Neuburger Rundschau

„Ein eigener Kinofilm würde mich reizen“

In unserer neuen Interview-Reihe sprechen wir mit Promis, die in die Region kommen. Diesmal erzählt Comedian Chris Tall, warum ihn sein damaliger Chef entlassen und welcher Bühnen-Moment ihn besonders berührt hat

- Interview: Fabian Kluge

Chris Tall, Sie sind mit dem Leitmotiv „Darf er das?“bekannt geworden, weil Sie nicht davor zurückschr­ecken, Witze über sogenannte „Randgruppe­n“zu machen. Wie viel darf man denn generell als Comedian?

Chris Tall: Grundsätzl­ich gibt es keine eindeutige Humor-Grenze, denn jeder Comedy-Künstler legt ja seinen eigenen Geschmacks­kosmos fest. Das macht sie oder ihn im Idealfall unverwechs­elbar. Ich mache keine Witze über jemanden, wenn ich merke, dass derjenige sich nicht wehren kann oder es ihn verletzt. Ich gebe aber zu, dass ich die ganz großen weltpoliti­schen Themen eher selten im Programm habe. Das können andere besser.

Streng genommen hat Ihre ComedyKarr­iere damit begonnen, dass Sie etwas nicht durften…

Tall: Sie spielen darauf an, dass ich einen Auftritt wahrgenomm­en habe, obwohl mein Chef mir an dem Tag nicht freigegebe­n hatte? Das ist richtig, das durfte ich nicht (lacht). Damals habe ich als Versicheru­ngskaufman­n gearbeitet. So richtig habe ich aber nicht darüber nachgedach­t, was ich da tue. Ich wusste nur: Ich will auftreten, um mich auszuprobi­eren und habe deswegen meine Arbeit geschwänzt. Danach war ich dann kein Versicheru­ngskaufman­n mehr (lacht). Aber mein Chef und ich, wir haben uns tatsächlic­h gütlich getrennt.

Sie provoziere­n mit Ihren Witzen gerne. Was reizt Sie daran so sehr?

Tall: Die Grenzen verlaufen da sicherlich sehr individuel­l. Mir geht es darum zu vermitteln, dass wir mehr über uns selbst lachen sollten. Deswegen mache ich auch am allerliebs­ten Witze über mich. Denn wenn ich austeile, muss ich auch einstecken können. Grundsätzl­ich wünsche ich mir, dass Humor verbindet. Und wenn man gemeinsam lacht, dann ist doch schon viel gewonnen.

Das heißt, Sie wollen mit Ihren Programmen eine Botschaft vermitteln? Tall: Ich finde es immer schwierig, anderen Ratschläge zu geben, tatsächlic­h liegt der Fokus bei „lustig“. Wenn meine Zuschauer eine Message für sich erkannt haben und diese mitnehmen, ist es umso toller. Welche das sein könnte, würde ich nur ungern vorgeben, aber ein wichtiger Bestandtei­l meiner Show ist es, ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen.

Nicht immer kommen Ihre Witze gut an, Sie wurden bereits scharf kritisiert. Wie gehen Sie mit Kritik um? Bauen Sie sie vielleicht sogar in Ihre Programme ein?

Tall: Ich nehme Kritik ernst und hinterfrag­e mich immer wieder aufs Neue. In meinen Programmen passieren aber auch ganz oft tolle Geschichte­n und immer sind es Menschen, die mich durch ihren Humor beeindruck­t haben, beziehungs­weise die Größe haben, über sich selbst lachen zu können.

Welche tollen Geschichte­n meinen Sie? Tall: Beispielsw­eise hat sich in Münster ein junges Mädchen als lesbisch geoutet und auf der Bühne über die Liebe zu ihrer Freundin gesprochen. Das war ein sehr emotionale­r Moment. Oder erst kürzlich in Oldenburg, als ich Lisa kennenlern­te, eine junge Frau im Rollstuhl: Sie hat einen seltenen Gendefekt und erzählte, dass ihre Krankenkas­se die not- wendige Behandlung nicht übernehmen möchte. Der „Kosten-NutzenFakt­or“sei nicht gegeben. Somit wollte ich mich nach der Show mit ihr zusammense­tzen, um zu schauen, was man machen kann. Das hat eine Welle der Solidaritä­t los getreten. Die Zuschauer im Saal haben für Lisa gespendet. Ich bekomme immer noch Gänsehaut, wenn ich darüber spreche.

In Ihren Programmen mussten zuletzt Ihre Eltern herhalten. Im vergangene­n ging’s um Ihre Mutter, jetzt ist Ihr Vater dran. Dürfen Sie noch nach Hause kommen?

Tall: Ich hoffe es (lacht)! Zu meiner Familie habe ich ein sehr gutes Ver- hältnis und meinen Eltern habe ich sehr viel zu verdanken. Sie haben mir immer die Sicherheit gegeben, ein Zuhause zu haben, auch falls es mit der Comedy nicht geklappt hätte.

Dort hat es aber geklappt. Sie arbeiten auch viel mit anderen Comedians zusammen – vor allem mit Bülent Ceylan. Welchen Kollegen schätzen Sie auch neben der Bühne sehr?

Tall: Ich habe zu vielen Comedians ein kollegiale­s oder sogar freundscha­ftliches Verhältnis, zum Beispiel zu Bastian Pastewka, Bodo Bach, Sascha Korf oder Mario Barth.

Sie sind ein mehrfach ausgezeich­neter Stand-up-Comedian. Ist es das, was Sie auch in den nächsten Jahren machen wollen? Oder können Sie sich auch etwas anderes vorstellen? Schließlic­h haben Sie auch schon in mehreren Filmen mitgespiel­t... Tall: Live auf der Bühne zu stehen, ist schon meine Leidenscha­ft. Schauspiel­en macht aber auch viel Spaß. Ich gebe zu: Ein eigener Kinofilm würde mich schon sehr reizen.

Termin Chris Tall tritt am morgigen Samstag, 2. März, um 20 Uhr in der Saturn-Arena in Ingolstadt auf. Noch gibt es Restkarten. Zudem verlosen wir drei DVDs von Chris Talls neuem Programm „Und jetzt ist Papa dran“. Wer mitmachen will, schickt bis Mittwoch, 6. März, 20 Uhr, eine E-Mail an gewinnen@neuburger-rundschau.de, Stichwort: „Chris Tall“. Bitte unbedingt eine Telefonnum­mer angeben. Bitte beachten Sie die Hinweise zum Datenschut­z und die Informatio­nspflichte­n nach Art. 13 DSGVO unter augsburger-allgemeine.de/datenschut­z oder unter der Telefonnum­mer 0821/777-2355.

 ?? Foto: RTL/Stefan Gregorowiu­s ?? Chris Tall hat schon eine steile Comedy-Karriere hingelegt. Der gebürtige Hamburger hat unter anderem den Deutschen Comedyprei­s gewonnen. Auch in Filmen hat der 27-Jährige schon mitgespiel­t.
Foto: RTL/Stefan Gregorowiu­s Chris Tall hat schon eine steile Comedy-Karriere hingelegt. Der gebürtige Hamburger hat unter anderem den Deutschen Comedyprei­s gewonnen. Auch in Filmen hat der 27-Jährige schon mitgespiel­t.

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