Staubsauger und Kaffeemaschine
Stephan Crump, Ingrid Laubrock und Cory Smythe mit Jazz-Avantgarde
Neuburg Wortwörtlich Unerhörtes bot am vergangen Samstagabend im Birdland-Jazzkeller das deutschamerikanische Trio Crump – Laubrock – Smythe: modernste Jazzimprovisation, ohne wahrnehmbaren Bezug zu althergebrachter Musikgrammatik, aber dafür mit hoch spannenden Klangfarben und frischen Einfällen.
Stephan Crump hat am Bass einen verblüffend knackig gezupften Ton, den er mithilfe von paralleler Mouthpercussion im Gesamtklang noch durchdringender zur Geltung bringt; er übernimmt so quasi den nicht besetzten Schlagzeugpart. Auch mit Bogen besticht Crump durch höchste Sauberkeit der Töne und schönes Vibrato. In den oberen Lagen ist klanglich kaum ein Unterschied zu einem Cello auszumachen. Ebenso beeindruckend, dass er seine rhythmisch und melodisch vertrackten Linien noch halblaut mitsingen kann.
Ingrid Laubrock holt alles aus ihrem Tenorsaxofon heraus: Sie erzeugt Staubsauger- und Kaffeemaschinensounds, Wasserkocherpfiffe sowie bis zu einer Minute lang dauernde Töne, indem sie gleichzeitig durch die Nase ein- und durch den Mund ausatmet.
Die quietschenden und schmatzenden Fenster-Putzgeräusche, die Ingrid Laubrock ihrem Instrument mit abgeschraubtem Mundstück entringt, sorgen im Publikum für Schmunzeln. Streckenweise spielt die Musikerin sie sogar zweistimmig. Die wahnwitzigen Tongirlanden ohne erkennbare tonale Heimat, die sie zwischendurch einstreut, wirken da im Vergleich fast zahm und gewohnt.
Pianist Cory Smythe spielt fast durchgehend mit einer Hand im Bösendorfer-Flügel. Mit den Fingern, Plastikklöppeln und anderen Utensilien drückt er auf die Saiten, manipuliert Tonhöhe und Klangfarbe und lässt so die per Tastatur angeschlagenen Töne regelrecht zerlaufen. Dieser morbide wabernde Klang ist bestimmend für den Gesamtsound des Trios.
Was Crump, Laubrock und Smythe zusammen kreieren, erfordert viel Aufmerksamkeit vom Zuhörer. In Noten aufschreiben lässt es sich schon gleich gar nicht. Die Musik ist oft herb und grell, wirkt dabei aber nie hässlich oder beliebig. Viel Applaus für drei beseelt improvisierende Musiker.