Für mehr Klimaschutz
Anlässlich des internationalen Tages der „Fridays for Future“-Bewegung versammeln sich am Freitagnachmittag hunderte Schüler und Studenten in Ingolstadt. Was die Teilnehmer der Schulschwänzer-Kritik entgegnen
Zum ersten Mal finden die „Fridays for Future“-Demos weltweit statt. Schüler und Studenten der Region 10 versammelten sich am Freitag in Ingolstadt.
Ingolstadt/Neuburg Man muss in der Geschichte Deutschlands lange zurückgehen, um eine vergleichbare Aktion zu finden. Junge Menschen, die auf die Straße gehen, weil sie Missstände ausgemacht haben und diese ändern wollen. Die Studenten der 68er-Bewegung waren solche. Oder die jungen Leute, die während der Montagsdemonstrationen 1989 für Reisefreiheit und gegen die Unterdrückung durch das DDR-Regime auf die Straße gegangen sind. Am Freitagnachmittag standen wieder hunderte Schüler und Studenten bei strömendem Regen auf der Straße – und das alleine in Ingolstadt. Die „Fridays for Future“-Demos, bei denen junge Erwachsene auf den Klimaschutz aufmerksam machen, haben eine neue Dimension erreicht. Denn zum ersten Mal fand die Aktion weltweit statt. Über 100 Länder haben sich daran beteiligt.
Schüler der Region 10 trafen sich dabei auf der zentralen Kundgebung auf dem Theaterplatz in Ingolstadt. Mit dabei waren auch die beiden 17-jährigen Neuburger Nina Vogel und Jürgen Stein sowie der 18-jährige Unterstaller Fritz Rottmann. „Wir ändern die Mentalität der Menschen – es geht um unsere Zukunft, die die heutigen Politiker in ihrer Hand halten“, erklärt Nina Vogel ihr Engagement.
Die Aktion, die das schwedische Mädchen Greta Thunberg ins Leben gerufen hatte, bekommt immer größere Unterstützung. In dieser Woche beispielsweise unterzeichneten rund 12.000 Wissenschaftler eine Petition und verliehen damit dem Anliegen der Jugend zusätzliches Gewicht. Doch nach wie vor gibt es zahlreiche Kritiker, die den Jugendlichen vorwerfen, die Demonstrationen als Vorwand zu nehmen, um die Schule zu schwänzen.
Jürgen Stein kann das nicht nachvollziehen: „Wären die Demonstrationen gegen die Erderwärmung immer nachmittags gewesen, hätten sie wohl kaum so viel Aufmerksamkeit erlangt und damit nicht provoziert.“Außerdem stehe die Zukunft der jungen Menschen über dem Wert einer Schulstunde. „Im Unterricht reden wir leider nur selten über den Klimawandel und Umweltschutz“, ergänzt er.
Entgegen vieler Vorurteile engagieren sich die drei Schüler des Neuburger Descartes-Gymnasiums auch privat für den Klimaschutz. „Ich versuche, möglichst verpackungsfrei einzukaufen und beteili- mich bei Projekten wie Jugend forscht mit umweltfreundlicheren Ernährungsformen durch Insekten“, sagt Fritz Rottmann. Seine Mitschülerin Nina Vogel hat privat schon Kleidertausch- und Müllsammelaktionen organisiert. „Außerdem reduziere ich Plastik im Bad so gut es geht. Ich plane als Vertreterin des Descartes-Gymnasiums zudem, zu Klimakonferenzen zu fahren.“
Privates Engagement zu zeigen, ist auch dem 18-jährigen Constantin Kuhn sehr wichtig, der als Mitorganisator die Demonstranten durch das Programm führte. „Noch am Tag meines 18. Geburtstages ging ich zum Ordnungsamt und meldete die Demonstration an.“Es folgten wochenlange Vorbereitungen, die dem Abiturienten einiges abverlangten: „Es war wirklich nötig, dass junge Leute nun endlich mal Gehör bekommen“, rechtfertigt er sein Engagement. „Endlich setzen sich alle Generationen mit dem Problem auseinander.“Dies solle sowohl im internationalen Kontext als auch auf regionaler Ebene geschehen. Der Ingolstädter fordert unter anderem, Fahrradwege und den öfge fentlichen Nahverkehr auszubauen. „Wenn ab 21 Uhr kein Bus mehr nach Hause fährt, aber über Flugtaxis gesprochen wird, läuft etwas falsch“, findet der Gymnasiast. Argumente wie diese fanden sich auch in Liedern und einem Poetry Slam sowie weiteren Reden auf der Bühne am Theaterplatz wieder. Ab 14.30 Uhr setzte sich der Demonstrationszug durch die Innenstadt in Bewegung.
Als Mitorganisator einer solchen Demonstration ist Kuhn mit der Kritik direkt konfrontiert. „Aber das lohnt sich. Ich habe das Gefühl, die Politik gibt unserem Druck langsam nach“, freut er sich. „Viele Familien reduzieren mittlerweile den Fleischkonsum. Es scheint“, fügt er hinzu, „als hätten die älteren Generationen das Problem zunächst nicht mitbekommen, da die Bewegung ihren Anfang vor allem im Internet genommen hat.“Dass die vielen Demonstranten nicht nur auf Provokation aus sind, sondern an die Zukunft denken, verdeutlicht er so: „Sind wir mal ehrlich. Investieren wir jetzt nicht in den Klimaschutz, wird uns das Problem am Ende doch noch viel teurer kommen.“