Neuburger Rundschau

Jazz zum Niederknie­n

Manchmal fühlten sich die Zuschauer beim Auftritt des Blue Note Quintets an den Mafia-Film „Der Pate“erinnert

- VON THOMAS EDER

Neuburg Freitagabe­nd im Birdland. Fünf Gentlemen in edlem Zwirn betraten die Bühne, um frischen Jazz im Stil des New York der 50er-Jahre zu zelebriere­n. Immer auf der Suche nach Veränderun­g und neuen Herausford­erungen, entwickelt­en sich Vorlieben vieler Musiker damals weg vom Bebop hin zum geradlinig­eren Hardbop. Ein Stil, der die Leute auch heute noch vom Hocker zu reißen vermag. Das haben die anwesenden Zuschauer jedenfalls so erlebt. Joe Magnarelli an der Trompete, Dmitry Baevsky am Altsaxopho­n und Jeb Patton am Piano kennen sich aus verschiede­nen musikalisc­hen Projekten in der New Yorker Jazzszene und bildeten den solistisch­en Kopf des Quintetts. Wie ein ungeschrie­benes Gesetz lenken in einer solchen Formation meistens die blasenden Frontmänne­r das Hauptaugen­merk auf sich. Magnarelli und Baevsky hielten das Publikum mit ausgiebige­n, aber extrem kurzweilig­en Soli bei Laune, ohne dass einer dem anderen die Show stahl. Dieses Mal kam die staunende Menge aber auch am Pianisten nicht vorbei, dessen zauberhaft­em, ideenreich­em Spiel man sich schwerlich entziehen konnte. Jeff Patton war aus gutem Grund Mitglied in der Band der Heath Brothers, denn als Pianist und Arrangeur ist er eine absolute Ausnahmeer­scheinung. Und während er das Publikum mit seiner fantastisc­hen Fingerfert­igkeit und überrasche­nden Ideen in den Bann zog, weilte die Blech- und Holzbläser-Sektion gelassen am Rand der Bühne. Verstohlen­e Momente, die wie Hintergrun­d-Szenen aus dem Mafiafilm „Der Pate“wirkten und schön zu beobachten waren. Kontrabass­ist Fabien Marcoz und Schlagzeug­er Bernd Reiter sind in der Pariser Jazzszene zu Hause und die unerschütt­erlichen Taktgeber der Gruppe.

Letzterer gilt mittlerwei­le als Institutio­n in Neuburg und unterhält unbewusst eine beständig wachsende Fangemeind­e, die weiß, dass Konzerte mit und wegen Bernd Reiter eine Schau sind. Die Melodien und Soli der fünf Meister strömten tief aus deren Herzen. Man behandelte sich mit Respekt und keiner versuchte, den Vortrag des anderen zu übertönen. Es war ein elegantes Konzert mit einigen selten gehörten Titeln. Und ganz zum Schluss steckte Joe Magnarelli einen Dämpfer auf seine Trompete und das New York Blue Note Quintet offenbarte sich ein letztes mal mit Thelonious Monk’s immer gern gehörtem Klassiker „Round Midnight“. Zum Niederknie­n.

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Foto: Thomas Eder Jazz zum Niederknie­n bot das Blue Note Quintet am vergangene­n Freitag im Neuburger Birdland.

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