenn meine Zuschauer eine Message für sich erkannt haben und diese mitnehmen, ist es umso toller. Welche das sein könnte, würde ich nur ungern vorgeben, aber ein wichtiger Bestandteil meiner Show ist es, ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen.
Nicht immer kommen Ihre Witze gut an, Sie wurden bereits scharf kritisiert. Wie gehen Sie mit Kritik um? Bauen Sie sie vielleicht sogar in Ihre Programme ein?
Tall: Ich nehme Kritik ernst und hinterfrage mich immer wieder aufs Neue. In meinen Programmen passieren aber auch ganz oft tolle Geschichten und immer sind es Menschen, die mich durch ihren Humor beeindruckt haben, beziehungsweise die Größe haben, über sich selbst lachen zu können.
Welche tollen Geschichten meinen Sie? Tall: Beispielsweise hat sich in Münster ein junges Mädchen als lesbisch geoutet und auf der Bühne über die Liebe zu ihrer Freundin gesprochen. Das war ein sehr emotionaler Moment. Oder erst kürzlich in Oldenburg, als ich Lisa kennenlernte, eine junge Frau im Rollstuhl: Sie hat einen seltenen Gendefekt und erzählte, dass ihre Krankenkasse die not- wendige Behandlung nicht übernehmen möchte. Der „Kosten-NutzenFaktor“sei nicht gegeben. Somit wollte ich mich nach der Show mit ihr zusammensetzen, um zu schauen, was man machen kann. Das hat eine Welle der Solidarität los getreten. Die Zuschauer im Saal haben für Lisa gespendet. Ich bekomme immer noch Gänsehaut, wenn ich darüber spreche.
In Ihren Programmen mussten zuletzt Ihre Eltern herhalten. Im vergangenen ging’s um Ihre Mutter, jetzt ist Ihr Vater dran. Dürfen Sie noch nach Hause kommen?
Tall: Ich hoffe es (lacht)! Zu meiner Familie habe ich ein sehr gutes Ver- hältnis und meinen Eltern habe ich sehr viel zu verdanken. Sie haben mir immer die Sicherheit gegeben, ein Zuhause zu haben, auch falls es mit der Comedy nicht geklappt hätte.
Dort hat es aber geklappt. Sie arbeiten auch viel mit anderen Comedians zusammen – vor allem mit Bülent Ceylan. Welchen Kollegen schätzen Sie auch neben der Bühne sehr?
Tall: Ich habe zu vielen Comedians ein kollegiales oder sogar freundschaftliches Verhältnis, zum Beispiel zu Bastian Pastewka, Bodo Bach, Sascha Korf oder Mario Barth.
Sie sind ein mehrfach ausgezeichneter Stand-up-Comedian. Ist es das, was Sie auch in den nächsten Jahren machen wollen? Oder können Sie sich auch etwas anderes vorstellen? Schließlich haben Sie auch schon in mehreren Filmen mitgespielt... Tall: Live auf der Bühne zu stehen, ist schon meine Leidenschaft. Schauspielen macht aber auch viel Spaß. Ich gebe zu: Ein eigener Kinofilm würde mich schon sehr reizen.
Termin Chris Tall tritt am morgigen Samstag, 2. März, um 20 Uhr in der Saturn-Arena in Ingolstadt auf. Noch gibt es Restkarten. Zudem verlosen wir drei DVDs von Chris Talls neuem Programm „Und jetzt ist Papa dran“. Wer mitmachen will, schickt bis Mittwoch, 6. März, 20 Uhr, eine E-Mail an gewinnen@neuburger-rundschau.de, Stichwort: „Chris Tall“. Bitte unbedingt eine Telefonnummer angeben. Bitte beachten Sie die Hinweise zum Datenschutz und die Informationspflichten nach Art. 13 DSGVO unter augsburger-allgemeine.de/datenschutz oder unter der Telefonnummer 0821/777-2355.