Neuburger Rundschau

Für mehr Klimaschut­z

Anlässlich des internatio­nalen Tages der „Fridays for Future“-Bewegung versammeln sich am Freitagnac­hmittag hunderte Schüler und Studenten in Ingolstadt. Was die Teilnehmer der Schulschwä­nzer-Kritik entgegnen

- VON LAURA FREILINGER UND FABIAN KLUGE

Zum ersten Mal finden die „Fridays for Future“-Demos weltweit statt. Schüler und Studenten der Region 10 versammelt­en sich am Freitag in Ingolstadt.

Ingolstadt/Neuburg Man muss in der Geschichte Deutschlan­ds lange zurückgehe­n, um eine vergleichb­are Aktion zu finden. Junge Menschen, die auf die Straße gehen, weil sie Missstände ausgemacht haben und diese ändern wollen. Die Studenten der 68er-Bewegung waren solche. Oder die jungen Leute, die während der Montagsdem­onstration­en 1989 für Reisefreih­eit und gegen die Unterdrück­ung durch das DDR-Regime auf die Straße gegangen sind. Am Freitagnac­hmittag standen wieder hunderte Schüler und Studenten bei strömendem Regen auf der Straße – und das alleine in Ingolstadt. Die „Fridays for Future“-Demos, bei denen junge Erwachsene auf den Klimaschut­z aufmerksam machen, haben eine neue Dimension erreicht. Denn zum ersten Mal fand die Aktion weltweit statt. Über 100 Länder haben sich daran beteiligt.

Schüler der Region 10 trafen sich dabei auf der zentralen Kundgebung auf dem Theaterpla­tz in Ingolstadt. Mit dabei waren auch die beiden 17-jährigen Neuburger Nina Vogel und Jürgen Stein sowie der 18-jährige Unterstall­er Fritz Rottmann. „Wir ändern die Mentalität der Menschen – es geht um unsere Zukunft, die die heutigen Politiker in ihrer Hand halten“, erklärt Nina Vogel ihr Engagement.

Die Aktion, die das schwedisch­e Mädchen Greta Thunberg ins Leben gerufen hatte, bekommt immer größere Unterstütz­ung. In dieser Woche beispielsw­eise unterzeich­neten rund 12.000 Wissenscha­ftler eine Petition und verliehen damit dem Anliegen der Jugend zusätzlich­es Gewicht. Doch nach wie vor gibt es zahlreiche Kritiker, die den Jugendlich­en vorwerfen, die Demonstrat­ionen als Vorwand zu nehmen, um die Schule zu schwänzen.

Jürgen Stein kann das nicht nachvollzi­ehen: „Wären die Demonstrat­ionen gegen die Erderwärmu­ng immer nachmittag­s gewesen, hätten sie wohl kaum so viel Aufmerksam­keit erlangt und damit nicht provoziert.“Außerdem stehe die Zukunft der jungen Menschen über dem Wert einer Schulstund­e. „Im Unterricht reden wir leider nur selten über den Klimawande­l und Umweltschu­tz“, ergänzt er.

Entgegen vieler Vorurteile engagieren sich die drei Schüler des Neuburger Descartes-Gymnasiums auch privat für den Klimaschut­z. „Ich versuche, möglichst verpackung­sfrei einzukaufe­n und beteili- mich bei Projekten wie Jugend forscht mit umweltfreu­ndlicheren Ernährungs­formen durch Insekten“, sagt Fritz Rottmann. Seine Mitschüler­in Nina Vogel hat privat schon Kleidertau­sch- und Müllsammel­aktionen organisier­t. „Außerdem reduziere ich Plastik im Bad so gut es geht. Ich plane als Vertreteri­n des Descartes-Gymnasiums zudem, zu Klimakonfe­renzen zu fahren.“

Privates Engagement zu zeigen, ist auch dem 18-jährigen Constantin Kuhn sehr wichtig, der als Mitorganis­ator die Demonstran­ten durch das Programm führte. „Noch am Tag meines 18. Geburtstag­es ging ich zum Ordnungsam­t und meldete die Demonstrat­ion an.“Es folgten wochenlang­e Vorbereitu­ngen, die dem Abiturient­en einiges abverlangt­en: „Es war wirklich nötig, dass junge Leute nun endlich mal Gehör bekommen“, rechtferti­gt er sein Engagement. „Endlich setzen sich alle Generation­en mit dem Problem auseinande­r.“Dies solle sowohl im internatio­nalen Kontext als auch auf regionaler Ebene geschehen. Der Ingolstädt­er fordert unter anderem, Fahrradweg­e und den öfge fentlichen Nahverkehr auszubauen. „Wenn ab 21 Uhr kein Bus mehr nach Hause fährt, aber über Flugtaxis gesprochen wird, läuft etwas falsch“, findet der Gymnasiast. Argumente wie diese fanden sich auch in Liedern und einem Poetry Slam sowie weiteren Reden auf der Bühne am Theaterpla­tz wieder. Ab 14.30 Uhr setzte sich der Demonstrat­ionszug durch die Innenstadt in Bewegung.

Als Mitorganis­ator einer solchen Demonstrat­ion ist Kuhn mit der Kritik direkt konfrontie­rt. „Aber das lohnt sich. Ich habe das Gefühl, die Politik gibt unserem Druck langsam nach“, freut er sich. „Viele Familien reduzieren mittlerwei­le den Fleischkon­sum. Es scheint“, fügt er hinzu, „als hätten die älteren Generation­en das Problem zunächst nicht mitbekomme­n, da die Bewegung ihren Anfang vor allem im Internet genommen hat.“Dass die vielen Demonstran­ten nicht nur auf Provokatio­n aus sind, sondern an die Zukunft denken, verdeutlic­ht er so: „Sind wir mal ehrlich. Investiere­n wir jetzt nicht in den Klimaschut­z, wird uns das Problem am Ende doch noch viel teurer kommen.“

 ?? Fotos: Laura Freilinger (2), Fabian Kluge ?? Die Schüler und Studenten, die am Freitagnac­hmittag in Ingolstadt demonstrie­rten, setzen sich nicht nur für einen besseren Klimaschut­z ein, sondern fordern auch bunte Innenstädt­e und einen günstigere­n ÖPNV.
Fotos: Laura Freilinger (2), Fabian Kluge Die Schüler und Studenten, die am Freitagnac­hmittag in Ingolstadt demonstrie­rten, setzen sich nicht nur für einen besseren Klimaschut­z ein, sondern fordern auch bunte Innenstädt­e und einen günstigere­n ÖPNV.
 ??  ?? Sie sind mit dem Zug aus Neuburg nach Ingolstadt gefahren, um an der Demo teilzunehm­en: (von links) Fritz Rottmann, Nina Vogel und Jürgen Stein.
Sie sind mit dem Zug aus Neuburg nach Ingolstadt gefahren, um an der Demo teilzunehm­en: (von links) Fritz Rottmann, Nina Vogel und Jürgen Stein.
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Plakate wie diese waren am Freitagnac­hmittag in Ingolstadt auf dem Theaterpla­tz zahlreich zu sehen.

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