Was bringt das neue Familiengesetz?
Hintergrund Ernste Maßnahmen mit merkwürdigem Namen: Der Bundestag beschließt das „Starke-Familien-Gesetz“. Es soll armen Familien mit Kindern und Alleinerziehenden helfen
Berlin Über den Namen des Gesetzes kann man sich lustig machen, über den Inhalt nicht. Das „StarkeFamilien-Gesetz“ist jetzt im Bundestag verabschiedet worden, der Titel ist für ein Gesetz eher unsachlich und ein wenig überschwänglich. Das Ziel ist ernst: Familien mit kleinen Einkommen sollen gestärkt werden und ihre Kinder faire Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe bekommen. Hier ein Überblick über den Hintergrund des Gesetzes und die wichtigsten Neuerungen:
Was soll das Gesetz bewirken?
Die Bundesregierung will mit dem Gesetz dafür sorgen, dass ärmere Eltern und ihre Kinder nicht vom Gesellschaftsleben abgehängt werden. Dabei geht es nicht nur um die finanzielle Grundausstattung für Essen, Kleidung und Wohnen, sondern auch darum, dass Sohn oder Tochter auch mal mit den Klassenkameraden ins Theater oder ins Kino gehen können. In Deutschland gibt es zwar unterschiedliche Definitionen, wer als arm gilt, aber die Zielgruppe ist definitiv groß. Durchgesetzt hat sich, dass die Menschen als arm gelten, die dauerhaft weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen mittleren Nettoeinkommens zur Verfügung haben. Bezogen auf einen Haushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren wäre das Jahreseinkommen rund 27 000 Euro. Demnach gelten laut Statistischem Bundesamt rund 15,5 Millionen Menschen als von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht und damit 19 Prozent der Bevölkerung.
Was ist der Kinderzuschlag?
Der Kinderzuschlag soll Eltern unterstützen, die erwerbstätig sind, aber trotzdem finanziell kaum über die Runden kommen. Die schwarzrote Bundesregierung will mit dem Zuschlag dafür sorgen, dass diese Eltern nicht auf den Bezug von Arbeitslosengeld II beziehungsweise Hartz IV angewiesen sind, nur weil sie Kinder großziehen. Für sie wird der Kinderzuschlag in zwei Schritten neu gestaltet: Zum 1. Juli wird er von jetzt maximal 170 Euro auf 185 Euro pro Monat und Kind erhöht. Bei Alleinerziehenden werden Unterhaltszahlungen für das Kind bis zu einer Höhe von 100 Euro künftig nur noch mit 45 Prozent statt wie bisher in voller Höhe angerechnet. Was darüber hinausgeht, wird allerdings weiterhin zu 100 Prozent verrechnet. Der Zuschlag wird für sechs Monate gewährt und rückwirkend nicht mehr überprüft. Der Staat verspricht zudem eine „deutliche Entbürokratisierung“unter anderem dadurch, dass Anträge online gestellt werden können. Familien haben auch dann Anspruch auf den Kinderzuschlag, wenn die Eltern zwar kein Arbeitslosengeld II beziehen, sie aber – Arbeitseinkommen, Kinderzuschlag und gegebenenfalls Wohngeld zusammengerechnet – höchstens 100 Euro von der Grenze entfernt sind, ab der sie Anspruch auf Hartz IV hätten. Dieser „erweiterte Zugang“zum Kinderzuschlag für Familien in verdeckter Armut soll allerdings zunächst auf drei Jahre befristet werden.
Noch so ein komisches Wort im Zusammenhang mit diesem Gesetz ist die sogenannte „Abbruchkante“. Was ist damit gemeint?
Mit Abbruchkante ist die Grenze gemeint, ab der der Kinderzuschlag schlagartig entfällt. Sie wird abgeschafft, indem die oberen Einkommensgrenzen aufgehoben werden. Zusätzliches Einkommen der Eltern, beispielsweise durch Überstunden, mindert den Kinderzuschlag nur noch zu 45 statt zu 50 Prozent.
Welche Verbesserungen gibt es für Schulkinder einkommensschwacher Familien?
Ein weiterer Begriff im Gesetz ist das „Schulstarter-Paket“: Es soll die Schüler einkommensschwacher Familien entlasten. Ab August stehen deshalb 150 Euro statt bisher 100 Euro für Ranzen, Heft, Stifte und andere Schulmaterialien zur Verfügung. Eigenanteile für das gemeinsame Mittagessen in Kitas und Schulen sowie für die Schülerbeförderung entfallen. Schülerinnen und Schüler können auch dann Nachhilfe bekommen, wenn ihre Versetzung nicht unmittelbar gefährdet ist.
Ist alles gut an dem Gesetz?
FDP, Linke und Grüne meldeten im Bundestag Kritik am Gesetz an, konnten sich mit ihren entsprechenden Anträgen aber nicht durchsetzen. Die Liberalen hätten sich großzügigere Regelungen im Sinne der Kinder vorstellen können. Die Linke trat für eine Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze und des Existenzminimums und damit im Grundsatz für komplette neue Regeln ein. Die Grünen konnten sich unter anderem höhere Regelsätze für Kinder in der Grundsicherung vorstellen.