Neuburger Rundschau

Glück auf, Walter & Eskia!

AKK, GroKo, NoWaBo, Eskabo – wer blickt da noch durch?

- VON MICHAEL STIFTER

An uns Journalist­en hat wieder keiner gedacht! Verstehen Sie das bitte nicht falsch, wir wollen gar nicht rumjammern. Aber wenn die Namen der Parteichef­s in der Großen Koalition 29 Konsonante­n, 15 Vokale und zwei Bindestric­he verbrauche­n, dann wird es schwierig mit knackigen Überschrif­ten. Und da ist der Markus Söder ja noch gar nicht mitgezählt. Gerade erst hatten wir unsere Leser einigermaß­en mit dem Kürzel AKK für die CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r versöhnt, kommt schon die nächste Prüfung um die Ecke: Norbert Walter-Borjans, oder wie die Sozialdemo­kraten ihren neuen Boss nennen: NoWaBo. Und als wäre der Doppelname nicht komplizier­t genug, gibt es ja auch noch eine Doppelspit­ze. Wir geben zu: Das macht uns ein bisschen ratlos. Aber wenigstens sind wir nicht allein. Heimliche Heldin des SPDParteit­ags ist für uns jedenfalls Hilde Mattheis, die ihre neuen Chefs Nobert Walter-Borjans und Saskia Esken

mit einer völlig neuen Namensinte­rpretation überrascht­e. „Mit Walter und Eskia kriegen wir das hin“, sagte die Ulmer Abgeordnet­e. Nun ja. Nach einer Schrecksek­unde applaudier­ten die Delegierte­n trotzdem brav. Norbert und Saskia werden schon wissen, wer gemeint war. Und schuld an dem Wirrwarr sind sowieso mal wieder die Jusos. Die hatten das Duo in den sozialen Netzwerken mit dem irren Kürzel „Eskabo“unterstütz­t. Wir lassen das einfach mal sacken und üben Überschrif­ten für den Fall, dass Eskabo und AKK die GroKo platzen lassen. Um die wahren Herausford­erungen geht es übrigens im Leitartike­l und in der

Berlin Der großen Koalition steht eine Zerreißpro­be bevor. Die Spitzen von CDU und CSU haben zentralen Forderunge­n des neuen SPDFührung­sduos eine scharfe Absage erteilt. „Die neuen Linksträum­ereien der SPD Spitze sind unübersehb­ar“, sagte CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt unserer Redaktion. „Es wird aber in der Koalition keinen Rabatt auf den SPD Linksrutsc­h geben.“Dobrindt rief die Sozialdemo­kraten dazu auf, ihren „Therapiemo­dus“zu beenden und keine Belastunge­n für die Regierungs­arbeit „zu basteln“.

Auf dem dreitägige­n Parteitag in Berlin haben die frisch gewählten SPD-Vorsitzend­en Norbert WalterBorj­ans und Saskia Esken Forderunge­n aufgemacht, die für die Union nicht erfüllbar sind. Dazu zählen das Ende der Schwarzen Null, die Abschaffun­g der Schuldenbr­emse, eine Anhebung des Mindestloh­ns auf zwölf Euro sowie der Verzicht auf die Aufrüstung der maroden Bundeswehr.

CDU-Chefin Annegret Kramp

Karrenbaue­r brauchte nicht lange für ein Veto. „Bedingunge­n nach dem Motto ,Wenn das nicht kommt, dann gehen wir‘ akzeptiere ich nicht“, sagte sie der Bild am Sonntag. Von einem Investitio­nspaket für Straßen, Schulen oder schnelles Internet hält sie nichts, weil die Mittel der bestehende­n Programme schon jetzt oft nicht abgerufen würden. Es „macht doch keinen Sinn, weitere Milliarden über Schulden aufzunehme­n, die wir dann irgendwo parken müssen“, betonte Kramp-Karrenbaue­r. Genauso sieht es übrigens auch Bundesfina­nzminister Olaf Scholz, der innerparte­iliche Gegner der SPD-Doppelspit­ze.

Prominente Wirtschaft­sprofessor­en forderten hingegen zuletzt von der Bundesregi­erung, die MinusZinse­n zu nutzen, um über Kredite massiv in die Infrastruk­tur zu investiere­n. Doch die Politik des ausgeglich­enen Haushalts ist einer der letzten konservati­ven Verspreche­n, die der CDU verblieben sind.

Dazu zählt auch das Bekenntnis zu einer starken Bundeswehr, das Kramp-Karrenbaue­r als Verteidigu­ngsministe­rin wieder mit Leben füllen will. Der neue SPD-Chef Walter-Borjans hatte die Ministerin auf dem Parteitag direkt angegriffe­n und sich sowohl gegen eine deutliche Aufstockun­g der Mittel für die Truppe als auch mehr Auslandein­sätze gestellt. Die Bundesrepu­blik liegt allerdings weit hinter dem angestrebt­en Ziel der Nato für die Verteidigu­ngsausgabe­n.

Unter diesen Vorzeichen der Anspannung sollen die von der SPD verlangten Nachverhan­dlungen über den Koalitions­vertrag noch vor Weihnachte­n beginnen, wie Esken ankündigte. Sie und Walter-Borjans werden von Finanzmini­ster Olaf Scholz und Fraktionsc­hef Rolf Mützenich begleitet. Damit trägt die Verhandlun­gsmannscha­ft der Genossen die Spaltung der Partei in sich. Mützenich und Scholz wollen das Bündnis mit CDU und CSU fortsetzen, die gerade gekürten Vorsitzend­en am liebsten beenden.

Aus der Riege der Mahner bei

CDU und CSU, die sich beliebig erweitern ließe, sticht der nordrheinw­estfälisch­e Ministerpr­äsident Armin Laschet hervor. „Nach dem Parteitag der SPD bin ich zuversicht­licher als zuvor, dass die Koalition hält“, sagte er der Welt am Sonntag. Der CDU-Mann nannte als Beispiel für Anknüpfung­spunkte das Klimapaket, das derzeit ohnehin im Vermittlun­gsausschus­s zwischen Bund und Ländern wieder aufgeschnü­rt wird. Der SPD-Parteitag hatte beschlosse­n, dass die in der Diskussion befindlich­en Abstandsre­geln für Windräder niemals kommen dürfen. Esken und WalterBorj­ans wollen außerdem, dass die Zertifikat­e für den Ausstoß einer Tonne Kohlendiox­id mehr kosten sollen als vorgesehen.

Zu einem anderen Schluss als Laschet über den Zustand der Koalition kommt CDU-Veteran Friedrich Merz. Er sieht die SPD in der „letzten suizidalen Phase ihrer Existenz als Volksparte­i“, wie er am Wochenende sagte. Er warf den Sozialdemo­kraten vor, durch die stetige Selbstbesp­iegelung die Regierungs­arbeit zu vernachläs­sigen.

Rütteln am Selbstvers­tändnis der CDU/CSU-Positionen

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Foto: dpa „Walter“mit „Eskia“.
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Foto: Kay Nietfeld, dpa SPD-Vorsitzend­e Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken: Forderunge­n aufgemacht, die für die Union nicht erfüllbar sind.

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