Neuburger Rundschau

Himmlische­r Glanz und irdische Bosheiten

Die Stepperger Laienbühne entführt ihr Publikum in den Vorhimmel, wo es aber auch recht menschlich zugeht

- VON MICHAEL GEYER

Stepperg „Geld und Macht verderben den Charakter“, fasst Anton Riedl das neue Stück „Im Himmel gibt’s koa Parlament“von Marianne Santl zusammen. Seit 43 oder 44 Jahren, so genau weiß er es selber nicht mehr, ist Riedl ununterbro­chen Spielleite­r, Bühnenbaue­r und lange Zeit war er auch Schauspiel­er der Stepperger Laienspiel­gruppe. Seine erfahrene Truppe ließ bei den Aufführung­en des lebendigen Stücks mit starken Charaktere­n am vergangene­n Wochenende im Stepperger Pfarrstadl ihrer Spiellaune freien Lauf. Roland Kögler, Roland Engel und Thomas Fahrmeier begeistert­en in den Pausen mit ihren musikalisc­hen Zwischenru­fen und Souffleuse Sabine Gerstner war dank der Textsicher­heit der Akteure praktisch arbeitslos. Das Publikum war rundum zufrieden und bedankte sich mit lang anhaltende­m Applaus für einen schönen Theaterabe­nd.

Das dreiteilig­e Lustspiel mit zwei schön gestaltete­n Bühnenbild­ern gewährt tiefe Einblicke in das Familienun­d Seelenlebe­n der Familie Burgstalle­r: So hatte sich der kreuzbrave Bauer Hans Burgstalle­r (Hans Muschler) den Ausgang der Landtagswa­hl nicht vorgestell­t: Er wollte ja gar nicht kandidiere­n, doch seine Frau Jutta (Susanne Klein) hatte ihn dazu gedrängt, also ließ er sich auf Listenplat­z 48 setzen, weil er dort sowieso keine Chance hätte. Doch sein Freund, der immer auf seinen Vorteil bedachte Sägewerksb­esitzer und Bauunterne­hmer Alois Holzwurm (Klaus Sauer), hatte ihn mit einer massiven Plakatakti­on unter dem Motto „Unser Mann für alle Fälle“förmlich in den Landtag gepusht und nun seinen Platz auf dem Bürgermeis­terstuhl eingenomme­n. Mit der Harmonie im Hause Burgstalle­r war es bald vorbei, vor allem als der machthungr­igen Jutta der politische Aufstieg ihres Gatten in den Kopf gestiegen war: Plötzlich war ihr nichts mehr gut genug: Der Hans musste die geliebte Lederhose mit einem Anzug samt Krawatte vertausche­n, für Tochter Lisa (Monika Heinzlmeir) schickte es sich nicht mehr, mit ihrem Bauernburs­chen Andy zu verkehren, stattdesse­n sollte sie sich ein „hohes Viech“ mit einem Haufen Geld angeln und auf eine Eliteschul­e gehen. Selbst die um keine Antwort verlegene, aber doch recht naive Magd Urschl (Monika Klein) wurde mit einem Spitzenhäu­bchen und weißer Schürze aufgehübsc­ht und sollte später durch „a gscheits Dienstmadl“ersetzt werden. Die Situation eskalierte, als Schürzenjä­ger Alois nicht nur der Jutta den Hof machte, sondern auch die Tochter und die Magd bezirzte. Dem Hans wurde alles zu viel, er war dem Stress nicht gewachsen und starb an einem Herzinfark­t. Weil er schon zu Lebzeiten mit seinem Weib viel durchgemac­ht hatte, musste er nur 14 Tage durch einen dunklen Kanal, das Fegefeuer, wandern. Dann stand er schon vor der Tür des Vorhimmels, sehr schön in Szene gesetzt von den Bühnenbaue­rn Thomas Gieß und Anton Riedl. Dort hatte ein jugendlich wirkender Petrus (Michael Schus- ter) mit herrlicher Lockenprac­ht (eine Glanzleist­ung von Isabell Schilling und Natalie Gieß in der Maske) und bayerische­m Dialekt das Sagen. Doch auch im Himmel war nicht alles so friedlich, wie man meinen könnte. Zwei ehemalige Politiker waren dort als nummeriert­e Engel gelandet: Engel Nr. 13, ein ehemaliger „Schwarzer“(Manfred Tanzer) und Engel Nr. 25, eine ehemalige „Rote“(Doreen Rohde) konnten das Politisier­en nicht lassen und gerieten sich immer wieder in die Haare, statt ihre himmlische Trompete beziehungs­weise ihre Leier zu polieren und die Wolken über Bayern nach Preußen zu verschiebe­n. Kein Wunder, dass sich da Petrus mit einem herzhaften Fluch Luft machte und von Gott Vater (die Stimme von Armin Mayer) gerügt wurde. Doch Petrus hatte auch ein Einsehen mit dem Schicksal des Hans und weil der Vorhimmel vor lauter noch nicht für den Himmel reifen Politikern aus allen Nähten platzte, schickte er ihn als Engel auf die Erde zurück, um Jutta zu Reue und Gebet zu bekehren. Das war auch bitter nötig: Denn der Alois zeigte jetzt verstärkte­s Interesse für Lisa und die Jutta schimpfte und grollte, weil Hans keine Lebensvers­icherung abgeschlos­sen hatte. Sie wollte sogar den Hof verkaufen und ihre Tochter dem Alois für ein Häuschen verkaufen. Unsichtbar und doch hörbar für den, dem er eine Botschaft zukommen ließ, wirkte Hans und brachte auch seinen Bruder Heinz (Armin Mayer) wirkungsvo­ll ins Spiel. Warum aber auch noch ein Weihrauchf­ass und Weihwasser gebraucht wurden, soll noch nicht verraten werden, denn schließlic­h sollen die Zuschauer auch noch mit Spannung an den Aufführung­en der kommenden Wochenende­n teilnehmen können.

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Foto: Michael Geyer Petrus (Michael Schuster) hat es nicht einfach mit seinen Politiker-Engeln (Manfred Tanzer) und Doreen Rohde (von links).
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Landtagsab­geordneter Hans Burgstalle­r (Hans Muschler, links) beschwert sich bei seinem Freund Alois Holzwurm (Klaus Sauer), dass er ihm das stressige Politikera­mt eingebrock­t hat.

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