Kröten unter Tage
Fast 50 Ehrenamtler retten jedes Frühjahr Tausende Kröten davor, überfahren zu werden. Doch Naturschützer hätten eigentlich lieber eine andere Lösung
Fast 50 Ehrenamtler retten jedes Frühjahr Tausende Kröten davor, überfahren zu werden. Doch Naturschützer hätten eigentlich lieber eine andere Lösung.
Nähermittenhausen Wenn die Autos mit teils mehr als 100 Stundenkilometern über sie hinweg rauschen, haben die Kröten keine Chance. Die Warnschilder am Straßenrand helfen ihnen nicht, dazu sind sie aber auch gar nicht da. „Diese dienen eher den Autofahrern als Warnung, dass es rutschig sein könnte“, sagt Günter Krell, der Kreisvorsitzende des Bund Naturschutz. Den Kröten auszuweichen nütze meist nicht einmal etwas. „Auch wenn die Reifen sie nicht erwischen, sterben die Kröten durch den Unterdruck unter dem Auto, wenn eines über sie hinweg fährt“, erklärt Krell. Das Ergebnis: An manchen Tagen während der Krötenwanderung im Frühjahr bildet sich ein wahres Feld von überfahrenen Kröten, glitschige Überreste, die für Autofahrer zur Herausforderung werden können.
Günter Krell ist das ein Anliegen. Aber ihm geht es nicht um den Schutz der Straßen oder der Autos, die darauf fahren. Er will stattdessen die Kröten vor den Autos bewahren. Einsatz gleicht scheinbar dem Versuch, Suppe mit einer Gabel zu essen: Zu viele Weiher gibt es im Landkreis, an die es die Kröten in jedem Frühjahr zieht, um ihre Eier abzulegen, zu viele Straßen, die die Routen der Kröten queren. An rund acht Strecken im Landkreis haben Krell und die anderen fast 50 Helfer Vorrichtungen angebracht, um die Kröten zu schützen: Zäune bis auf Schienbeinhöhe am Straßenrand, dahinter im Boden versenkte Eimer, in die die Kröten fallen sollen, bevor sie die Straße erreichen.
„Wir haben nicht das Personal, um mehr Kröten auf ihren Wanderungen zu schützen“, sagt Krell. Denn die Arbeit der Helfer ist nicht damit getan, Zäune aufzustellen: Täglich müssen sie die Eimer leeren und die Kröten zu ihren Zielweihern bringen, die Kröten zählen und die Eimer wieder aufstellen. Autofahrer könnten ihnen helfen, sagt Krell, indem sie an den kritischen Stellen vorsichtiger fahren und dem Bund Naturschutz die Stellen melden, an denen viele Amphibien überfahren wurden und kein Schutzzaun er- richtet ist. Der Einsatz der Naturschützer – unterstützt von der Wasserwacht – soll zumindest die Kröten an den Stellen schützen, an denen die meisten von ihnen gefährdet sind. Am liebsten wäre es den Helfern, wenn viele Stellen so gesichert wären, wie die am Hagelweiher in Nähermittenhausen.
Dort befindet sich ein Tunnel unter der Straße, der die Kröten von einer Straßenseite zum Weiher auf der anderen führt. Errichtet wurde der Tunnel, als die Straße zuletzt renoviert wurde. Auch Siegfried Geißler, Leiter der Naturschutzbehörde beim Landratsamt, hält solche Anlagen für „die beste und langfristig günstigste Möglichkeit“. Schon in Nähermittenhausen hätten die Naturschützer lange einen Tunnel gefordert, sagt Krell. Er begrüßt, dass die Behörden die Tunnel nun bei Renovierungen und Neubauten von Straßen mitplanen, die in der Nähe von Weihern liegen, die die Kröten bei ihren Wanderungen ansteuern. Dass dies bei bestehenden Straßen zu aufwendig und zu teuer sei und manche Maßnahmen desSein halb länger dauerten, „kann man auch verstehen“, räumt Krell ein.
Immerhin: Rund 8000 Amphibien könnten die Helfer im Landkreis jedes Jahr retten. Wenig tun können sie hingegen, wenn die Kröten den Rückweg antreten: Die Rückwanderungen dauerten monatelang, für die Helfer sei es nicht möglich, die Tiere zu schützen. Viele Kröten würden das nicht überstehen. Insbesondere in dieser Zeit könnten fest installierte Krötenzäune und Tunnelanlagen die Tiere retten – dafür braucht es kaum ehrenamtliche Helfer. Diese sind laut Geißler der größte Kostenpunkt der Krötenwanderungen mit einigen Tausend Euro jährlich, die aus der Kasse des Freistaats gezahlt werden. Zusätzlich benötigt der Bund Naturschutz Material, um die Tiere auf Wanderungen zu schützen. Günter Krell lobt: „Die Straßenbauämter haben zwischenzeitlich erkannt, wer die Verantwortung hat.“Das benötigte Material stellen diese nun zur Verfügung. „Noch mindestens 30 Prozent der Kosten tragen wir selbst“, sagt Ehrenamtler Krell.