Neuburger Rundschau

Busfahrer plante Blutbad an Kindern

Italien 47-Jähriger mit senegalesi­schen Wurzeln kidnappt bei Mailand 51 Schüler und will sie töten. Sein Motiv: Rache für Flüchtling­e, die im Mittelmeer ertrinken

- VON JULIUS MÜLLER-MEININGEN

Mailand Es sollte ein Blutbad werden, um ein anderes Massenster­ben zu rächen. Das war offenbar das Motiv eines 47-jährigen Busfahrers, der bei Mailand 51 Schüler umbringen wollte. „Es muss Schluss sein mit den Afrikanern, die im Mittelmeer ertrinken“, habe Ousseynou S. bei seiner Vernehmung am Mittwochab­end gesagt. Auf der Fahrt von Crema nach Mailand hatte der Busfahrer das von ihm gesteuerte Fahrzeug entführt, Benzin im Inneren vergossen und die 51 Schulkinde­r und drei Betreuer bedroht. Schließlic­h konnte die italienisc­he Polizei den in Flammen aufgehende­n Bus stoppen, alle Kinder befreien und den Täter festnehmen.

Die Ermittler schlossen in einer ersten Reaktion einen islamistis­chen Hintergrun­d aus. S. habe als Einzeltäte­r gehandelt, seine Tat aber gut vorbereite­t. Noch am Donnerstag waren die Ermittler auf der Suche nach einem vom Täter aufgenomme­nen Video, in dem er seine Tat ankündigt. In einem Internetei­ntrag eines der gekidnappt­en Schüler heißt es, der Busfahrer habe während der Fahrt davon gesprochen, er habe „drei Kinder im Meer verloren“.

Offenbar beschwerte sich Ousseynou S. auch über die rigide Flüchtling­spolitik der italienisc­hen Regierung, die kaum noch Flüchtling­e ins Land lässt. Er wolle die Flüchtling­e rächen: „Die Toten im Mittelmeer, die schwangere­n Frauen, die Männer, die Kinder, die von Haifischen bei lebendigem Leib gefressen werden. Schluss mit diesem Massaker“, so zitieren italienisc­he Zeitungen den Täter.

S. wurde in Frankreich als Sohn senegalesi­scher Eltern geboren und hat seit 2002 die italienisc­he Staatsbürg­erschaft. Seit 2004 arbeitete er als Busfahrer. 2007 musste er zeitweise seinen Führersche­in wegen Trunkenhei­t am Steuer abgeben. 2011 verurteilt­e ihn ein italienisc­hes Gericht zu einer einjährige­n Haftstrafe auf Bewährung wegen sexueller Belästigun­g.

Der italienisc­he Innenminis­ter Matteo Salvini von der ultrarecht­en Lega Nord kündigte an, dem Täter die italienisc­he Staatsbürg­erschaft entziehen zu wollen. „Dieser Widerling muss bezahlen“, schrieb Salvini auf Twitter.

Auch der Sohn von US-Präsident Donald Trump, Donald Trump Jr., nahm am Donnerstag Bezug auf den Vorfall bei Mailand. Er wundere sich nicht, dass der Anschlag kaum Beachtung in den Medien finde. Es passe einfach nicht in das Bild vieler Medien, „dass jeder, der zu uns kommt wie Mutter Teresa und jeder, der Sicherheit will, Rassist ist“, schrieb Trump Jr. auf Twitter. „Ich kann nicht verstehen, warum ein Land nicht mehr feine Kerle wie diesen haben möchte!?!“, fügte Donald Trump Jr. sarkastisc­h hinzu.

S. hatte mit seinem Bus am Mittwochmi­ttag zwei Schulklass­en mit 12- und 13-Jährigen vom Sportunter­richt abgeholt. Während der Fahrt Richtung Mailand stoppte er das Fahrzeug, vergoss Benzin im Inneren und forderte die drei Lehrer auf, die Kinder mit Plastikbän­dern an den Sitzen zu fesseln. „Macht sie fest. Hier kommt niemand lebend raus“, soll S. nach Augenzeuge­nberichten während der 40-minütigen Geiselnahm­e gesagt haben. Seine Geiseln bedrohte er mit einem Messer, er habe ein Feuerzeug in der Hand gehalten. Zeugen berichtete­n, S. habe auch eine Pistole bei sich gehabt.

Zwei Schülern gelang es dennoch, per Handy Notrufe abzusetzen. Infolgedes­sen versuchte die Polizei, den Bus zu stoppen. Schließlic­h gelang es den Beamten, die Heckschei- be einzuschla­gen, sämtliche Passagiere konnten entkommen. Der Bus, den S. in Brand setzte, als noch Kinder an Bord waren, brannte komplett aus. Zwölf Schüler, zwei Erwachsene, ein Carabinier­e sowie der Täter wurden wegen Rauchvergi­ftungen oder Verbrennun­gen behandelt.

„Es hätte ein Blutbad werden können, aber es geschah ein Wunder“, sagte der Mailänder Oberstaats­anwalt Francesco Greco.

Davide Lacchini, der Anwalt des Beschuldig­ten, behauptete, sein Mandant habe die Kinder nicht verletzen wollen. „Er wollte eine aufsehener­regende Tat begehen, weil er denkt, das das Migrations­thema unterschät­zt ist und weil er als Senegalese mitfühlt“, teilte der Jurist mit. Die Toten im Meer seien seine Brüder.

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Foto: Daniele Bennati, dpa Der 47-jährige Busfahrer hatte in dem Schulbus Benzin verschütte­t und später angezündet, um Schulkinde­r zu töten. Der Bus brannte völlig aus.

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