Wer weiß heute noch was selber?
Wissenslücke Ein ganzer Tag ohne Wikipedia und andere Leerstellen
Wer wissen will, wie es war, als wir noch alles selber wissen mussten, war am Donnerstag bei Wikipedia ganz gut aufgehoben. 24 Stunden lang ging im allwissenden Internetlexikon gar nichts mehr. Das ganze Wissen der Welt – einfach abgeschaltet. Und all die cleveren „Ich muss nicht alles wissen, ich muss nur wissen, wo es steht“-Besserwisser standen auf einen Klick ziemlich blank da. Angeblich haben die Leute in solchen Fällen ja früher in so dicken Büchern nachgeschaut. Dieser Brockhaus soll ein ganz schlauer Typ gewesen sein, der Duden auch.
Es muss ohnehin eine wunderliche Zeit gewesen sein. Autofahrer, die sich verirrten, schalteten nicht einfach das Navi ein, sondern fragten wildfremde Leute nach dem Weg. Oder sie beugten sich an Autobahnraststätten über riesige, analoge, auseinandergefaltete Papiere, die bei der Orientierung helfen sollten. Wer eine Panne hatte, tippte nicht die Nummer vom ADAC ins Smartphone, sondern ging zu Fuß zur nächsten Telefonzelle, um Hilfe zu rufen. Das sollen so kleine gelbe Häuschen am Straßenrand gewesen sein, in denen man nur stehen konnte und dann ganz ohne Flatrate für jeden Anruf extra bezahlen musste – mit Bargeld! Aber wer weiß das heute noch so genau? Bei Wikipedia stünde – wenn man denn nachschauen könnte – unter dem Stichwort Telefonzelle: „Kleines Bauwerk, das mit einem Telefonapparat ausgestattet wurde“. Klingt komisch, war aber so. Die vorübergehende Wissenslücke von Wikipedia endet übrigens nach 24 Stunden. Sie war ein Protest gegen die geplante EU-Urheberrechtsreform, um die es auch in der Politik geht.