Neuburger Rundschau

Auf einmal Kapitän

Nationalma­nnschaft Vergangene­s Jahr noch ausgepfiff­en, nun Spielführe­r. Für Ilkay Gündogan ist das eine „kuriose Wende“. Gewöhnen sollte er sich an die Binde am Arm aber nicht

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Wolfsburg Die Antwort fiel überrasche­nd aus. Als sich Marc-Andre ter Stegen in der Halbzeitpa­use intensiv aufwärmte, war klar, dass er Manuel Neuer im Tor ersetzen wird. Weniger klar war aber, wer vom deutschen Kapitän die Spielführe­rbinde übernehmen würde. Joshua Kimmich? Der als Anführer der großen jungen Fraktion im Team gilt. Marco Reus? Der Dortmunder führt auch seine Vereinsman­nschaft auf das Feld. Joachim Löw aber entschied sich für Ilkay Gündogan. Der Trainer habe sich in der Kabine umgeblickt und dann dem 28-Jährigen beschieden, die Binde zu nehmen, weil er „der Erfahrenst­e ist“.

Das stimmt so nicht ganz, schließlic­h haben Reus und Kimmich mehr Länderspie­le absolviert. Reus debütierte im Jahr 2011 sogar kurz vor Gündogan in der deutschen Elf. Gestört hat sich freilich keiner der Spieler an der Entscheidu­ng Löws. Überrasche­nder war die Reaktion des Publikums. Das hatte vergangene­s Jahr Gündogan ausgepfiff­en, nachdem er dem türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan ein Trikot überreicht hatte und sich mit ihm fotografie­ren ließ. Die Debatte, wie sich Gündogan und der ebenfalls beteiligte Mesut Özil hätten verhalten sollen, bestimmte die WM-Vorbereitu­ng und beschäftig­te das Team auch noch während der Weltmeiste­rschaft. Diesmal aber blieben die Zuschauer ruhig.

Gündogan selbst empfand es als „kuriose Wende“, der deutschen Mannschaft als Spielführe­r vorzustehe­n. Er wird sich nicht daran gewöhnen. Neuer ist noch immer ge- setzt und künftig wird der Mittelfeld­spieler von Manchester City wohl wieder von Toni Kroos ersetzt werden. Gündogan nämlich machte auch gegen Serbien nur bedingt Werbung in eigener Sache. Der Auftritt reihte sich ein in seine bisherigen Leistungen in der Nationalma­nnschaft. Selten schlecht, aber auch kaum einmal der Klasse entspreche­nd, die er aufgrund seiner technische­n und strategisc­hen Fähigkeite­n besitzt.

Gegen Serbien ließ er einer mauen ersten Halbzeit eine bessere zweite folgen. Allerdings verpasste er es, nach einem Solo den Ball zum Ausgleich im beinahe leeren Tor unterzubri­ngen. Das passte zu seiner Länderspie­llaufbahn: Über gute Ansätze geht es nur selten hinaus.

Tilmann Mehl

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Foto: Witters Ilkay Gündogan trug erstmals die deutsche Kapitänsbi­nde.

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