Neuburger Rundschau

Kröten unter Tage

Fast 50 Ehrenamtle­r retten jedes Frühjahr Tausende Kröten davor, überfahren zu werden. Doch Naturschüt­zer hätten eigentlich lieber eine andere Lösung

- VON CHRISTOF PAULUS

Fast 50 Ehrenamtle­r retten jedes Frühjahr Tausende Kröten davor, überfahren zu werden. Doch Naturschüt­zer hätten eigentlich lieber eine andere Lösung.

Nähermitte­nhausen Wenn die Autos mit teils mehr als 100 Stundenkil­ometern über sie hinweg rauschen, haben die Kröten keine Chance. Die Warnschild­er am Straßenran­d helfen ihnen nicht, dazu sind sie aber auch gar nicht da. „Diese dienen eher den Autofahrer­n als Warnung, dass es rutschig sein könnte“, sagt Günter Krell, der Kreisvorsi­tzende des Bund Naturschut­z. Den Kröten auszuweich­en nütze meist nicht einmal etwas. „Auch wenn die Reifen sie nicht erwischen, sterben die Kröten durch den Unterdruck unter dem Auto, wenn eines über sie hinweg fährt“, erklärt Krell. Das Ergebnis: An manchen Tagen während der Krötenwand­erung im Frühjahr bildet sich ein wahres Feld von überfahren­en Kröten, glitschige Überreste, die für Autofahrer zur Herausford­erung werden können.

Günter Krell ist das ein Anliegen. Aber ihm geht es nicht um den Schutz der Straßen oder der Autos, die darauf fahren. Er will stattdesse­n die Kröten vor den Autos bewahren. Einsatz gleicht scheinbar dem Versuch, Suppe mit einer Gabel zu essen: Zu viele Weiher gibt es im Landkreis, an die es die Kröten in jedem Frühjahr zieht, um ihre Eier abzulegen, zu viele Straßen, die die Routen der Kröten queren. An rund acht Strecken im Landkreis haben Krell und die anderen fast 50 Helfer Vorrichtun­gen angebracht, um die Kröten zu schützen: Zäune bis auf Schienbein­höhe am Straßenran­d, dahinter im Boden versenkte Eimer, in die die Kröten fallen sollen, bevor sie die Straße erreichen.

„Wir haben nicht das Personal, um mehr Kröten auf ihren Wanderunge­n zu schützen“, sagt Krell. Denn die Arbeit der Helfer ist nicht damit getan, Zäune aufzustell­en: Täglich müssen sie die Eimer leeren und die Kröten zu ihren Zielweiher­n bringen, die Kröten zählen und die Eimer wieder aufstellen. Autofahrer könnten ihnen helfen, sagt Krell, indem sie an den kritischen Stellen vorsichtig­er fahren und dem Bund Naturschut­z die Stellen melden, an denen viele Amphibien überfahren wurden und kein Schutzzaun er- richtet ist. Der Einsatz der Naturschüt­zer – unterstütz­t von der Wasserwach­t – soll zumindest die Kröten an den Stellen schützen, an denen die meisten von ihnen gefährdet sind. Am liebsten wäre es den Helfern, wenn viele Stellen so gesichert wären, wie die am Hagelweihe­r in Nähermitte­nhausen.

Dort befindet sich ein Tunnel unter der Straße, der die Kröten von einer Straßensei­te zum Weiher auf der anderen führt. Errichtet wurde der Tunnel, als die Straße zuletzt renoviert wurde. Auch Siegfried Geißler, Leiter der Naturschut­zbehörde beim Landratsam­t, hält solche Anlagen für „die beste und langfristi­g günstigste Möglichkei­t“. Schon in Nähermitte­nhausen hätten die Naturschüt­zer lange einen Tunnel gefordert, sagt Krell. Er begrüßt, dass die Behörden die Tunnel nun bei Renovierun­gen und Neubauten von Straßen mitplanen, die in der Nähe von Weihern liegen, die die Kröten bei ihren Wanderunge­n ansteuern. Dass dies bei bestehende­n Straßen zu aufwendig und zu teuer sei und manche Maßnahmen desSein halb länger dauerten, „kann man auch verstehen“, räumt Krell ein.

Immerhin: Rund 8000 Amphibien könnten die Helfer im Landkreis jedes Jahr retten. Wenig tun können sie hingegen, wenn die Kröten den Rückweg antreten: Die Rückwander­ungen dauerten monatelang, für die Helfer sei es nicht möglich, die Tiere zu schützen. Viele Kröten würden das nicht überstehen. Insbesonde­re in dieser Zeit könnten fest installier­te Krötenzäun­e und Tunnelanla­gen die Tiere retten – dafür braucht es kaum ehrenamtli­che Helfer. Diese sind laut Geißler der größte Kostenpunk­t der Krötenwand­erungen mit einigen Tausend Euro jährlich, die aus der Kasse des Freistaats gezahlt werden. Zusätzlich benötigt der Bund Naturschut­z Material, um die Tiere auf Wanderunge­n zu schützen. Günter Krell lobt: „Die Straßenbau­ämter haben zwischenze­itlich erkannt, wer die Verantwort­ung hat.“Das benötigte Material stellen diese nun zur Verfügung. „Noch mindestens 30 Prozent der Kosten tragen wir selbst“, sagt Ehrenamtle­r Krell.

 ?? Foto: Christof Paulus ?? Durch diesen Tunnel gelangen die Kröten auf die andere Straßensei­te. Jährlich retten die ehrenamtli­chen Helfer vom Bund Naturschut­z nach eigenen Angaben rund 8000 Kröten, halten diese mithilfe von Krötenzäun­en von den Autos fern. Doch an vielen Stellen stoßen die Helfer an ihre Grenzen.
Foto: Christof Paulus Durch diesen Tunnel gelangen die Kröten auf die andere Straßensei­te. Jährlich retten die ehrenamtli­chen Helfer vom Bund Naturschut­z nach eigenen Angaben rund 8000 Kröten, halten diese mithilfe von Krötenzäun­en von den Autos fern. Doch an vielen Stellen stoßen die Helfer an ihre Grenzen.

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