Neuburg an Pfingsten 1999: Eine Stadt, zwei Tage und zwei Nächte lan Hen Hoffen und Bangen
Zwei Tage und zwei Nächte lang lag Neuburg an Pfingsten 1999 zwischen Hoffen und Bangen. Verbissen haben sich freiwillige Helfer, Anwohner und Rettungsdienste gegen die Fluten der Donau gestemmt. Vergebens. Letztlich war es eine gewisse Ironie des Schicksals, dass die Wassermassen Sonntagnacht durch ein Rohr, das zum neuen Rückhaltebecken am Donaukai führte, den Weg in die Stadtmitte faden. Erst am Pfingstmontagnachmittag konnten sie gestoppt werden. Hier die damalige Schilderung eines denkwürdigen Pfingstwochenendes von NR-Redakteur Christoph Frey in der Neuburger Rundschau:
● Samstag, 22. Mai 1999: Es ist Samstagabend, der Pegel des Flusses steht bei 5,92 Meter und der Platzwart des TC am Brandl hat gar kein gutes Gefühl: „Das Wasser ist schon höher als vor einer Woche“, sagt er und deutet dorthin, wo die Fluten allmählich Sportanlagen und Freibad schlucken. Das Wasser steigt zu diesem Zeitpunkt um mehr als zehn Zentimeter in der Stunde und das wird die ganze lange Nacht über so bleiben.
● Samstag, Mitternacht: Das Wasser hat die Stadtwerke am Brandl erreicht und die tiefer gelegenen Höfe, Teile der Abwasser- und Stromversorgung für den Neuburger Westen müssen abgeschaltet werden. Am Donaukai, der immer mehr in den Mittelpunkt des Interesses rückt, entsteht Bewegung. Am Fuße der Brücke und vor dem Hertlein beginnt die Barriere gegen die Flut aufzuweichen. Zunächst nur eine Handvoll Feuerwehrwehrleute schüttet einen Damm auf, setzt Sandsäcke gegen die Flut. Der Bauunternehmer und Stadtrat Hans Mayr holt per Handy immer mehr Lastwagen und Hilfskräfte herbei. Die Grenze von sechs Metern, ab der Hochwasseralarm geschlagen wird, ist längst überschritten. Um vier Uhr morgens meldet der Pegel Neuburg bereits 6,65 Meter und die Bewohner des Mühlenweges stehen auf dem Damm, zu ihren Füßen rauscht das Wasser. „Warum kommt die Feuerwehr nicht?“, fragt eine Frau vorwurfsvoll. Die Floriansjünger am Reiterhof haben zu diesem Zeitpunkt schon Kummer genug, der Damm dort zeigt erste Auflösungserscheinungen. Um 6.45 Uhr erklärt das Landratsamt am Sonntag den Katastrophenfall.
● Pfingstsonntag, 23. Mai, 10 Uhr: Wasserstand: 708 Zentimeter. Die große Show am Donaukai rollt langsam an: Für einige Stunden scheint sich
der Kampf mit wasser auf diese paar hunder konzentrie ren, während adas Wasser weiter unerbittl die Insel immer mehr „am Nordufer die Dämme weiche Immer mehr Lastwagenierraupen, Feuerwehr, Ro THW, Bunürmen deswehr und Fumen einen Damm, der diehalten soll. Immer höher, iter, dem Was ser oft nur noc voraus, stundenlang. Die Helfer – arden es rund 3200 Mensche n Hilfsorga nisationen sein 42.000 Stunn den lang im Ein– leisten Unermessliches rnehmer stel len Geräte undial, alte Frauen schneide, um die Sandsäcke zuz ie zu tau senden benötig der bedroh ten Innenstadthon seit dem Vormittagter und Ein gänge notdürft kadiert Kurz vor 14 Uhn Aufruf, sich freiwillig als Heden. „Zehn Minuten späteron die ersten da“, heißt es bKreuz. Teil weise werden Ler nach Hause geschickt, sie ser wieder kommen, um aulösen. Und der Baumarkt, n kostenlos
zur Verfügung stellt, hat bald keine mehr.
● Pfingstsonntag, 16.45 Uhr: Die Donau erreicht mit 7,35 Metern ihren historischen Höchststand und die Dämme halten immer noch. Die Polizei hat derweil andere Probleme: Zu tausenden säumen Schaulustige die Straßen, auf der Brücke stehen sie in mehreren Reihen und behindern die Rettungsfahrzeuge. Sogar einen Würstchenstand gibt es schon. Nur langsam können die Beamten die Brücke räumen und für den Durchgangsverkehr sperren.
● Gegen 18 Uhr: Es scheint das Schlimmste überstanden, nun konzentrieren sich die Arbeiten auf die nachgebenden Dämme am Nordufer. Am Mühlenweg sind Bewohner sauer: Viel zu spät sei ihnen geholfen worden, klagen sie. Dort steht das Wasser überall in den Kellern. Doch das Schlimmste kommt noch.
● Pfingstsonntag, 20.30 Uhr: Der Krisenstab tagt, der Donaupegel sinkt langsam, aber stetig. Mitten in die Runde platzt die Nachricht: Am Hertlein bricht der Damm. In Wirklichkeit hat der Fluss die Sperrholzplatte durchbrochen, die das Verbindungsrohr zum neuen Rückhaltebecken am Donaukai verschließen sollte. Wie von der Pistole
geschossen schießt das Wasser über das Becken in die Kanalisation, blitzartig läuft die Innenstadt voll, Wohnhäuser und Geschäfte werden überschwemmt. Die Bewohner versuchen zu retten, was oft nicht mehr zu retten ist, todmüde Helfer, die schon auf dem Nachhauseweg waren, werden wieder zum Einsatz gerufen. ● Pfingstmontag, 24. Mai, 10 Uhr:
Noch immer sprudelt das Wasser aus den Kanaldeckeln so rasch in die Stadt zurück, wie es herausgepumpt wird. 600 Liter in der Stunde pumpt die Feuerwehr seit der Nacht aus dem Keller in der Bäckerei von Anton Göbel: „Seitdem ist es um keinen Zentimeter zurückgegangen.“Aus ganz Süddeutschland werden Pumpen in Neuburg zusammengezogen, doch so lange das Leck in der Kanalisation nicht wieder geschlossen ist, bringt das wenig.
● Pfingstmontag, 15.30 Uhr: Nach mehreren Fehlschlägen gelingt endlich die Abdichtung. Vier gigantische Sandsäcke (Big Bag) werden per Kran in die Donau gehievt und verschließen das Loch. Während die Pumpen weiter auf Hochtouren laufen, wird bereits diskutiert, wer Schuld hat an dem Leck, das das historische Hochwasser auch zu einem der verheerendsten gemacht hat.